• 13.05.2007 23:38

Alonso: "War eine halbe Wagenlänge vorne"

Fernando Alonso im PK-Interview über die erste Kurve in Barcelona, seinen Poker mit den harten Reifen und Lewis Hamilton als WM-Konkurrent

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, ein fantastischer Start außen neben Felipe Massa in der ersten Kurve. Es ging sich ja fast aus..."
Fernando Alonso: "Ja, aber leider eben nur fast, und nach der Berührung verlor ich drei Plätze. Ich denke, wenn man in der ersten Kurve Vierter ist und etwas weniger Sprit an Bord hat als die Konkurrenten, wird das Rennen sehr, sehr kompliziert."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Übte in der Pressekonferenz sanfte Kritik an Felipe Massa: Fernando Alonso

Frage: "Kannst du uns den Vorfall in Kurve eins nochmals aus deiner Sicht beschreiben?"
Alonso: "Nun ja, es war sehr eng. Ich denke, unser beider Start war sehr ähnlich, aber dann setzte ich mich genau hinter Felipe und dank des Windschattens war ich ein wenig schneller. Ich ging nach außen, bremste später und war in der ersten Kurve vorne - dachte ich. Leider dachte er das nicht, also hat es gekracht. Wir hatten beide Glück, dass wir das Rennen zu Ende fahren konnten, denn in 99 Prozent dieser Vorfälle scheiden beide Wagen in Kurve eins aus. Manchmal kann so etwas ziemlich gefährlich sein."#w1#

Aerodynamik war leicht beschädigt

"Nach Kurve eins muss man viel riskieren und es ist schwierig, dass alles aufgeht." Fernando Alonso

Frage: "Und dein Wagen wurde auch beschädigt. Das Barge-Board hat gegen Ende des Rennens heftig geflattert."
Alonso: "Ja, natürlich. Der Wagen war das ganze Rennen lang beschädigt, und leider war es dadurch schwieriger, ihn zu fahren. Wir spekulierten auch beim ersten Stopp mit harten Reifen, um zu sehen, ob wir gegen Ende ein Wunder schaffen könnten, denn das brauchten wir auch von Platz drei aus. Wir waren in Runde 15 oder 16 ein wenig zu weit hinter den beiden Führenden, also riskierten wir etwas, aber es half nichts. Daher zogen wir am Schluss wieder weiche Reifen auf und der Wagen wurde etwas schneller. Nach Kurve eins muss man viel riskieren und es ist schwierig, dass alles aufgeht."

Frage: "Du hast angedeutet, Felipe Massa wäre gefährlich gefahren. Wolltest du das damit sagen?"
Alonso: "Ich will gar nichts sagen, das ihr glauben sollt oder nicht. Ich wollte sagen, dass in 99 Prozent dieser Fälle beide Wagen in der ersten Kurve ausscheiden, wie es in der GP2 der Fall war. Wenn man um die Meisterschaft kämpft, ist es manchmal sehr riskant, in Kurve eins schon so aggressiv zu fahren. Das meinte ich. Wir hatten Glück heute, dass beide ins Ziel kamen und dazu noch Zweiter und Dritter wurden. Dadurch wird der Vorfall weniger bedeutend."

Frage: "Denkst du, Felipe Massa hat sich nicht korrekt verhalten?"
Alonso: "Nein, das denke ich nicht. Ihr werdet mich noch so lange fragen, bis ich etwas Falsches sage. Aber das werde ich nicht. Es war ein entscheidender Moment im Rennen und ich hätte meinen Grand Prix beinahe in der ersten Kurve beendet, obwohl ich dachte, in der Kurve vorne zu sein."

Frage: "Welcher Fahrer ist auf der richtigen Seite in Kurve zwei geblieben? Denkst du, die Stewards werden sich die Sache nochmals ansehen?"
Alonso: "Keine Ahnung. Ich denke, die Stewards sind schwer einzuschätzen. Letztes Jahr haben sie mich in Monza verfolgt, als ich einen halben Kilometer vor einem anderen Wagen lag, und vielleicht kümmern sie sich in dieser Saison um solche Vorfälle wie heute nicht. Ich denke, zu diesem Vorfall wird jeder seine Meinung haben. Wenn ihr meinen Wagen anseht, dann seht ihr, dass mein Seitenkasten und das Heck beschädigt sind. Das zeigt wohl jedem, wer als Erster in Kurve eins war. Ich war eine halbe Wagenlänge vorne. Die andere Frage kann ich nicht beantworten."

Alonso wird sich nicht anders verhalten

"Ich werde immer versuchen, das Rennen zu gewinnen." Fernando Alonso

Frage: "Verändert das dein Verhalten in zukünftigen Rennen?"
Alonso: "Nein, nein, das wird sich nicht ändern. Ich werde immer versuchen, das Rennen zu gewinnen, die anderen zu schlagen, Ferrari einzuholen, die immer noch im Rennen ein wenig schneller sind als wir. Ganz bestimmt. Felipe war Mitte des Rennens 30 Sekunden vor mir und ich denke, das ist wohl zu viel."

