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Barrichello: "Ich hatte nichts zu verlieren"
Der Brasilianer spricht ausführlich über sein phänomenales Rennen, die Überholmanöver und erklärt was ihm dieser Sieg bedeutet
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Rubens, was war deine Reaktion auf den Mann der auf der Hangar Straight herumgerannt ist und wie hat dieser Zwischenfall das Rennen beeinflusst?"
Rubens Barrichello: "Zuerst einmal wusste ich, dass ich ein Auto hatte welches schnell genug war um wegzufahren. Ich war wirklich zuversichtlich was die Bridgestone-Reifen anbelangt und auf Grund der Verbesserungen die wir seit der letzten Woche gemacht hatten. Das einzige Fragezeichen war nur der Start. In der Aufwärmrunde gab es ein kleines Problem, denn ich fuhr sehr langsam los, damit das Feld hinter mir langsam war. Als ich dann beschleunigte, um die Bremsen und Reifen auf Temperatur zu bringen, hat Jarno jedoch nicht genauso beschleunigt und dadurch entstand eine Lücke. Soweit es mich betrifft, sollte das nicht so sein."

© xpb.cc
Für Barrichello ist der Sieg in Silverstone etwas ganz Besonderes
"Wir sollten das Feld schon eng zusammenhalten. Er veranlasste mich deshalb bei der Rückkehr in die Startaufstellung langsamer zu fahren und ich musste dann sehr lange warten, weshalb die Temperatur meiner Reifen fiel und ich zum Zeitpunkt des Starts keinen Grip hatte. Deshalb verlor ich zwei Positionen. Danach behielt ich aber einen kühlen Kopf. Meine Position in den ersten zwei Runden zu halten war sehr schwer, doch ich wusste, dass ich es schaffen würde. Als die Reifen dann wieder okay waren, hatte ich auf der Geraden einen guten Speed. Kimi zu überholen war schwierig, denn er war auf der Geraden sehr schnell, doch ich hatte nichts zu verlieren, denn heute ging es um alles oder nichts."
"Der Unterschied lag heute in den Reifen"
Frage: "Als der Mann auf der Strecke auftauchte hattest du gerade deine schnellste Runde gefahren und dann wurde das Safety Car herausgeschickt. Erzähle uns bitte diese Phase aus deiner Sicht und was du gefühlt hast als das passierte?"
Barrichello: "Ich war so konzentriert, dass ich an gar nichts anderes gedacht habe. Das Team hat fantastische Arbeit geleistet als es darum ging mich in die Box zu holen, doch auf Grund dieser Sache ging es in der Box heiß her und es dauerte so lange bis sie mich wieder losfahren lassen konnten. Es wird ja auch geglaubt, dass es mit diesen Autos heutzutage sehr schwierig ist zu überholen, doch der Unterschied lag heute in den Reifen und wir haben sehr, sehr gut gearbeitet. Ich konnte den Vorteil meines Autos zum Überholen nutzen und das war einfach fantastisch."
Frage: "Du hast großartige Überholmanöver gezeigt und warst nach dem zweiten Boxenstopp, als du dieses unglaubliche Manöver mit Kimi nach deinem Stopp durchgezogen hast immer schnell."
Barrichello: "Ehrlich gesagt hätte ich beinahe meine Nase dabei verloren, denn es war vor einiger Zeit, dass ich mit einem McLaren in der Abbey kollidiert bin, weshalb ich dieses Mal sehr aufmerksam war, denn derjenige der auf der Innenseite fährt schützt seine Linie und kann viel früher bremsen als man denkt. Ich bin aber im richtigen Moment davongezogen, doch ich hätte dabei beinahe meine Nase verloren. Es war fair aber aggressiv. Wir sind beide zugleich in die Bridge gefahren und einer kam schneller raus. Es war fair und es war gut."
Rubinho hofft, dass die Kritiker nun verstummen
Frage: "Beschreibe bitte deine Gefühle nachdem du dieses Rennen so verdient gewonnen hast?"
Barrichello: "Für mich ist das ein fantastisches Gefühl, einfach weil ich nie niedergeschlagen bin. Einige Leuten denken das, doch ich liebe es in einem Team zu sein das so arbeitet wie wir es letzte Woche getan haben um dieses Auto besser zu machen, genauso wie Bridgestone die Reifen verbessert. Natürlich ist es sehr schwierig, doch in den letzten Wochen haben die Leute so viele Dinge über mich gesagt, dieses und jenes, dass ich hoffe, dass sie jetzt damit aufhören. Ich habe heute einige Fahrer überholt."
Frage: "Die Überholmanöver schienen harte Arbeit zu sein, jedoch auch unterhaltend?"
Barrichello: "Wenn es harte Arbeit ist, dann ist es doch aus unterhaltsam oder nicht? Man gewinnt doch viel lieber ein Rennen auf diese Art, als dass man auf Pole steht und dann die gesamte Zeit über an der Spitze bleibt. Selbstverständlich habe ich mir solch ein Rennen gewünscht, denn dann wäre es viel leichter gewesen. Aber ich hatte heute ein großartiges Rennen. Es war einfach unglaublich und wir hatten eine sehr gute Reifenwahl. Bridgestone hat phänomenale Arbeit geleistet und ich denke, dass der Test den ich in der letzten Woche absolviert habe so viele Dinge für uns verbessert hat."
