Barrichello ist auf dem besten Weg zurück
Nach einem verkorksten Saisonauftakt kommt Rubens Barrichello, der sich für den besten Rennfahrer der Formel 1 hält, langsam immer besser in Fahrt
(Motorsport-Total.com) - Mit seinem starken vierten Startplatz in Indianapolis hat Rubens Barrichello im zehnten Rennen endlich mit Jenson Button gleichgezogen, was das teaminterne Qualifikationsduell angeht - doch aus Sicht des Brasilianers soll das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein: Weil er sich für den besten Fahrer im Feld hält, möchte er möglichst bald Weltmeister werden.

© xpb.cc
Rubens Barrichello möchte möglichst bald seinen zehnten Grand Prix gewinnen
Dass es seit einigen Rennen wie am Schnürchen für ihn läuft, ist auf einige Änderungen am Honda RA106 zurückzuführen: Anfangs kam er mit der Traktionskontrolle und mit den Bremsen überhaupt nicht zurecht, doch die Traktionskontrolle wurde inzwischen dank seines technischen Inputs verbessert und bei den Bremsen setzt er mittlerweile auf ein komplett anderes System und Setup als Button - und siehe da, seit dem Grand Prix von Spanien ist er bei Honda der stärkere Fahrer.#w1#
Stewart kennt Barrichello aus gemeinsamen Zeiten gut
"Jackie Stewart", erklärte Teamchef Nick Fry dem britischen Fachmagazin 'F1 Racing', "hat mich gewarnt, dass Rubens ein halbes Jahr brauchen könnte, bis er seine Leistungen bringt, aber er hat auch gesagt, dass er dann zu fliegen beginnen würde. Er fühlt sich jetzt einfach wohler im Team, denn es dauert ein bisschen, bis man jeden kennt und mit allem vertraut ist." Diese Umstellung habe bei Barrichello eben seine Zeit gebraucht, "weil er einer der sensibelsten Fahrer ist", analysierte der Brite.
"Rubens hat ein fantastisches Gespür, wenn es um das Testen und Evaluieren von Autos geht, womit er dem Team wirklich geholfen hat, aber er ist auch gefühlsmäßig sehr sensibel und empfindsam", fuhr Fry fort. "Wenn es nicht gut für ihn läuft, beeinträchtigt ihn das. Das soll aber nicht heißen, dass er nicht 100 Prozent gibt oder etwas schleifen lässt, vielleicht nicht mehr an sich glaubt - ganz sicher nicht. Aber er muss sich eben rundum wohl fühlen."
Barrichello, der trotz seines Alters von 34 Jahren noch nicht an Rücktritt denkt, scheint diesen angenehmen Zustand bei Honda langsam für sich zurechtzubiegen; was ihm noch fehlt, ist ein großes Erfolgserlebnis. Schon heute in Indianapolis könnte er für seinen neuen Arbeitgeber erstmals seit dem Geisterrennen an gleicher Stelle vor einem Jahr wieder auf das Podium fahren - damals wurde er hinter Michael Schumacher im Ferrari Zweiter.
Barrichello sieht sich als mit Schumacher ebenbürtig

© xpb.cc
Bei Ferrari war Rubens Barrichello nur die Nummer zwei hinter Michael Schumacher Zoom
Apropos Schumacher: "Ich dachte nie, dass er besser ist als ich", gab sich der Brasilianer von sich selbst überzeugt. "Es gab so viele Gründe, warum seine Resultate besser waren als meine. Keine Frage, er ist ein sehr guter Fahrer. Wenn du sieben Weltmeisterschaften gewinnst, baut sich ein Riesenvertrauen auf. Ich konnte aber oft nicht das tun, was ich wollte, daher sehe ich die Vergleiche zwischen Michael und mir entspannt. Ich weiß, was die Leute denken, aber das kümmert mich nicht. Es kommt nur darauf an, was ich denke."
"Wir hatten das gleiche Auto, aber er war schon vor mir im Team", ergänzte er. "Die Dinge liefen für ihn. Er hat aber viel erreicht und er verdient das auch. Trotzdem dachte ich, dass meine Chancen auf Siege bei Honda größer sein würden, und Ferrari hat mir diesen Wechsel dankenswerterweise ermöglicht. Bei Ferrari habe ich sechs Jahre lang hart dafür gearbeitet, Michael zu schlagen, aber das Team schaute sich sehr um ihn um, war um ihn herum aufgebaut."
Ferrari war für Barrichello eine gute Schule
Dennoch blickt er keineswegs verbittert auf seine Ferrari-Zeit zurück, sondern er sieht sie eher als wichtige Periode für seine Entwicklung als Rennfahrer: "Das Niveau war höher", sagte Barrichello. "Ich konnte das Setup noch in letzter Minute umbauen lassen. Wenn man bei Ferrari etwas will, bekommt man es. Ich habe viel über Einsatz und Siegeswillen gelernt. Ich habe das von Michael und dem Team gelernt und bringe diese Erfahrung nun bei Honda ein."
Mit dem Wissen im Hinterkopf, gegen den wahrscheinlich besten Rennfahrer der Welt angetreten zu sein, ist der 34-Jährige auch davon überzeugt, dem um acht Jahre jüngeren Button die Schneid abkaufen zu können. Übrigens versteht er sich mit dem Briten auf persönlicher Ebene hervorragend, was vom Team sehr geschätzt wird. Dies wird den beiden aber auch leicht gemacht: "Bei uns gibt es keine Nummer eins und keine Nummer zwei, sondern zwei gleichberechtigte Fahrer", so Barrichello.
Und: "Jenson ist ein netter Kerl, sehr schnell, mit dem ich mich gut verstehe. Er kann mit dem V8 sehr gut umgehen", erklärte der neunfache Grand-Prix-Sieger. "Die Leute sagen: 'Rubens wollte einen Teamkollegen, der leichter zu schlagen ist als Michael.' Das ist Unsinn! Ich wollte einen Teamkollegen, der mich antreiben kann. Wenn man nicht gefordert wird, kann man nicht maximale Leistungen abrufen. Ob ich Jenson schlagen kann? Sicher, absolut! Ansonsten wäre ich bestimmt nicht hier..."

