• 25.09.2010 21:52

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Barrichello erklärt das Rätsel Singapur

Tolles Qualifying für Rubens Barrichello: Singapur empfindet er als riesige Herausforderung, die er diesmal sehr gut gemeistert hat

(Motorsport-Total.com) - "Der Wein wird auch besser, je älter er wird - und da weiß ich auch nicht, wie sie das machen." So erklärt Rubens Barrichello, der dienstälteste Pilot der Grand-Prix-Geschichte, seinen heutigen sechsten Platz von Singapur. Dabei empfindet er den durch Flutlicht erhellten Stadtkurs als eine der größten Herausforderungen in der Formel 1.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Barrichello in der engen Schikane, die von vielen Fahrern kritisiert wird

"Die Strecke lässt zu, dass man anders attackiert. Ich mag sie", schwärmt der Williams-Fahrer. Außerdem standen ihm im Vergleich zu Monza einige technische Neuerungen zur Verfügung: "Das bringt uns in Kombination ein besseres Ergebnis. Aber hier ist der Grat zwischen ganz vorne und ganz hinten sehr schmal. Man sieht das daran, dass ich wegen des Verkehrs beinahe schon in Quali eins rausgeflogen wäre. Ich bin 1:49.2 gefahren - ohne Massas Problem wäre ich draußen gewesen!"#w1#

Idealzeit nicht erreicht

Barrichello fehlte knapp eine Sekunde auf die Pole-Position, für die zweite Startreihe hätte er aber nur drei Zehntelsekunden finden müssen. Das wäre durchaus möglich gewesen, denn reiht man seine idealen Sektorenzeiten aneinander, dann kommt man auf ein Niveau von 1:45.9 Minuten - genau wie Jenson Button im langsameren der beiden McLarens und WM-Leader Mark Webber im langsameren Red Bull.

"Dafür habe ich keine Erklärung", sagt er, ohne sich dafür rechtfertigen zu wollen: "Ich will mich nicht herausreden, denn die Idealzeiten existieren, damit man dieses Niveau erreicht, aber in Singapur verhalten sich Reifentemperatur und -druck ein bisschen anders als anderswo. Jeder Fahrer wird bestätigen, dass das Fahrgefühl manchmal von einem Sektor auf den nächsten ganz anders ist, ohne dass es einen einleuchtenden Grund dafür gibt."


Fotos: Rubens Barrichello, Großer Preis von Singapur


"Meine Qualifyingrunde von 1:46.2 war verdammt gut. Mit dem nächsten Satz hatte ich zunächst ein großartiges Gefühl, aber dann ging mir auf einmal das Heck weg und die Runde wurde schlechter. Sonst wäre eine 1:45.9 drin gewesen", berichtet Barrichello, der sich diese Schwankungen nur durch Feinheiten erklären kann. Möglicherweise wurden die Reifen früher aus den Heizdecken genommen als beim vorherigen Satz.

In Singapur eine saubere Runde ohne Fehler zu absolvieren, sei aber auch fahrerisch "eine sauschwierige Herausforderung, ein bisschen wie Valencia - nur noch schwieriger, weil der Grip niedriger ist und die Bremsen strapaziert werden", erklärt der Routinier. "Es ist ein großes Monaco, schneller - und körperlich anstrengender. Du musst hier mehr Geschwindigkeit durch die Kurven mitnehmen, während du in vielen Kurven in Monaco fast komplett abbremst."

Kein Raushalten aus dem WM-Kampf

Als Sechster steht Barrichello in der Startaufstellung übrigens hinter den fünf WM-Anwärtern. Mit denen will er aber nicht sorgsamer umgehen als sonst: "Für Leute außerhalb des WM-Kampfes wäre es nicht fair, über die Weltmeisterschaft nachzudenken. Ich muss versuchen, in die Top 6 zu kommen." Allerdings erwartet er nicht, dass Mark Webber und Co. jetzt schon auf Sicherheit fahren, um irgendwie ins Ziel zu kommen und nur ja nichts zu riskieren.

"Wir sind gut befreundet, aber deswegen lasse ich ihn auch nicht vor mir ins Ziel kommen." Rubens Barrichello

"Ich glaube nicht, dass sie schon in diesem Modus sind. Mark wird versuchen, maximale Punkte zu holen. Wir zwei sind zum Beispiel gut befreundet, aber deswegen lasse ich ihn auch nicht vor mir ins Ziel kommen. Ich kämpfe um mein eigenes Ergebnis", kündigt "Rubinho" an - schließlich geht es für Williams noch um den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM. Derzeit fehlen elf Punkte auf das Force-India-Team.

Ob er es in den letzten fünf Rennen auch konstant mit Mercedes und Renault aufnehmen kann, hänge davon ab, "wie viel die für den letzten Saisonabschnitt noch verbessern. Stand jetzt würde ich sagen ja", zeigt sich Barrichello selbstbewusst. Insgesamt spürt er, dass das Entwicklungsprogramm jetzt besser funktioniert als am Saisonbeginn: "Seit der Windkanal so umgestellt wurde, dass er zu dem passt, was wir Fahrer mögen, wurde es immer besser."