"Wir sind jetzt auf dem richtigen Weg, um das Auto noch besser zu machen. Ich bin erfreut. Ich hatte ein Auto mit dem es mir möglich war zu überholen. Ich konnte die ganze Zeit über aggressiv sein. In den letzten Rennen, wie in Kanada, habe ich meine Nase in der ersten Runde verloren, weshalb die Leute über mich geredet haben und dann drehte ich mich in der ersten Runde in Magny-Cours, doch ich gebe nie auf. Ich bin jemand der es versucht, der nicht hinten stehen will und der glücklich sein will. Manchmal funktioniert das, manchmal nicht. Heute hatte ich so viele Chancen zum Überholen und ich war ziemlich glücklich darüber diese nutzen zu können."
"Die Traktion aus der Club-Kurve heraus war einfach phänomenal"
Frage: "Genau und es erscheint so, dass alles für dich gelaufen ist, doch wie kam es dazu?"
Barrichello: "Es ist etwas das mit der Arbeit die wir teamintern durchführen zu tun hat. Die Jungs in meinem Team, nicht die bekannten Leute die alle kennen, sondern Gabriele, Rudi, Zaccaria, wir haben ein wirklich gutes Auto in punkto Traktionskontrolle und allem anderen hingestellt. Die Traktion aus der Club-Kurve heraus war einfach phänomenal, einfach genau das wovon ich immer geträumt habe. Die Reifen haben das gesamte Rennen über sehr gut funktioniert."
"Es gab eine kurze Phase in der es einen minimalen Abfall gab, doch den anderen so dicht zu folgen war auch ziemlich schwierig, denn man bringt die Temperaturen der Reifen hoch und könnte sich dadurch drehen oder eben auch nicht. Das hat etwas damit zu tun, dass man vorsichtig sein muss. Aber das Auto hat sich fantastisch verhalten und wie ich schon gesagt habe, Überholen war möglich weil ich die Zeit hatte nach den Reifen zu schauen und als ich aggressiv sein musste funktionierten sie gut. Als ich neben Kimi fuhr, befand ich mich in einer guten Situation, denn ich hatte neuere Reifen und die haben zu jenem Zeitpunkt einfach sehr gut funktioniert. Es war schon fantastisch."
Frage: "Was ist genau beim Start passiert?"
Barrichello: "Wie ich schon erwähnt habe, so war die Aufwärmrunde meiner Ansicht nach zu langsam, langsamer als sonst und ich wusste, dass wir langsamer machen mussten um das Feld zusammenzuhalten. An einem Punkt, soweit es mich betrifft, muss man jedoch dem Führenden folgen und ich denke, dass Jarno zu weit zurückgefallen ist. Als er in die Startaufstellung fuhr war das Feld nicht eng genug zusammen. Als er Gas gegeben hat war das Feld zu weit weg und meine Temperaturen schon unten. Ich hatte keinen Grip und er wusste natürlich, dass er mit seinem Auto einen guten Start haben würde. Ich denke, dass man dieser Sache Beachtung schenken sollte, denn ich glaube, dass alle so schnell wie der Fahrer an der Spitze fahren sollten."
Aufwärmrunde war zu langsam, weshalb Barrichellos Reifen auskühlten
Frage: "Bist du bei deiner Zielankunft gebührend empfangen worden?"
Barrichello: "Ja, wie immer. Ich bin jemand der gläubig ist und gestern, als ich als Zweiter in den Qualifikation starten musste war das schon ein schwieriger Moment, denn man weiß nie wie sich die Strecke verbessert oder ob sie schlechter wird, doch die Pole Position war schon die halbe Miete für den heutigen Sieg."
Frage: "Und wie waren deine Gefühle auf dem Podium?"
Barrichello: "Nun, es ist immer sehr, sehr bewegend die brasilianische Nationalhymne zu hören und nicht zu weinen. Das ist unglaublich sage ich euch. In diesem Moment kommen mir immer mein Vater, meine Familie, einfach alle in den Sinn und ich bin jemand der viele Emotionen dafür gegeben hat sein Ziel zu erreichen und es richtig zu machen. Wenn ich fahre, dann denke ich an nichts anderes als daran, doch wenn ich als Sieger auf dem Podium stehe, dann erinnere ich mich immer daran wie mein Vater sein Auto verkauft hat um zu den Rennen kommen zu können. Das sind die Gefühle die mich da bewegen."
"Jemand sagte 'Safety Car, Safety Car'"
Frage: "Hast du diesen Verrückten auf der Strecke laufen sehen und was hat dir das Team darüber über Funk mitgeteilt?"
