Barrichello: Respekt, keine Ehrfurcht vor Schumacher
Rubens Barrichello glaubt nicht, dass Michael Schumacher ein besserer Rennfahrer als er selbst ist, hat sich vom Deutschen aber einiges abgeschaut
(Motorsport-Total.com) - Sechs Jahre lang - zwischen 2000 und 2005 - fuhr Rubens Barrichello an der Seite von Michael Schumacher bei Ferrari. Während dieser Zeit gewann er immerhin neun Grands Prix, landete insgesamt dreimal auf dem WM-Podium, wurde zweimal (2002 und 2004) sogar Vizeweltmeister. Der ganz große Durchbruch gelang ihm aber nie.

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Rubens Barrichello (rechts) und Michael Schumacher waren lange Teamkollegen
Insgeheim dürfte der Brasilianer wohl darauf gehofft haben, Schumacher Ende 2004 zu beerben, doch als der siebenfache Weltmeister seinen Vertrag bis Ende 2006 verlängerte und erste Überlegungen anstellte, eventuell sogar darüber hinaus in Maranello zu bleiben, sah Barrichello den richtigen Zeitpunkt gekommen, um aus seinem eigenen Ferrari-Vertrag vorzeitig auszusteigen, um mit einem neuen Arbeitgeber einen zweiten Frühling zu erleben.#w1#
Barrichello hält sich für genauso gut wie Schumacher
Dieser fiel bisher zwar bitterkalt aus, doch "Rubinho", wie er von seinen Fans genannt wird, zweifelt deshalb keineswegs an seinem Talent. Auch seinen Weggang von Ferrari will er nicht als Niederlage verstanden wissen: "Ganz ehrlich: Wäre ich je an den Punkt gekommen, dass ich sagen müsste, Michael sei besser als ich, dann wäre ich sofort nach Hause gegangen. Das ist mir aber nie in den Sinn gekommen", erklärte er in einem Interview mit 'F1Total.com', welches morgen in voller Länge veröffentlicht wird.
Er empfinde Respekt vor den Leistungen seines langjährigen Teamkollegen, aber keine Ehrfurcht. Dennoch gab es in all den Jahren einiges, was er sich von Schumacher abschauen konnte: "Vor allem seinen Siegeswillen", so der 33-Jährige. "Die Art und Weise, wie er das Auto fährt, ist eigentlich nicht außergewöhnlich. Wir hatten unterschiedliche Fahrstile, aber das ist ja bei allen Fahrern so. Man wird immer besser, wenn man andere beobachtet und daraus lernen kann, aber Michael ist einfach unglaublich ehrgeizig."
"Er arbeitet sehr eng mit dem Team zusammen", sprach er diplomatisch die interne Sonderstellung Schumachers und dessen Freundschaften zu den Ferrari-Granden Jean Todt und Ross Brawn an, "aber das liegt nicht nur an ihm, das ist von Team zu Team unterschiedlich. Was an Michael so außergewöhnlich ist, ist seine Herangehensweise und die Bemühungen, die er in die Formel 1 investiert. Davon habe ich mir schon einiges abgeschaut."
Barrichellos Gespür für Autos ist einzigartig
Gleichzeitig ist Barrichello überzeugt davon, inzwischen selbst für jedes Team eine Bereicherung zu sein, schließlich gilt er als einer der wenigen Piloten mit einem extrem ausgeprägten Gespür für das Auto. So sammelt er in seinem Haus in São Paulo Teile von Formel-1-Motoren - Wetteinsätze, als ihm seine Ingenieure nicht abnehmen wollten, dass Motoren bald kaputt gehen würden, weil sich die Defekte in der Telemetrie noch nicht abzeichneten, obwohl sie der heutige Honda-Pilot längst spürte.
"Ich bin sehr aufrichtig und kann das Auto und sein Fahrverhalten sehr gut beschreiben. Das sagen mir zumindest die Ingenieure. Manchmal komme ich nach einer Installationsrunde zurück und sage, dass sich dieses und jenes Problem anbahnt. Dann müssen sie manchmal sogar den Motor aufmachen - und meistens habe ich wirklich Recht! Darauf bin ich stolz", gab der Siebente von Melbourne zu Protokoll.
Daher sei es auch nur eine Frage der Zeit, bis auch in der Post-Ferrari-Ära Resultate kommen werden - von einem Grand-Prix-Sieg noch in diesem Jahr geht er sogar fest aus: "Ich fühle mich bei Honda sehr wohl. Was uns momentan noch fehlt, ist ein gutes Resultat, um alle richtig zu motivieren. Ich bin mir sicher, dass Honda dieses Jahr mindestens ein Rennen gewinnen wird", kündigte Barrichello selbstbewusst an.

