Alonso: "Man achtet auf die Titelanwärter"
Fernando Alonso über die jüngsten Aussagen seines künftigen Teamkollegen Felipe Massa und seine Rolle im WM-Dreikampf
(Motorsport-Total.com) - Felipe Massa hat sich kürzlich darüber aufgeregt, dass ihm die Renault-Manipulation des Rennens in Singapur 2008 den WM-Titel gekostet haben könnte. Pikant: Für Renault fuhr damals ausgerechnet sein künftiger Ferrari-Teamkollege Fernando Alonso. Der spielte die Massa-Statements heute bei der Interviewrunde in São Paulo aber ebenso herunter wie seine Rolle im Titeldreikampf.

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Fernando Alonso freut sich schon auf die nächste Saison bei Ferrari
Frage: "Fernando, hat gestern schon der Psychokrieg mit Felipe Massa begonnen, wenn du an seine Aussagen hinsichtlich Singapur 2008 denkst?"
Fernando Alonso: "Nein, das denke ich nicht. Zunächst einmal weiß ich gar nicht, ob er das wirklich so gesagt hat. Vielleicht war es ein Missverständnis zwischen Felipe und den Medien oder was auch immer. Später hat er sich anders geäußert. Für mich ist das aber nicht wichtig und ich bin deswegen nicht besorgt. Der Weltrat hat in seinem Statement eindeutig beschrieben, dass ich nichts mit den Ereignissen von Singapur 2008 zu tun hatte, dass ich nichts getan und nichts gewusst habe. Daran besteht kein Zweifel. Daher gebe ich auf diese Storys nicht allzu viel."#w1#
Alonso freut sich auf Ferrari
Frage: "Aber sagt es nicht viel über eure zukünftige Beziehung aus, wenn dich dein baldiger Teamkollege des Betrugs beschuldigt?"
Massa: "Vielleicht hat er es ja nicht so gesagt. Das wird unsere Beziehung nicht beeinträchtigen. Ich glaube, dass es toll wird, denn bei Ferrari ist das Team wichtiger als die Einzelperson. Alle Mechaniker, die Ingenieure, die Leute in der Fabrik, Stefano (Domenicali; Anm. d. Red.), Präsident Montezemolo - alle gehören zum Team. Ferrari ist wie eine große Familie. Ich denke, es wird eine gute Gruppe und Felipe und ich werden ein starkes Team sein. Jetzt, wo er sich nach seinem Test in Italien erholt, haben wir sehr gute Nachrichten für nächstes Jahr."
Frage: "Felipe wird morgen hier sein. Wirst du dich mit ihm unterhalten, um da gar nicht erst Probleme entstehen zu lassen?"
Alonso: "Vielleicht werden wir uns unterhalten, aber nicht über dieses Thema. Wenn wir uns unterhalten, dann mehr über seine Genesung, die gut zu verlaufen scheint, und über seine Erfahrungen mit Ferrari. Er ist schon seit drei oder vier Jahren dort. Ich muss diese Erfahrung aufsaugen und dann schneller lernen, als es sonst möglich wäre. Alles, worüber ich dieser Tage mit Felipe rede, hilft mir dabei, das Team schneller kennen zu lernen. Wir haben für nächstes Jahr nur ein Ziel, nämlich Ferrari an die Spitze der Formel 1 zu bringen. Ich glaube, Felipe und ich können das schaffen."
Frage: "Wie würdest du deine Beziehung zu Felipe beschreiben?"
Alonso: "Ich denke, die ist gut. Ich habe an ihm nichts auszusetzen. Wir hatten schon ein paar Fights auf der Strecke, zum Beispiel in Barcelona 2007 oder am Nürburgring 2007. Seither haben wir aber ein gutes Verhältnis aufgebaut, ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Ich habe ihm im Vorjahr die Daumen gedrückt, weil ich fand, dass er den Titel verdient gehabt hätte. Am Ende klappte es nicht. Ich bin sicher, wir werden gut miteinander auskommen - wie mit jedem Fahrer."
Frage: "Drückst du auch dieses Jahr irgendjemandem die Daumen?"
Alonso: "Nein, aber Jenson ist Favorit. Er hat zwei Rennen vor Schluss 14 Punkte Vorsprung und ich kann nicht sehen, wie er das noch verlieren soll. Ich glaube, er kann schon dieses Wochenende Weltmeister werden."
Formel 1 ist unvorhersehbar
Frage: "Als du 2007 gegen deinen Teamkollegen Lewis Hamilton gekämpft hast, wurde Kimi Räikkönen doch noch Weltmeister, obwohl er schon 17 Punkte Rückstand hatte. Kann Sebastian Vettel so etwas auch schaffen?"
Alonso: "In der Formel 1 kann alles passieren, das ist ja das Schöne an diesem Sport. Bis zur Zielflagge kann man sich nie sicher sein. Sebastian wird bis zur letzten Chance pushen, genau wie Rubens, für den es besonders schön wäre, sein Heimrennen hier in Brasilien zu gewinnen. Aber Jenson braucht dank seiner 14 Punkte Vorsprung nur zwei halbwegs gute Resultate, dann hat er es in der Tasche. Ich bin dennoch gespannt, denn in Brasilien hat es schon viele tolle Rennen gegeben - langweilig wird es hier nie! Es gibt hier immer Action und das Wetter kann innerhalb von 15 Minuten kippen. Ich glaube, uns erwartet hier ein spannendes Wochenende."
Frage: "Du sagst, du willst deine Karriere bei Ferrari beenden, aber das hatte Kimi auch vor. Er hatte sogar einen Vertrag für nächstes Jahr und ist trotzdem weg. Machst du dir Sorgen, dass deine langfristige Zukunft bei Ferrari womöglich doch nicht so sicher sein könnte?"
Alonso: "Jetzt mache ich mir keine Sorgen. Ich bin noch nicht einmal dort, da denke ich doch noch nicht an Abschied! Hoffentlich kann ich meine Jahre dort fahren, das ist zumindest der Plan. In der Formel 1 weiß man nie, aber ich werde mein Bestes geben und so professionell ich kann mit dem Team arbeiten. Dann sind sie bestimmt zufrieden mit mir und werden mich behalten."
Frage: "Was ist deiner Meinung nach der Schlüssel zu Jensons WM-Titel? Ist es zu gefährlich, nur auf Punkte zu fahren?"
Alonso: "Ja. Das ist nicht ideal. Du musst das Rennen so angehen, als wäre es ein ganz normales Rennen. Wenn du mit dem Plan ins Rennen gehst, hier und in Abu Dhabi jeweils drei Punkte zu holen, dann wird es gefährlich. Ich bin sicher, er wird sein Bestes geben - und sollte es wirklich regnen, dann kommt ihm das entgegen, denn Jenson ist ein sehr guter Regenfahrer. Von einem guten Startplatz wird er auch ein gutes Rennen fahren, da bin ich mir sicher. Red Bull und Brawn werden hier die besten Autos sein, daher hat Jenson Chancen auf das Podium, das ihm den WM-Titel sichern würde. Es sieht gut für ihn aus."
Frage: "Wirst du die im Titelkampf stehenden Fahrer attackieren, wenn du eine Chance hast, einen von ihnen zu überholen?"
Alonso: "Leider sind wir im Moment nicht in der Position, einen der Topfahrer anzugreifen. Wenn wir dazu in der Lage sein sollten, dann werden wir auch unser eigenes Rennen fahren, aber natürlich achtet man ein bisschen auf die drei Titelanwärter. Man will schließlich nichts unternehmen, was den Ausgang der Weltmeisterschaft beeinflusst."