Barrichello: "Wenn ich sagen würde, dass ich ihn nicht gesehen habe, würdet ihr mir das glauben? Ich habe nur mitbekommen wie jemand sagte 'Safety Car, Safety Car' und ich war so konzentriert, dass ich mich an nichts anderes erinnere."
Frage: "Kannst du erklären weshalb der zweite Stopp von Michael so lange gedauert hat, denn er stoppte ja nach dir. Hast du das gesehen?"
Barrichello: "Das fragt ihr mich? Wie soll ich das wissen? Ich bin gerade erst aus dem Auto ausgestiegen und gebe jetzt dieses Interview, wie soll ich das also wissen? Ich bekomme gerade mit, dass Michael Vierter geworden ist. Das ist die erste Sache die ich über ihn weiß."
Barrichello denkt noch nicht an die Weltmeisterschaft
Frage: "Die Weltmeisterschaft ist jetzt auch für dich wieder offen?"
Barrichello: "Die Weltmeisterschaft ist immer offen. Lasst es mich klar stellen, wenn ich sage, ja, ich schaue gut aus was die Meisterschaft angeht, dann beginnen die Leute gleich wieder zu sagen Rubens will Michael besiegen und das möchte ich verhindern. Ich will einfach nur meine Leistung heute genießen. Ich bin so stolz auf das was das Team an diesem Wochenende geleistet hat und ich bin ehrlich gestanden auch stolz auf mich. Die letzten beiden Rennen sind sehr schwierig gewesen und der Freitag war ebenfalls sehr schwierig. Sich nach dem Dreher mit einem Sieg zurückzumelden ist fantastisch, also lasst uns nur über heute nachdenken. Ich wusste, dass ich heute gut fahren müsste, um 49 Punkte zu erreichen, doch das ist schon alles was ich weiß."
"Becketts ist für mich einfach phänomenal, eine der besten Kurven"
Frage: "Als dieser Mann auf der Strecke herumrannte mussten wir alle lachen, doch gleichzeitig ist es auch ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko. Denkst du, dass man hier in Silverstone schauen muss wie man die Sicherheit verbessern kann?"
Barrichello: "Auf eine gewisse Art und Weise bin ich traurig, dass das passiert ist, wenngleich ich es selbst nicht mitbekommen habe. Ich denke, dass Silverstone stark in die Kritik geraten ist und weiß, dass viele Dinge gesagt wurden, doch meiner Meinung ist es jetzt viel sicherer, was die Verkehrsstaus angeht und auch alles andere. Es ist viel besser als vorher. Ich liebe die Strecke. Ich denke natürlich auch, dass es immer noch sicherer sein kann, doch ich denke, dass das hier eine gute Rennstrecke ist. Becketts ist für mich einfach phänomenal, eine der besten Kurven. Wenn es nicht Eau Rouge in Spa gäbe, dann wäre das hier die beste Kurve. Durch das was heute passiert ist könnte natürlich etwas passieren, doch ich hoffe, dass das nicht der Fall sein wird und ich denke, dass wir hierher zurückkommen sollten. Das war doch heute richtig toller Rennsport."
Frage: "Rubens, du hast über die Dinge gesprochen die in den letzten zwei oder drei Rennen passiert sind und dass du am Freitag Rückschläge erlebt hast. Denkst du, dass du mit dieser Situation richtig umgehst?"
Barrichello: "Nun, ich glaube, dass wir darüber schon so viele Male gesprochen haben. Ich denke, dass ich einige schlechten Phase in meiner Karriere durchgemacht habe, doch ich habe daraus gelernt. Als ich meine Karriere mit Stewart begonnen habe war ich ein anderer Mann und wir alle machen in unserem Leben schlechte Zeiten durch. Wir müssen nur an uns selbst glauben."
"Mich hat zu diesem Thema mal ein Brasilianer gefragt wie ich damit umgehe, dass die Leute kritisch über mich denken. Nun, ich muss darauf ich antworten, ich muss an mich selbst glauben und das ist es was zählt. Ich muss mich nur gegenüber meiner Frau und denjenigen die mich bezahlen rechtfertigen und das war es dann auch schon. Das ist der Grund warum ich so sehr an mein Talent glaube und wenn die Zeit kommt, dann packe ich meine Chance mit beiden Händen, genauso wie heute."
Sieg in Silverstone ist etwas ganz Besonderes
Frage: "Rubens, wie lässt sich dieser Sieg hier mit deinen vorherigen vergleichen?"
Barrichello: "Also der letzte Sieg ist immer der Beste. Der in Hockenheim ist natürlich unschlagbar einfach auf Grund wie er zu Stande kam. Monza im letzten Jahr war auch sehr gut, doch dieser hier mit den Überholmanövern war toll. Wie ich schon sagte, ich hatte heute ein Auto mit dem ich von Beginn an das Rennen gewinnen konnte, doch auf Grund so vieler anderer Ereignisse bin ich nicht als Erster in die erste Kurve eingebogen und deshalb war es schwieriger, aber am Ende auch zufrieden stellender und deshalb hat dieser Sieg etwas Besonderes."

