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Badoer: "Ich weiß, was mich erwartet"
Ferrari-Ersatzmann Luca Badoer im Interview über sein Comeback in Valencia, die Trainingsphase, Michael Schumacher und seinen Traum
(Motorsport-Total.com) - Seit 1999 hat Luca Badoer kein Formel-1-Rennen mehr bestritten - nun bekommt der italienische Rennfahrer überraschend eine zweite Chance. Weil Stammpilot Felipe Massa verletzt ist und Michael Schumacher passen muss, darf Badoer in Valencia in den F60 klettern. Im Interview nimmt der Ferrari-Fahrer Stellung zu seinem Comeback in der Formel 1 und spricht über seine Gefühle.

© xpb.cc
Luca Badoer ersetzt in Valencia den verletzten Felipe Massa bei Ferrari
Frage: "Luca, du hast sicherlich einiges von deiner Sommerpause zu erzählen..."
Luca Badoer: "Urlaub hatte ich jedenfalls keinen. Ich habe einfach nur sehr hart gearbeitet, um körperlich vorzubereiten. Nach Felipes Unfall hat Michael versucht, das Auto zu fahren. Für uns war klar, dass ich zum Zuge kommen würde, wenn Michael würde passen müssen. Ich blieb fokussiert und dachte wirklich an alles, um mich bestmöglich auf dieses Rennen zu präparieren. Ich habe wirklich viel trainiert."#w1#
Comeback nach zehn Jahren Rennpause
Frage: "Du warst also täglich im Fitnessraum zugange. Wie steht es mit dem Fahren?"
Badoer: "Ich bin viel im Kart unterwegs gewesen, weil ich das für eine gute Trainingsmethode halte. Ich habe auch speziell meinen Nacken geschult und dabei ein besonderes Gerät verwendet, um gezielt meine Nackenmuskulatur und das Herz zu stärken. Ich habe wirklich Vollgas gegeben."
Frage: "Kannst du dich noch an dein bislang letztes Rennen erinnern? Wann war das?"
Badoer: "Ich habe in einer Zeitung gelesen, dass ich zuletzt in Japan 1999 gefahren bin."
Frage: "Wie vorbereitet fühlst du dich vor diesem Grand Prix?"
Badoer: "Ich habe zwar vor beinahe zehn Jahren mein letztes Rennen absolviert, doch in den vergangenen zehn Jahren habe ich auch etwa 150.000 Kilometer in einem Formel-1-Wagen abgespult. Ich bin es gewohnt, an nur einem Tag zwei Renndistanzen zu absolvieren. Bei den Testfahrten haben wir teilweise nämlich zwei Grands Prix an nur einem Tag simuliert. Dieser Aspekt bereitet mir also keinerlei Sorgen."
"Ich habe schon viele Rennen bestritten, also bin ich daran gewöhnt. Für jemanden ohne Rennerfahrung mag das vielleicht ein Problem sein, doch ich weiß, was ich in der Vergangenheit angestellt habe. Daher weiß ich auch, was mich erwartet. Meine Ausgangslage ist sicherlich besser als die eines Piloten, der niemals ein Rennen gefahren ist. Im Augenblick bin ich sehr ruhig und gelassen."
Ein Traum wird wahr in Valencia
Frage: "Bist du nicht aufgeregt?"
Badoer: "Irgendwie schon, denn das ist wie ein Traum. Ich habe mein Leben lang davon geträumt, in der Formel 1 für Ferrari zu fahren. Jetzt werde ich das tun. Ich bin gewiss der glücklichste Fahrer der Welt."
Frage: "Glaubst du, du hast diese Chance verdient, nachdem du nun schon so lange Testarbeit verrichtet hast?"
Badoer: "Ja."
Frage: "Nicola Larini sagte kürzlich, dass der Start der kritischste Moment für dich sein würde, denn dort musst du dich mit anderen Fahrern auseinandersetzen. Was hältst du davon?"
Badoer: "Ich werde sehr vorsichtig sein. Alles, was ich im Augenblick sagen kann, ist: Wir werden sehen."
Frage: "Verliert man als Rennfahrer die Fähigkeit zu verstehen, wo sich die anderen Rennwagen befinden?"
Badoer: "Ja, in gewisser Weise. Aber wie ich schon sagte: Ich habe in meinem Leben schon so viele Rennen bestritten. Ich war in der Formel 3000 unterwegs, habe die Formel 3 durchlaufen und fahre Kart. Es war lediglich eine Pause. Ich kann auch künftig wieder Rennen fahren. Ganz ehrlich: Valencia wird für mich ein Rennen sein, bei dem ich alles lernen muss."
