• 19.05.2004 20:41

Barrichello: "Ich bin sehr optimistisch"

Ferrari-Pilot Rubens Barrichello über Monaco, seine Renntaktik in Spanien, seinen anstehenden Geburtstag und Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Rubens, rückblickend auf Spanien musst du mit deiner Renntaktik ziemlich zufrieden sein."
Rubens Barrichello: "Es war einfach anders als alles, was wir in diesem Jahr gesehen haben. Ich lag fast vor Michael - wenn es nicht an einer oder zwei Sekunden gelegen hätte, dann hätte ich es geschafft. Es war eben anders. Das Auto war in längeren Stints schön zu fahren, es verhielt sich gut. Wir haben auf zwei Stopps gesetzt, weil wir alle schlagen wollten, nicht um eine Show abzuziehen. Es hätte fast funktioniert. Das werden einige nun auch bei anderen Rennen in diesem Jahr probieren."

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello möchte wieder auf die Siegerstraße einbiegen

Frage: "Du hattest hier in Monaco schon einige zweite Plätze. Wie stehen die Chancen in diesem Jahr?"
Barrichello: "Ich sehe alles als Saisonbeginn an. Ich habe neue Herausforderungen immer willkommen geheißen. Ich denke, dass Michael in diesem Jahr sehr, sehr stark war. Gerade in dieser Phase, aber ich mache meine Arbeit und ich bin sicher, dass der Sieg kommen wird, wenn man ruhig bleibt. Ich arbeite gut mit den Ingenieuren zusammen. Das Setup in Barcelona war gut, ich hatte mehr Kontrolle über das Auto. Und in der letzten Woche habe ich gut in Mugello und Fiorano getestet. Ich bin sehr optimistisch."#w1#

Frage: "Wir ernst muss man die Gerüchte nehmen, dass Bridgestone auf der ersten Runde nicht so gut ist wie Michelin?"
Barrichello: "Das ist überhaupt kein Problem. In Imola war das ein besonders Problem, weil die Strecke etwas kalt war und alle sehr langsam in die Startaufstellung gefahren sind. Abgesehen davon war es nie ein Problem. In Barcelona hatte Jarno einen guten Start, aber Michael hing von der ersten Runde an hinter ihm."

Barrichello glaubt, dass seine Zeit noch kommen wird

Frage: "Michael hat die ersten fünf Rennen der Saison gewonnen. Glaubt du, dass er alle gewinnen kann?"
Barrichello: "Der Druck lastet auf ihm, weil die Leute ihm einreden, er sollte alle 18 Rennen gewinnen. Ich denke, das ist nicht möglich. Es gibt viele, die Rennen gewinnen wollen, auch ich gehöre dazu. Es gibt Strecken, da ist er stärker als andere. Man muss seine Chance ergreifen, wenn sie da ist. Er war bisher sehr stark, und es ist schön, dass er nach seiner so langen Zeit immer noch gut ist. Ich bin stolz, dass ich neben ihm im Team fahren kann, weil ich damit wirklich am Besten gemessen werde. Aber ich fürchte ihn nicht. Meine Zeit in diesem Jahr muss noch kommen, und ich hoffe, dass er nicht so viele Punkte holt, wenn ich in den Punkten bin."

Frage: "Du hast erwähnt, dass die in Barcelona nur eine Sekunde fehlte, um die Führung zu übernehmen. Lag das eventuell an deinem langen Boxenstopp. Glaubst du, dass das Team diese Sekunde hätte herausholen können?"
Barrichello: "Nein, das denke ich nicht. Die eine Sekunde, die ich suchte, war die, als er aus den Boxen vor mir wieder herauskam. Wen ich da vorne gewesen wäre, dann hätte es eine andere Geschichte werden können. Beim Boxenstopp ging es etwas stressig zu, aber das hat mein Rennen nicht gestört. Ich hätte die Sekunde früher holen müssen. Wenn man vorne liegt, dann kann man das Tempo diktieren. Mein Auto wurde ja immer stärker, ich hätte mit den Nachzüglern spielen und mir somit einen Vorteil erarbeiten können. Dann hätte man darüber reden können, ob ich in der Box Zeit verloren hätte, aber er kam vor mit wieder auf die Strecke, also macht das keinen Unterschied."

Frage: "Auch du lebst hier in Monaco. Warum findest du es schön hier, abgesehen von den steuerlichen Gründen?
Barrichello: "Es liegt nah an Italien. Manchmal fliegt man, manchmal fährt man. Auch für mein Kind ist es schön. Das Wetter ist angenehm und dieser Ort ist so friedlich. Unterhalb der Woche ist es so angenehm und ruhig hier. Man kann einfach spazieren gehen, daher lebe ich hier."

Die neue Ruhe in der neuen Boxenanlage in Monaco

Frage: "Deine Erinnerungen hier reichen mehr als zehn Jahre zurück. Was möchtest du am Sonntag feiern, außer deinem Geburtstag?"
Barrichello: "Wenn die Jahre ins Land gehen, dann feiert man nicht mehr. Ich war 20, als ich das erste Mal hierher kam. Für mich wird es sicher ein schöner Tag werden. Meine ganze Familie kommt mich besuchen - meine Schwester, mein Vater, alle sind da. Und vielleicht gewinne ich ja auch das Rennen. Das wäre das Maximum."

Frage: "Welchen Eindruck hast du bisher von der neuen Boxenanlage bekommen?"
Barrichello: "Einen guten, ich mag sie. Ich habe die Anlagen gesehen, es ist schön, von der einen Seite auf die andere zu gehen, und es ist auch ruhiger. Man kann einfach stehen bleiben und es ist ruhig. Früher waren überall Menschen, nun findet man zumindest einen Platz."

Frage: "Diese Frage könnte etwas unfair sein. Wenn Michael nicht bei Ferrari wäre, also gar nicht fahren würde oder bei einem anderen Team wäre: Wie viele Rennen hättest du bisher gewinnen können?"
Barrichello: "Das könnte man auf das ganze Leben anwenden. Wenn ich nicht in der Formel 3000 gefahren wäre und gleich in die Formel 1 gewechselt wäre, dann wäre es anders verlaufen. Vieles wäre anders, wenn Michael nicht da wäre - das Team wäre vielleicht auch nicht so stark wir jetzt, aber darüber denke ich nicht nach. Ich liebe den Kampf und die Herausforderung. Mit dem ganzen Input, den ich hatte, seit ich bei Ferrari bin, habe ich bei allen Rennen, bei denen er dabei war, viel Respekt gewonnen. Das war bei anderen Teamkollegen nie der Fall. Wenn Michael nicht da gewesen wäre, dann hätte ich vielleicht mehr Rennen oder gar die Meisterschaft gewinnen können, aber warum sollte ich nicht denken, dass ich gewinnen kann, wenn er da ist? Das ist die größere Herausforderung und würde ein größeres Lächeln in mein Gesicht zaubern. So gehe ich das Leben an."