• 19.10.2006 20:40

Alonso: "Die Fahrer-WM hat eindeutig Priorität"

WM-Favorit Fernando Alonso über seine Nervosität vor dem großen Finale, seine Vorbereitungen und Vergleiche zum Titelkampf im Vorjahr

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, vor einem Jahr war deine Ausgangsposition vor Brasilien ähnlich wie diesmal. Ist der Druck jetzt höher als damals?"
Fernando Alonso: "Gleich, denke ich. Wenn man die Chance hat, Weltmeister zu werden, hat man immer Druck, weil die Motivation da ist, der Traum noch einmal erreicht werden kann. Vergangenes Jahr hatte ich drei Möglichkeiten: hier, in China und in Japan, während es diesmal nur dieses eine Rennen ist. Jetzt kann ich es mir halt nicht leisten, mir diese Möglichkeit entgehen zu lassen. Volle Konzentration!"

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Nervös, ohne flattrige Nerven: Fernando Alonso macht einen guten Eindruck

"Ich denke, das Team ist für diesen letzten Kampf bereit. Ich auch, und dank des Resultats von Japan kommen wir in einer guten Position hierher. Wir werden unser Bestes geben und den letzten Teil des Jobs auch zu erledigen versuchen."#w1#

Fahrer-WM wichtiger als der Konstrukteurstitel

Frage: "Einerseits kannst du vorsichtig fahren, weil du nur einen Punkt brauchst, andererseits ist ja auch die Konstrukteurs-WM noch offen..."
Alonso: "Ja, aber die Fahrer-WM hat eindeutig Priorität - nicht nur für mich, sondern für alle. Wir sehen die Publicity auf den Autobahnen, überall, angefangen in China. Da sieht man nur Michaels (Schumacher; Anm. d. Red.) und Alonsos Gesicht auf den Plakaten. Die Logos von Ferrari oder Renault sind nicht drauf. Ich denke, die Leute behalten in Erinnerung, wer Weltmeister wird und auf welchem Auto, aber wer Konstrukteursweltmeister war, das weiß in zehn Jahren niemand mehr. Natürlich ist es eine wichtige Meisterschaft, aber das Team und ich werden in erster Linie versuchen, die Fahrer-WM zu gewinnen. Wenn es uns dann auch noch gelingt, die Konstrukteurs-WM einzutüten, dann umso besser für nächstes Jahr, für die Preisgeldverteilung, für die Position und die Marke, aber wir werden sehen."

"Ich will mich immer heraushalten, aber manchmal ist es schwierig." Fernando Alonso

Frage: "Du hast gesagt, dass du dich aus Rangeleien heraushalten möchtest, aus engen Zweikämpfen. Ist das so?"
Alonso: "Ich will mich immer heraushalten, aber manchmal ist es schwierig, wenn man immer vorne ist und alle auf einen schauen, was man macht und was nicht. Diese Woche haben wir einmal beim Test mit Piquet in Silverstone unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben das Auto hergerichtet, ich habe mich körperlich vorbereitet. Es war eine schwierige Woche, denn ich habe meistens trainiert, saß auf dem Mountainbike, war aber in allem sehr vorsichtig, weil ich mich nicht verletzen wollte. Insofern war es ziemlich entspannt. Ich wollte hier mit maximaler Konzentration anreisen, denn wir dürfen uns keine Fehler leisten."

Frage: "Machst du dir Sorgen, dass das Rennen am Sonntag unfair verlaufen könnte?"
Alonso: "Nein, überhaupt nicht. Ich denke, alle Fahrer wünschen sich im letzten Rennen ein gutes Resultat, denn die Motivation ist die gleiche wie beim ersten Rennen. Es ist das letzte Rennen und alle wollen vor dem Winter ein gutes Resultat, daher erwarte ich ein ganz normales Rennen."

Frage: "Du hast eine andere Motorenausbaustufe als Giancarlo Fisichella. Bedeutet das, dass du eine konservativere Strategie verfolgst als er?"
Alonso: "Nein, die sollte gleich sein. In Sachen Motor gibt es einen Unterschied, denn ich verwende den gleichen Motor wie schon in den letzten Rennen, während Giancarlo eine Ausbaustufe bekommt, aber der Leistungsunterschied sollte nicht zu eklatant sein, nicht einmal eine Zehntelsekunde - viel weniger. Daher wird das in Sachen Rundenzeit oder Strategie nicht weit auseinanderklaffen. Wir brauchen mit beiden Autos ein normales Rennen - wie vor einem Jahr am Saisonende -, und wir sollten im Idealfall beide Autos auf das Podium bringen. In China waren wir Zweiter und Dritter und in Japan Erster und Dritter. Vielleicht können wir das wiederholen."

