• 18.10.2007 19:52

Alonso: "Es liegt nicht nur an mir selbst"

Fernando Alonso im PK-Interview über die Ausgangslage vor dem Saisonfinale, sein Verhältnis zu Lewis Hamilton und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, du kamst in den vergangenen beiden Jahren als WM-Führender nach Brasilien. Wie anders ist es diesmal, wo du vier Punkte Rückstand auf Lewis Hamilton hast?"
Fernando Alonso: "In den vergangenen beiden Jahren war ich vorne, jetzt bin ich hinten. Das ist der Hauptunterschied."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso glaubt noch an seine Chance auf den WM-Titel

"Manchmal muss man nur konservativ sein, seinen Job machen und auf einer bestimmten Position ins Ziel kommen, aber dieses Jahr muss ich mehr als das tun. Ich muss das Rennen gewinnen, vorne sein und brauche auch noch eine bestimmte Konstellation der anderen Anwärter. Es ist schwieriger."#w1#

Alonso fühlt sich in Interlagos wohl

Frage: "Im Vorjahr warst du auf Pole Position, in den vergangenen vier Jahren kamst du immer in die Punkte. Wie fühlst du dich auf dieser Strecke? Ist es eine Glücksstrecke, eine gute Strecke für dich?"
Alonso: "Es ist definitiv eine Glücksstrecke für mich, denn ich habe die vergangenen beiden Weltmeisterschaften hier gewonnen. Da kann ich schlecht sagen, dass ich diese Strecke nicht mag. Natürlich liebe ich diesen Ort, diese Strecke - ich habe schöne Erinnerungen, wenn ich hier im Fahrerlager oder im Hotel ankomme. Alles ist mit einem guten Gefühl verbunden, daher wird es dieses Jahr hoffentlich noch besser."

"Sollten wir ein Grainingproblem haben, dann wird es wohl für alle gleich sein." Fernando Alonso

Frage: "Mir ist aufgefallen, dass McLaren-Mercedes mit den weicheren Reifen öfter Probleme mit Graining hat. Was denkst du darüber?"
Alonso: "Ich denke, mit den weichsten Mischungen ist es schwer zu sagen, was im Rennen oder an diesem Wochenende passieren wird, weil neu asphaltiert wurde. Niemand weiß, wie die Reifen funktionieren werden. Sollten wir ein Grainingproblem haben, dann wird es wohl für alle gleich sein. Bisher haben wir alle Rennen mit den superweichen Reifen gewonnen - Monaco, Kanada, noch irgendwo, Ungarn, glaube ich. Daher machen wir uns deswegen keine Sorgen."

Frage: "Bereitest du dich auf dieses Rennen anders vor als auf andere?"
Alonso: "Nein, genau wie immer."

Frage: "Vor vier oder fünf Rennen hast du über eine bestimmte Herangehensweise gesprochen. Hast du dich daran gehalten?"
Alonso: "Jetzt denke ich mehr an die Meisterschaft, wenn wir das Wochenende angehen. Vor fünf oder sechs Rennen habe ich mich nur auf meinen Job konzentriert, bin jedes Wochenende wie das letzte der Weltmeisterschaft angegangen."

"Jetzt denkt man mehr an die Weltmeisterschaft, also sorgt man sich im Auto nicht so sehr wegen des Rennresultats, sondern wegen der Punkte, die man benötigt. Vor allem im letzten Rennen hat man genau im Kopf, welche Kombinationen ausreichen würden und welche nicht. Du versuchst, dein Maximum zu geben, dein Bestes. Es liegt aber nicht nur an mir selbst."

Frage: "Hast du alle Punktekombinationen genau im Kopf?"
Alonso: "Ja."

Frage: "Mit Lewis Hamilton hattest du deine Höhen und Tiefen. Wie würdest du euer Verhältnis vor diesem letzten Rennwochenende beschreiben?"
Alonso: "Die Medien haben viel über uns geschrieben, was einfach nicht stimmt. Wir hatten nie Probleme miteinander. Natürlich kämpfen wir auf der Strecke gegeneinander, aber abseits der Rennstrecke verstehen wir uns sehr gut. Das ist immer noch unverändert."

Harter Konkurrenzkampf mit Hamilton

Frage: "Nimmt dein schwieriges Verhältnis zu Lewis Hamilton nicht einen Teil deiner Jugend weg - dieser Streit, dieser Konflikt? Ist das menschlich gesehen nicht Zeitverschwendung?"
Alonso: "Ich sehe das nicht so. Wir stehen im Wettbewerb, also lieben wir den Wettbewerb. Wären wir nicht in der Formel 1, dann vielleicht in einem anderen Sport, in dem wir einen anderen Gegner hätten. Es ist unser Leben. Wir lieben den Wettbewerb und Autos und wir sind jetzt in der Formel 1. Das genießen wir."

