Alonso über Titel, Tore und Meisterschaften
Fernando Alonso erwartet nur wenige Verschiebungen bei seinem Heim-Grand-Prix in Barcelona: "Wir hatten uns mehr erhofft vom Auftakt"
(Motorsport-Total.com) - Fernando Alonso ist mit viel Optimismus in die neue Saison gestartet, doch der Renault R29 hielt in den ersten vier Rennen nur selten das, was er versprach. Nach einem fünften Rang in Melbourne folgten zwei Nullnummern, erst in Bahrain konnte der spanische Ex-Weltmeister wieder einen Zähler ergattern. Vom Kampf um die Formel-1-Krone ist der stolze Asturier derzeit weit entfernt. Dennoch behielt Alonso im Rahmen der Pressekonferenz am Donnerstag die Ruhe.

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Denkerpose: Fernando Alonso grübelt über die Renault-Performance
Frage: "Fernando, du hast hier 2006 gewonnen und drei weitere Male auf dem Podest gestanden. Es ist dein Heimrennen. Magst du die Strecke?"
Fernando Alonso: "Ja, ich mag sie. Wir testen im Winter hier immer sehr viel und die anderen kennen die Strecke ebenso gut. Es ist nicht nur für mich ein Heimrennen, sondern alle anderen fühlen sich hier auch schon heimisch. Für mich ist es ein besonderes Rennen. Die Atmosphäre hier ist klasse und ich bekomme viel Unterstützung von den Fans. Das kann ich richtig spüren. Es ist für mich in jedem Jahr toll, hierher zu kommen. In diesem Jahr ist das nicht anders. Das gesamte Team gibt immer 120 Prozent, aber hier sind es sogar 130 Prozent, denn alle werden hier unterstützt, auch unsere Mechaniker."#w1#
Die ersten vier Rennen: Ein kleiner Schock
Frage: "Pat Symonds hat gesagt, dass der bisherige Saisonverlauf eine Enttäuschung war. Wie siehst du das?"
Alonso: "Als wir die Wintertests in Jerez abgeschlossen hatten, waren wir alle sehr optimistisch. Wir waren im Winter immer mehr oder weniger konkurrenzfähig. Wir wussten nicht, was die anderen machen, waren aber mit unseren eigenen Leistungen immer gut zufrieden. Die Balance war gut und wir hatten keine großen Probleme. Also sind wir nach Australien geflogen und waren uns sicher, dass wir um Podestplätze kämpfen können. Doch das war nicht der Fall. Wir waren von der Konkurrenzfähigkeit der anderen Teams überrascht."
"Wir hatten gesehen, dass Brawn schnell sein würde, aber wir waren sicher, dass wir Red Bull und Williams hinter uns lassen könnten. Seit Australien haben wir uns verbessert. Wir haben in China ein Update gehabt, einige neue Teile in Bahrain und hier nochmal. Wir versuchen aufzuholen, aber wir hatten uns bestimmt von den ersten vier Rennen mehr erwartet. Fünf Punkte sind nicht genug, um in den WM-Kampf eingreifen zu können."
Frage: "Vor eurer Box stehen jede Menge Kisten mit anscheinend neuen Teilen. Wie viel erwartet ihr an diesem Wochenende?"
Alonso: "Ich fürchte, das wird nicht allzu viel. Wir haben zwar Verbesserungen im Gepäck, aber wir können kaum einschätzen, wie viel es bringen wird. Es kann eine Zehntelsekunde bringen, vielleicht auch zwei oder vier. Wer weiß? Speziell bei diesem Rennen werden alle Teams neue Teile ans Auto bringen, also legen alle um zwei, vier oder sechs Zehntelsekunden zu. Wir werden eben diese zwei, drei Zehntel zulegen und daher erwarten wir auch, vielleicht in der gleichen Position zu sein wie zuvor."
¿pbvin|512|1518||0pb¿Frage: "Es wird ein Budgetlimit eingeführt. Dies grenzt zwar die Fahrergehälter aus, aber kannst du dir dennoch vorstellen, dass auch die Fahrer in Zeiten der Krise Gehaltseinbußen hinnehmen müssen?"
Alonso: "Das wird von Fahrer zu Fahrer unterschiedlich sein."
Frage: "Wirst du selbst den Gürtel enger schnallen müssen?"
Alonso: "So etwas muss man mit dem Team besprechen. Wir alle stecken in dieser Krise, jedes Unternehmen, jeder Chef. Alle Chefs werden bei ihren Angestellten um Gehaltsreduzierung fragen. Dann kann man entweder zustimmen oder eben nicht."
Button ist Favorit, aber noch nicht Champion
Frage: "Jenson Button war im vergangenen Jahr ganz hinten und jetzt ist er der große Titelfavorit. Bedeutet das, dass die Technik über den Titel entscheidet? Sind die Fahrer nicht wichtig?"
Alonso: "Diese Saison ist es genauso wie in allen zurückliegenden Jahren auch. Jenson war sicherlich im vergangenen Jahr kein schlechterer Fahrer, auch wenn er nur um die allerletzten Plätze gekämpft hat. Er war in seiner gesamten Karriere stark, hat 2004 schon um Podestplätze gekämpft und wurde Dritter in der Meisterschaft. Jenson war immer konkurrenzfähig."
