• 27.08.2008 10:26

Arai: "Geschlossene Anstrengung des Teams"

Probleme in Training und Qualifying, aber wieder beide Fahrer in den Punkten: Toyotas Technik-Koordinator Noritoshi Arai analysiert das Valencia-Rennen

(Motorsport-Total.com) - Die Plätze fünf für Jarno Trulli und sieben für Timo Glock - das war die Ausbeute von Toyota beim Großen Preis von Europa auf dem neuen Stadtkurs im Hafen von Valencia. Vorangegangen war ein Wochenende voll intensiver Arbeit, denn für die Technikabteilungen der Teams stellte der neue Kurs eine ungewohnte Herausforderung dar. Durch seinen relativ niedrigen Grip erinnert der Straßenkurs von Valencia Erinnerungen an den Circuit Gilles Villeneuve in, Valencia besitzt allerdings eine sehr viel breitere Fahrbahn. Der Abtrieb in Valencia ist mittelhoch und damit ähnlich wie in Bahrain.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli

Jarno Trulli hatte zunächst Probleme, holte aber noch Rang fünf im Rennen

"Mein erster Eindruck beim ersten 'Abmarschieren' war, dass der Kurs große Ähnlichkeit mit dem Straßenkurs von Montreal hat. Valencia bot aber unerwartet große Auslaufzonen und machte insgesamt einen geräumigeren Eindruck als Montreal", erklärte Toyotas Direktor für Technische Koordination, Noritoshi Arai, in seiner Nachbetrachtung des Rennwochenendes.#w1#

Die Simulationen des Teams wiesen eine Spitzengeschwindigkeit von etwa 310 Stundenkilometern aus, wobei der geforderte Abtrieb auf dem Niveau von Bahrain lag. Außerdem war nach den Simulationen mit Rundenzeiten um 1:40 Minuten zu rechnen, Toyota nahm aber an, dass die Zeiten etwas schneller sein würden, wenn erst etwas Gummi auf der Fahrbahn lag.

Timo Glock hatte seinen Podiumsplatz auf dem Hungagroring geholt - einer Rennstrecke, die hohen Abtrieb verlangt. In Valencia war aber ein anderer Fahrstil nötig, da dort mittlerer Abtrieb gefordert war. Deshalb war die oberste Priorität von Toyota, beide Wagen in die Punkteränge zu bringen - was auch gelungen ist.

Freitag: Möglichst viele Runden fahren

Timo Glock

Für Timo Glocks Auto wurde schon am Freitag ein gutes Set-Up gefunden Zoom

Im Freien Training am Freitag bestand die Hauptaufgabe bei Toyota darin, möglichst viele Runden zu fahren: "Mit zunehmender Rundenzahl wächst auch der Datenbestand und die Fahrer gewinnen zunehmend an Streckenerfahrung", erklärte Arai. "Aus dieser Sicht hatten wir einen hervorragenden Start ins Rennwochenende und konnten beide Trainingssitzungen ohne Anzeichen für irgendwelche Probleme abwickeln. Und obwohl wir nach dem Ende des Vormittagstrainings unser Setup noch nicht eingegeben hatten, war die Balance von Timos Wagen bereits alles andere als schlecht."

Am Freitagmittag wurde bei beiden Fahrern das Aero-Setup geändert - doch das führte zu Handling-Problemen am Auto von Trulli. "Insbesondere tendierte das Auto jetzt zu einem leichten Übersteuern und das Bremsgefühl war nicht so, wie Jarno es sich gewünscht hatte", berichtete Arai. "Da wir bei Timo schon die richtigen Einstellungen gefunden hatten, beschlossen wir, nach der Session noch einmal die Daten durchzugehen und Timos Setup auch auf das Auto von Jarno zu übertragen. Über Jarnos Rang in den Zeitenlisten machten wir uns in diesem Stadium also keine besonderen Gedanken."