"Außerhalb der Strecke hat jeder einen anderen Charakter." Fernando Alonso

"Dieser Konflikt... Außerhalb der Strecke hat jeder einen anderen Charakter und eine andere Lebensweise, aber hier im Paddock gewinnen wir manchmal und manchmal verlieren wir. Wir haben unsere enttäuschenden Tage, aber das gehört zum Wettbewerb dazu. Das gefällt uns."

Frage: "Ihr beide, also Lewis Hamilton und du, wirkt an diesem Wochenende im Umgang miteinander entspannter als sonst. Stimmt dieser Eindruck?"
Alonso: "Ich sehe das genauso wie immer. Ihr seht uns ja nur im Qualifying und während der Pressekonferenzen des Teams zusammen, dann noch mal nach dem Qualifying. Da sind wir total auf das Rennen konzentriert, auf die Strategie und so weiter. Das ist kein entspannter Moment. An diesem Donnerstag ist nichts anders als in den vergangenen zehn Monaten."

Frage: "In Belgien wärst du beinahe mit Lewis Hamilton kollidiert. Auch hier ist die erste Kurve kritisch. Kimi Räikkönen würde sich eine Kollision natürlich wünschen. Habt ihr das im Team miteinander besprochen?"
Alonso: "Ich muss das Rennen beenden. Sicher muss ich gegebenenfalls etwas riskieren, wenn ich dadurch Positionen gutmachen kann, aber mein Hauptziel ist, das Rennen zu beenden."

Frage: "Die FIA hat für dieses Wochenende einen Aufpasser abgestellt, um Gleichstellung bei McLaren-Mercedes zu gewährleisten. Freut dich das? Gibt es dir ein Gefühl von Sicherheit?"
Alonso: "Nicht wirklich, nicht wirklich. Ich stimme mit dieser Entscheidung wahrscheinlich nicht überein, aber es liegt nicht an uns. Ich denke, sie entscheiden das. Es ist okay, aber wir können so etwas in unserer Garage nicht gebrauchen."

Kein getrübtes Vertrauen im Team?

Frage: "Vertraust du dem Team?"
Alonso: "Ja. In China war ich enttäuscht über die Performance im Qualifying. Es war sehr merkwürdig, dass ich nach starken Leistungen in Q1 und Q2 in Q3 auf einmal so weit hinter der Pole Position lag, aber wir realisierten dann, dass wir mit dem Reifendruck ein bisschen zu hoch lagen. Das kann in jedem Qualifying passieren, daher glaube ich einfach mal, dass das Zufall und Pech war. In diesem Rennen sollte es okay sein."

"Ich mache mir deswegen keine Sorgen." Fernando Alonso

Frage: "Wie hast du auf die Aussage von Ron Dennis in China reagiert, dass das Team mit Lewis Hamilton nicht gegen Kimi Räikkönen, sondern gegen dich gefahren ist?"
Alonso: "Ich war überrascht. Schwer zu sagen, ob es stimmt oder ob es nur normale Worte nach einem Rennen waren, die einfach falsch aufgefasst wurden. Ihr könnt Probleme heraufbeschwören, indem ihr mir diese Fragen stellt und nicht ihm. Ich sehe das nicht als merkwürdig an, nur als Überraschung, aber ich mache mir deswegen keine Sorgen."

Frage: "Angenommen, du solltest Weltmeister werden: Wäre das der schwierigste Triumph deiner Karriere?"
Alonso: "Ich weiß es nicht, denn ich kann ja nicht in der Zeit zurückreisen und mich daran erinnern, wie es im Vorjahr war, als ich im letzten Teil der Weltmeisterschaft gegen Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) kämpfen musste, der in jedem Rennen Punkte aufholte. Ich verlor meinen Vorsprung, daher war es ein schwieriger Fight mit einem besonderen Gefühl am Ende. Wenn dieses Wochenende alles gut läuft, dann habe ich ja noch einmal die Gelegenheit, die Gefühle aus dem Vorjahr mit den neuen aus diesem Jahr zu vergleichen."

Frage: "Du hast früher oft darüber gesprochen, dass Ayrton Senna eine Inspiration für dich war, vielleicht sogar mit ein Grund für deinen Wechsel zu McLaren. Fühlst du dich mit ihm besonders verbunden, wenn du in sein Heimatland kommst? Verspürst du etwas Besonderes?"
Alonso: "Als ich Karts gefahren bin, hatte ich viele Bilder von ihm in meinem Zimmer hängen und ich habe mir immer Sennas Rennen angeschaut, denn er war mein Lieblingsfahrer."

"Als ich in die Formel 1 kam, war er mein Vorbild. Es ist schön, hierher zu kommen, denn in Brasilien gibt es eine große Begeisterung für die Formel 1 - die Leute, in den Hotels, auf der Straße. Jeder liebt die Formel 1, daher wird einem klar, dass es ein besonderes Rennen ist, ein sehr wichtiger Ort."