Kein spezieller Glücksbringer für Brasilien

Frage: "Hast du einen Glücksbringer für dieses Rennen?"
Alonso: "Nichts (zeigt mit dem Finger gen Himmel; Anm. d. Red.)!"

"Es wird ein besonderer Ort, wenn ich am Sonntag gewinne." Fernando Alonso

Frage: "Ist Brasilien ein spezieller Ort für dich?"
Alonso: "Es wird ein besonderer Ort, wenn ich am Sonntag gewinne, wenn ich meinen zweiten Titel in Brasilien gewinne. Wenn ich verliere, dann auch, denn dann hätte ich die sehr schlechte Erinnerung, die Weltmeisterschaft mit zehn Punkten Vorsprung noch verloren zu haben..."

Frage: "Im Vorjahr warst du noch nicht Weltmeister, jetzt schon. Hat dir das im Titelkampf geholfen?"
Alonso: "Ich weiß nicht. Manchmal ja. Um sich voll zu bemühen und die Motivation zu finden, hilft es schon, wenn man weiß, wie man es im Vorjahr genossen hat, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Das möchte ich wiederholen - und ich möchte die Eins auf dem Auto behalten. Außerdem möchte ich das Beste für den Sport und für das Team geben. Die Erfahrung eines wichtigen Jahres, wenn man zum ersten Mal Weltmeister wird, vergisst man nie. Das hilft einem in der Karriere bestimmt."

Frage: "Wie vergleichst du den diesjährigen Titelkampf mit jenem gegen Kimi Räikkönen im Vorjahr?"
Alonso: "Es ist ganz anders. Dieses Jahr hatten wir den gleichen Vorsprung im ersten Teil der Saison, 20 bis 25 Punkte, aber vergangenes Jahr konnten wir ihn durch die mechanischen Probleme von McLaren stabil halten. Der McLaren war aber schneller, so dass es unmöglich war, gegen sie zu fighten, aber dann hatten sie wieder Probleme und wir holten uns den Vorteil zurück. Gegen Ferrari können wir auch manchmal fighten, wir können gewinnen oder verlieren, aber das Gefühl, das ich vergangenes Jahr hinsichtlich der Weltmeisterschaft, hinsichtlich des Sports und so weiter hatte, das war viel besser."

Alonso freut sich über Siege bei Klassikern

Frage: "Was ist deine beste und was deine schlechteste Erinnerung an dieses Jahr?"
Alonso: "Die beste war sicher der Sieg bei meinem Heimrennen in Barcelona, aber es war auch toll, zum ersten Mal in Monaco zu gewinnen, ebenso in Silverstone und Suzuka. Das sind große Strecken der Formel 1. Die schlechteste Erinnerung sind die ganzen Strafen."

"Ich hoffe, dass sie 2007 wieder das beste Auto haben werden." Fernando Alonso

Frage: "Was erwartest du dir im nächsten Jahr von McLaren-Mercedes?"
Alonso: "Schwer zu sagen. Ich möchte das selbst beantworten können, aber wir müssen abwarten, was nächstes Jahr passiert. Jedes Jahr ist anders. 2004 war McLaren runter auf Platz fünf in der Weltmeisterschaft, aber 2005 hatten sie das beste Auto. 2006 haben sie wieder Probleme, daher hoffe ich, dass sie 2007 wieder das beste Auto haben werden. Jedes Jahr gibt es neue Autos und neue Regeln, außerdem werden alle die gleichen Reifen haben. Mal schauen, wie alle mit den Bridgestones zurechtkommen. Ich weiß, dass McLaren alles für die Weltmeisterschaft geben wird - und auch ich will alles geben, daher können wir gemeinsam hoffentlich etwas bewegen. Vor dem ersten Rennen kann man dazu aber fast nichts sagen."

Frage: "Bittest du dein Team um eine frühzeitige Freigabe für die Wintertestfahrten?"
Alonso: "Ich treibe da niemanden an, denn zuerst einmal will ich Weltmeister werden. Am Montag werden wir dann schauen, ob ich früher als vor Jahresende testen kann, denn das wäre eine Hilfe, aber im Grunde genommen passiert ja vor den 2007er-Autos eh nichts. Im Januar geht es dann richtig los, daher ist es kein Drama, wenn man vorher nicht testen kann."