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  • 26.02.2010 17:01

  • von Roman Wittemeier

Barcelona: Bestzeit für Hülkenberg

Während sich Williams-Rookie Nico Hülkenberg die beste Rundenzeit des Tages gutschreiben ließ, fuhr Ferrari ein höllisches Renntempo

(Motorsport-Total.com) - Barcelona bot am Freitag nicht nur feinstes Wetter für Testfahrten, sondern auch interessante Erkenntnisse über die Formel 1 des Jahrgangs 2010. Mit Spannung verfolgten die Zuschauer vor Ort den regen Betrieb auf der Rennstrecke, es gab heute nur wenige Unterbrechungen. So langsam zeichnet sich ein konkreteres Bild von den Kräfteverhältnissen ab, weil sich die Teams erstmals auf ernsthafte Simulationen eines Rennwochenendes begaben.

Titel-Bild zur News: Nico Hülkenberg

Nico Hülkenberg spulte viele gute Runden mit dem Williams-Cosworth ab

Die meisten Teams hielten sich an den realistischen Ablauf, fuhren also zunächst eine Qualifikationssimulation und später ein imaginäres Rennen. Bei Williams war die Reihenfolge hingegen umgekehrt. Nico Hülkenberg absolvierte am frühen Vormittag zunächst einige Tests im Hinblick auf künftige Einsätze des Safety-Cars und probierte, die in einem solchen Fall vorgegebene Rundenzeit möglichst genau zu treffen.#w1#

Anschließend machte sich der Emmericher an eine Rennsimulation und hinterließ dabei einen starken Eindruck. Im ersten Stint mit anfangs hoher Benzinlast markierte Hülkenberg über 20 Runden im Schnitt Rundenzeiten im mittleren 1:26er-Bereich, im zweiten Stint über die gleiche Distanz lagen mittlere 1:25er-Zeiten an, der dritte Durchgang war noch deutlich schneller, aber auch erheblich kürzer. Bei der anschließenden Qualifikationssimulation setzte der Williams-Rookie in 1:20.614 Minuten die Bestzeit.

Alonso mit unglaublichem Rennspeed

Natürlich hatte Hülkenberg am Nachmittag bessere Bedingungen für seine schnellen Runden, denn die Bahn baute im Tagesverlauf immer Grip auf. Daher ist der Bestwert von Fernando Alonso (2./1:20.637) höher einzuschätzen, denn der Spanier fuhr die Runde am Vormittag, als auf der Strecke noch längst nicht so viel Gummi lag. Noch viel beeindruckender war das Ferrari-Tempo nach einer Setupänderung am Mittag über die Distanz!

Am Nachmittag spulte Alonso einen Stint über sagenhafte 43 Runden ab und hielt dabei die Rundenzeiten stets im Bereich unter 1:25 Minuten. Deutlicher kann man ein gutes Renntempo kaum demonstrieren. Der Spanier hatte dabei kaum Schwankungen in seinen Rundenzeiten. Auch der sogenannte "Drop-off", also das plötzliche Nachlassen der Reifen ab einer gewissen Rundenzahl, fiel kaum auf. Der neue Ferrari F10 scheint ein echter "Reifenflüsterer" zu sein.

Die Italiener hatten am Vormittag bereits die ersten Neuteile installiert. So rückte Alonso erstmals mit einer neuen Motorabdeckung aus. Auch Ferrari folgt dem Trend und setzt nun eine "Haifischflosse" am Heck ein. Alonso rollte fünf Minuten vor dem Ende der Session aus. Auf die lange Distanz konnte am Freitag einzig Red Bull halbwegs mithalten. Sebastian Vettel (5./1:21.258) fuhr am Nachmittag Runs von je 30 Runden und markierte dabei konstante Zeiten im Bereich von knapp unter 1:25 Minuten. Rund eine halbe Stunde vor dem Ende der Session rollte auch der RB6 aus.

Fernando Alonso

Ferrari rückte am Freitag erstmals mit neuer Motorabdeckung aus Zoom

Red Bull und Ferrari bewegen sich - vergleichbare Spritladungen vorausgesetzt - wohl auf einem ähnlich hohen Niveau. Es bleibt die Frage, wer das Tempo möglicherweise mitgehen kann. Die Testarbeit von McLaren und Mercedes konnte keinen Aufschluss darüber bieten, ob die beiden mit Mercedes-Motoren angeschobenen Fahrzeuge in etwa das Renntempo von Red Bull und Ferrari mitgehen können. Michael Schumacher (7./1:21.689) fuhr zwar auf seinen Turns ebenfalls 1:24er-Runden, jedoch waren die Stints deutlich kürzer.