"Ich muss mich daran gewöhnen, wieder im Auto zu sein. Es ist schließlich schon eine ganze Weile her, dass ich gefahren bin - nicht übermäßig lange, aber sicherlich lange genug. Ich muss am Freitag also viele Kilometer abspulen. Ich muss mich an das Qualifying gewöhnen und daran, wieder an einem Rennen teilzunehmen."
"Ich würde mir daher große Sorgen machen, wenn ich nur diese eine Chance in Valencia hätte. Dann würde ich wohl versuchen, alles zu packen - vielleicht mit viel Druck und vielleicht mit vielen Fehlern. Doch soweit kommt es nicht. Bis Felipe zurückkehrt, gehört dieses Auto mir. Ich habe als Zeit, um mich zu verbessern und in diese Situation hineinzuwachsen."
Badoer: Training mit "Schumi"
Frage: "Du warst ursprünglich nicht Ferraris erste Wahl. Hat dich das frustriert? Setzt es dich besonders unter Druck, weil alle Welt an diesem Wochenende Michael Schumacher erwartet hat?"
Badoer: "Ganz ehrlich: Ich bin ein großer Fan von Michael. Es war okay und schön für mich, ihn wieder auf der Rennstrecke zu erleben. Ich habe in den vergangenen 20 Tagen sehr viel Zeit mit ihm verbracht. Wir haben gemeinsam trainiert und sind zusammen Kart gefahren. Wie ich schon vorhin sagte, stehen wir in einem guten Verhältnis zueinander und sind sehr gute Freunde."
"Wir durchleben diese Zeit gemeinsam. Das war schon witzig, denn wir wussten sofort, dass entweder er oder ich fahren würde. Ich denke nicht, dass ich die zweite oder eine schlechte Wahl bin, wenn ich Michael Schumacher ersetze. Im Augenblick vertrete ich den besten Champion der Welt."
Frage: "Was hast du gefühlt, als du am Donnerstagmorgen im Fahrerlager angekommen bist? Du bist seit 15 Jahren immerhin der erste Italiener, der für Ferrari antreten wird..."
Badoer: "Ich habe versucht, mir die Strecke einzuprägen. Ich bin zum ersten Mal in Valencia, also ist alles neu für mich: Der Parkplatz, der Eingang zur Strecke, die Boxen."
"Ich habe mir diese Dinge also erst einmal in Ruhe angesehen und bin dann hinaus auf den Kurs. Ich habe gemeinsam mit meinem Ingenieur zwei oder drei Runden gedreht, um die Kurven besser zu verstehen, die Asphaltbeschaffenheit, die Mauern an der Seite - einfach alles. Mein Gefühl überrascht mich im Augenblick, doch ich bin sehr ruhig."
"Es ist wie eine Testsituation für mich, denn auch bei den Testfahrten habe ich viel Zeit mit dem Team verbracht. Genau wie beim Test, so pushen wir auch jetzt in alle Richtungen. Bis ich ins Qualifying gehe oder in der Startaufstellung stehe, werde ich also keinen großen Unterschied spüren. Der Freitag wird ein normaler Testtag sein - für das gesamte Team an der Strecke."
2010: Badoers Zukunft noch ungewiss
Frage: "Was hast du dir für Valencia vorgenommen. Hast du es auf Punkte abgesehen oder willst du einfach nur das Rennen beenden?"
Badoer: "Nein, ich habe keine Ziele an diesem Wochenende. Wie ich schon sagte: Für mich ist das eine Art Test. Es wäre also klasse, das Rennen zu beenden."
Frage: "Wärst du gerne gegen Michael Schumacher angetreten?"
Badoer: "Ich habe sehr viel Zeit mit ihm verbracht und kann sagen, dass er wirklich alles gegeben hat. Er hat unheimlich viel trainiert und viel Zeit darauf verwendet. Michael wollte zurückkommen. Dafür hat er alles getan, alles versucht."
"Er hat in sieben Tagen drei Kilogramm verloren und gab wirklich einhundert Prozent. Es war im Prinzip sein Traum, noch einmal zurückzukommen und wieder in der Formel 1 zu fahren. Man darf nicht vergessen, dass er etwas vermisst hat. Er hat alles versucht, doch aufgrund seines Nackenproblems war es einfach nicht möglich."
Frage: "Wie ist es um deine Vertragssituation für 2010 bestellt?"
Badoer: "Vor Ungarn habe ich Gespräche mit Ferrari geführt, um meinen Vertrag für das kommende Jahr zu verlängern. Doch nach Ungarn ist irgendwie alles... Ich weiß es nicht. Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung, was im kommenden Jahr passieren wird. Wir werden sehen."