Frage: "Wird dieser Vorfall deine Beziehung zu Felipe Massa verändern?"
Alonso: "Es wird gar nichts verändern. Wir fahren Rennen und solche Dinge passieren. Wie ich schon sagte: Normalerweise scheiden beide aus. Wir hatten also Glück, die Zielflagge zu sehen. Nichts hat sich verändert."

Frage: "So ein Vorfall gerade bei deinem Heimrennen zu erleben, war sicherlich enttäuschend."
Alonso: "Eindeutig. Ohne Zweifel war das Rennen selbst enttäuschend. Nach dem Vorfall in Kurve eins konnte ich so hart pushen, wie ich wollte, unterschiedliche Reifen wählen und so weiter. Aber Vierter - und nur dank Kims Ausfall auf dem Podium zu sein - nachdem ich als Zweiter losfuhr war nicht das Rennziel."

Frage: "Du scheinst im Gegensatz zu den Jungs in der GP2-Serie auf der schmutzigen Seite der Startaufstellung Grip gefunden zu haben."
Alonso: "Mein Start selbst war sehr gut. Er war ähnlich wie Felipes, vielleicht sogar ein wenig schlechter, aber die Gerade zu Kurve eins ist sehr lang und ich konnte mich im Windschatten ansaugen und ihn am Bremspunkt abfangen."

Frage: "Wie war das Gefühl, vor 140,000 Fans zu fahren, von denen die meisten dir zujubelten?"
Alonso: "Es war natürlich großartig und ich habe die Runde auf dem Truck bei der Fahrerparade am meisten genossen, denn da hört man sie jubeln und kann die Schilder lesen. Wenn man im Wagen sitzt, ist das Motorengeräusch meistens zu laut."

Enttäuschung über verpassten Heimsieg

"Es ist nicht leicht, wenn nach 500 Metern dein Rennziel schon gestrichen ist." Fernando Alonso

Frage: "Aber das Rennen war dann enttäuschend..."
Alonso: "Keine Frage. Ich startete zwei, drei Hundertstel hinter der Pole. Ich führte das Rennen in Kurve eins an und war neben der Strecke in Kurve zwei. Vierter zu sein und zwei, drei Runden weniger Sprit als die Jungs vor dir im Tank zu haben, dann weißt du, dass dein Rennen eigentlich vorbei ist, und außerdem war mein Wagen wohl beschädigt. Es ist daher nicht leicht, wenn nach 500 Metern dein Rennziel eigentlich schon gestrichen ist."

Frage: "Warum hast du dich im mittleren Stint für harte Reifen entschieden?"
Alonso: "Wie ich schon sagte: Vierter nach Kurve eins und weniger Sprit im Tank als die Gegner bedeutet, dass dein Rennen vorbei ist. Es ist hier schwierig, jemanden zu überholen, und ich denke, auch ein, zwei Runden früher hereinzukommen ist schwierig. Wir dachten daher, dass vielleicht die harten Reifen eine Überraschung in Bezug auf Grip und Performance bieten könnten - wir waren uns vor dem Rennen nicht sicher -, daher riskierten wir es. Wir nahmen die harten für den zweiten Stint und hielten die Daumen, warteten das Ergebnis ab."

"Im Nachhinein betrachtet war es keine besonders gute Idee, denn als ich für den letzten Stint die weichen Reifen aufzog, war ich schneller und das Auto war besser im Handling, also wären die weichen wohl auch im mittleren Stint schneller und besser gewesen. Aber ich denke, das Endergebnis wäre genau dasselbe geblieben, wenn ich die gleiche Mischung wie Lewis (Hamilton; Anm. d. Red.) und Felipe verwendet hätte. Ich wäre ebenfalls das gesamte Rennen hinter ihnen gewesen."

Frage: "Ist Lewis Hamilton nun ein anderer Gegner als noch vor ein paar Rennen?"
Alonso: "Nein. Ich denke, er ist immer noch derselbe. Er ist noch immer mein Teamkollege. Nach ein oder zwei Rennen sahen wir ihn schon als Titelanwärter - und das tun wir noch immer. Auf eine bestimmte Weise sehe ich ihn wie Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) oder Felipe als Gegner in der WM. Ich muss alle schlagen, wenn ich Champion werden will, aber er ist der, der mir am wenigsten Kopfzerbrechen bereitet, weil er mein Teamkollege ist und wir uns gegenseitig helfen sollten. Ich mache mir mehr sorgen um die Pace von Ferrari als darum, dass Lewis zwei Punkte vor mir ist."