Enttäuschung und Probleme am Samstag

Jarno Trulli

Bei Jarno Trulli gab es in Q3 plötzlich wieder Probleme am Auto Zoom

Von der Leistung im Qualifying war Arai aber "ehrlich gesagt enttäuscht". Der Japaner hatte nach dem guten Freitagstraining erwartet, dass beide Autos nach dem Qualifying solide im Mittelfeld der Top 10 stehen würden. Glocks Auto lief in Q1 perfekt, in Q2 zickte es jedoch plötzlich und Glock konnte sich nicht für Q3 qualifizieren. "Auf einer der Angriffsrunden verhielt sich sein Auto beim heftigen Abbremsen in Kurve acht kurz vor der Brücke nicht wie erwartet und auf einer anderen gab es Schwierigkeiten bei ebenfalls starkem Bremsen in Kurve zwölf nach der langen Geraden",so Arai. "Ich bin mir sicher, dass wir es in die letzte Qualifyingphase geschafft hätten, wenn wenigstens eine der beiden schnellen Runden problemlos verlaufen wäre."

Bei Trulli fiel am Samstagmorgen die Ölpumpe des Getriebes aus, wodurch sein Training nach nur zwei Runden beendet war. Da Toyota nach dem Vortag sein Setup geändert hatte, hätte er dieses am Samstagmorgen eigentlich auf der Strecke überprüfen müssen. So aber musste Trulli ins Qualifying starten, ohne den Effekt der neuen Einstellungen ausreichend verifiziert zu haben. Dennoch gelang dem Italiener der Einzug in Q3. Dort stellten sich dann auf einer schnellen Runde leichte Probleme im zweiten Sektor ein, wodurch er seine Bestzeiten nicht verbessern konnte. "Nach Berücksichtigung der relevanten Faktoren riefen wir ihn in die Garage zurück, bevor er alle Qualifying-Runden beendet hatte, um so wenigstens Kraftstoff zu sparen", so Arai.

Es sei ein "extrem frustrierendes Qualifying für das Team" gewesen, bilanzierte Arai weiter. Doch im Rennen musste das Beste daraus gemacht werden: "Auf unserer Besprechung nach dem Qualifying hatten wir eine sehr lebhafte Diskussion darüber, welche Boxenstrategie zu wählen wäre, um in Rennen weiter nach vorn zu kommen."

Flexible Strategie bei Glock

"Timo wand sich geschickt durch den konfusen Verkehr der ersten Runde und machte drei Positionen gut." Noritoshi Arai

Dass beide Fahrer es in die Punkte geschafft haben, habe man der "Kombination aus Jarnos Entschlossenheit, Timos Speed und der richtigen Teamstrategie" zu verdanken, erklärte Arai weiter. Beide Autos hatten einen guten Start ins Rennen: "Timo wand sich geschickt durch den konfusen Verkehr der ersten Runde und machte drei Positionen gut, bevor er wieder die Kontrolllinie erreichte, was uns eine Reihe neuer strategischer Möglichkeiten an die Hand gab. Wir hatten Timo mit genügend Sprit für eine Ein-Stopp-Strategie ins Rennen geschickt, waren aber darauf vorbereitet, je nach Reifenzustand erforderlichenfalls auch einen zweiten Boxenstopp durchzuziehen." Da Glock aber mit der Pace der Autos mit Zwei-Stopp-Strategie mithalten konnte, beließ man es bei einem Stopp.

Da Trulli in der Qualifikation Q3 erreicht hatte, musste er das Rennen am Sonntag mit dem Kraftstoff aufzunehmen, den er nach dem Qualifying noch an Bord hatte. Entsprechend wählte Toyota für ihn eine Zwei-Stopp-Strategie. "Jarno hielt seine Position beim Start und nahm dann den vor ihm liegenden Toro Rosso von Vettel ins Visier, den er mühelos versetzen konnte, weil er aus dem Qualifying Sprit für zwei Runden mehr als die Zwei-Stopp-Konkurrenten im Tank hatte", so Arai.

"Dies war das dritte Mal in dieser Saison, dass wir mit beiden Autos punkten konnten, ich muss aber sagen, dass der zweifache Punktegewinn auf dem Großen Preis von Europa wohl in erster Linie das Resultat einer geschlossenen Anstrengung des ganzen Teams gewesen ist", lautete das Fazit von Arai.