Schumacher und Hamilton zurückhaltend

Der Rekordchampion probierte während seiner wichtigen Testarbeit mit dem Mercedes W01 gleichzeitig wieder unterschiedliche Helmvarianten. Am Morgen fuhr der Kerpener mit seinem bekannten knallroten Modell, später setzte er sich einen neuen Kopfschutz in Karbonlook über die Sturmhaube. Neue Updates waren bei Mercedes von außen nicht zu erkennen, ein neues Aerodynamikpaket wird ohnehin erst pünktlich zum Auftakt in Bahrain erwartet.

Aus McLaren wird derzeit wohl niemand wirklich schlau. Am Vormittag kam Ex-Champion Lewis Hamilton (8./1.22.152) nur zu vergleichsweise wenigen Runden, immer wieder verstellte man das Setup am neuen MP4-25. Am Nachmittag probierte sich der britische Superstar auf die Distanz. Bei seinem Run über insgesamt 35 Runden waren die Zeiten im Bereich von 1:26 Minuten. Allerdings ist nicht klar, wie lange Hamilton dieses Niveau noch hätte halten können. Er wurde durch eine rote Flagge eingebremst.

Auch bei Sauber kann man das wahre Gesicht noch nicht erkennen. Pedro de la Rosa (3./1:20.973) zeigte ein gutes Qualifikationstempo, bei den Longruns lief es allerdings nicht ganz rund. Zwar konnte der erfahrene Spanier auf seinen längeren Stints durchaus immer wieder gute Rundenzeiten im Bereich von 1:25 Minuten fahren, doch waren erhebliche Schwankungen zu erkennen. Ob diese am Fahrer lagen oder an stark abbauenden Reifen, die sich zunächst immer wieder erholen mussten, ist unklar.


Fotos: Testfahrten in Barcelona, Freitag


Renault und die Neulinge laufen nicht rund

Wenig auffällig waren am Freitag Force India, Toro Rosso und Renault unterwegs. Vitantonio Liuzzi (4./1:21.056) bewegte den Force India-Mercedes am Vormittag auf schnellen Runden in gutem Tempo, allerdings war die Rennsimulation am Nachmittag nicht allzu beeindruckend. Lokalmatador Jaime Alguersuari (6./1:21.571) zeigte viele konstante Runden und konnte den Toro Rosso als grundsolides Mittelfeldfahrzeug darstellen.

Bei Renault hatte man offenbar leichte technische Probleme oder Balancesorgen. Robert Kubica (9./1:24.912) musste immer wieder längere Pausen an der Box einlegen, es wurde am R30 immer wieder ein anderes Setup ausprobiert. Der Pole fuhr insgesamt verhältnismäßig wenige Runden, eine Rennsimulation war am Freitag nicht drin. Auch die neuen Teams hatten weiterhin Probleme mit der Standfestigkeit.

Jarno Trulli

Der Lotus T127 kam gleich zweimal per LKW zurück an die Box Zoom

Virgin hatte den VR-01, den Lucas di Grassi am Vortag in die Reifenstapel gesetzt hatte, im Verlauf des Vormittags wieder einsatzbereit. Timo Glock (11./1:25.942) legte daraufhin einige kurze Stints auf den Asphalt und arbeitete am Setup des neuen Boliden. Endlich konnte der Wersauer am Nachmittag auf mal längere Distanzen am Stück fahren. Die Rundenzeiten lagen dabei im guten Bereich von 1:26 Minuten.

Bei Lotus hatte man am Vormittag ganz besondere Sorgen. Im Fahrzeug von Jarno Trulli (10./1:25.524) hatte sich die Befestigung der Sitzschale gelöst, das Problem konnte jedoch recht kurzfristig behoben werden. Der Italiener spulte im Tagesverlauf viele Runden ab, bis ihn erneut ein Hydraulikdefekt stoppte. Trulli blieb später - eine Viertelstunde vor dem Ende des Testtages - noch einmal auf der Strecke stehen.