"In diesem Jahr hat er das richtige Auto und er zeigt, dass er um Siege und um den Titel kämpfen kann. Das freut mich für ihn. In der Formel 1 geht es immer um das Gesamtpaket: Team, Fahrer, Auto, Ingenieure und Glück. Viele Faktoren können Rennsiege oder den Titelgewinn beeinflussen. Wir respektieren uns alle gegenseitig, denn wir alle sind gute Fahrer. Manchmal wissen wir eben, dass wir ein gutes Autos haben und dann gibt es andere, die in Problemen stecken. Dann musst du dein Team aufbauen und dafür sorgen, dass dein Auto konkurrenzfähiger wird, damit du den Titel holen kannst."
Frage: "Du hattest am Ende des Rennens in Bahrain einen Schwächeanfall. Lag das an deiner Gewichtsabnahme vor Saisonbeginn? Ist das eine Gefahr für die Sicherheit?"
Alonso: "In Bahrain hatte ich speziell das Problem, dass ich zu viel Wasser verloren hatte. Ich habe im Rennen fünfeinhalb Kilogramm ausgeschwitzt. Das ist nicht normal. Wir hatten ein Problem mit einem Kühler und es strömte heiße Luft ins Cockpit. Ich habe mir den Hintern und den Rücken im Sitz verbrannt. Daher habe ich viel mehr Wasser verloren als sonst."
"Es kamen da unglückliche Umstände zusammen. Nach den ersten drei Rennen der Saison war ich viel fitter als im Vorjahr. Wir fahren mit weniger Abtrieb, also strengt man sich in den schnellen Kurven nicht mehr so an. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich sonst nichts geändert, auch wenn die Piloten etwas abgenommen haben."
Frage: "Wird das relevant für die Sicherheit?"
Alonso: "Nein, das sollte kein Problem sein."
Formel 1 ohne Ferrari? Undenkbar!
Frage: "Lewis Hamilton baut seinen Ruf nach der Lügenaffäre wieder neu auf. Was hälst du von ihm als Sportsmann?"
Alonso: "Ich sage immer wieder das gleiche. Ich war ein Jahr lang bei McLaren und hatte mit Lewis eigentlich kein Problem. Wir hatten einen tollen Zweikampf, der uns beide an die Grenzen getrieben hat. Manchmal vermisse ich dieses Duell, denn es hat mir Spaß gemacht, dermaßen ans Limit zu gehen. Ich hatte nur Probleme mit den Chefs und der Philosophie im Team. Daher habe ich entschieden, das Team zu verlassen."
"Lewis war immer ein großartiger Fahrer, ein echter Champion, der in seiner ersten Saison im Titelkampf war und im zweiten Jahr Weltmeister wurde. Seinen Ruf erhält er sich ganz einfach indem er weiter gewinnt. Er wird seine Fans glücklich machen damit und darum geht es doch: Er muss seinen Job gut machen. Wir können doch nur Rennen fahren, Siege holen, Titel gewinnen. Mehr geht nicht."
Frage: "Du sagst, dass alle Teams zulegen und die Positionen in etwa gleich bleiben. Heißt das, dass Jenson Button und Brawn die Meisterschaft schon im Sack haben?"
Alonso: "Wir müssen mal abwarten, denn vielleicht gibt es ja doch einige Verschiebungen. Wir haben aber auch schon erlebt, dass es manchmal nicht reicht, selbst wenn du das schnellste Auto hast. Du musst auch ankommen. Man muss in einigen Momenten des Titelkampfes auch das nötige Glück haben. Wir werden es sehen."
"Ich glaube nicht, dass die Meisterschaft schon entschieden ist. Es ist wie im Fußball. Da kannst du auch nach vier Spieltagen noch keine Prognose abgeben. Die Meisterschaft ist lang und es kann jederzeit etwas passieren. Zurzeit ist Brawn der Favorit, das gilt auch für dieses Rennen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie hier ganz sicher gewinnen werden."
Frage: "Ich will dich nicht in Probleme mit Fans stürzen, aber: Was hast du gestern Abend empfunden, als Iniesta das wichtige Tor für Barcelona in der Championsleage gegen Chelsea geschossen hat?"
Alonso: "Ein spanisches Team steht im Finale und das sind doch gute Nachrichten. Mich freut es für Barcelona und deren Fans. Klar, ich bin Fan von Real Madrid. Für mich war es am Wochenende viel schlimmer, als wir zuhause verloren haben. In der Championsleague ist es aber wichtig, dass ein spanisches Team weitergekommen ist. Ich habe viele Freunde, die Barcelona-Fans sind. Für die freut es mich natürlich auch."
Frage: "Max Mosley hat im Zuge des Streits um die neuen Regeln gesagt, dass er sich eine Formel 1 ohne Ferrari vorstellen kann. Bist du ähnlicher Ansicht?"
Alonso: "Nein, vollkommen undenkbar."

