• 31.01.2010 19:31

  • von Dieter Rencken

Allison: "R30 ist beträchtlich graziöser und attraktiver"

Der Technische Direktor des Renault-Teams spricht über die Entwicklungsarbeit am diesjährigen R30 und die Auswirkungen des Tankverbots

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie dicht ist das Auto an jenem Auto dran, das Sie beim ersten Rennen in Bahrain fahren werden?"
James Allison: "Nun, es gibt einige Dinge, die schwierig auszutauschen sind, wenn man sie erst einmal am Auto hat, und andere, die vom Reglement vorgegeben sind, wie zum Beispiel die seitlichen Crash-Strukturen. Die meisten Aerodynamik-Komponenten werden noch getauscht, es gibt einen neuen Diffusor, einen neuen Frontflügel und einen neuen Heckflügel. Aber das ist nichts Außergewöhnliches."

Titel-Bild zur News: Renault R30

Der Renault R30 soll den Franzosen wieder Siege bescheren

Frage: "Ihr Frontflügel sieht aus, als wäre es jener vom Vorjahr."
Allison: "Nein, das ist nicht der Fall, aber wir werden einen anderen Flügel haben."#w1#

Frage: "Haben Sie heute das Auto von 2009 vorgestellt oder ist es jenes von 2010?"
Allison: "Der Frontflügel war von 2009, das Auto war zum großen Teil jenes von 2010."

Frage: "Was ist der Zweck der schwarzen Platte am Heck?"
Allison: "Dass man den Diffusor nicht sehen kann. Der Diffusor ist ein ziemlich sensibles Gebiet des Autos."

Frage: "Werden wir ihn morgen sehen?"
Allison: "Nein. Angesichts der Millionen von Kameras kann man ihn sich dann sehr genau anschauen."

Frage: "Was waren die Herausforderungen beim Design des neuen Autos?"
Allison: "Natürlich die Anpassung des Autos an das Tankverbot. Im Vergleich zu einem Tank mit einem Drittel der Größe ist das in Bezug auf die Unterbringung eine gewaltige Herausforderung. Das beeinträchtigt das Auto überall, nicht nur im Hinblick auf den Platzbedarf. Das setzt auch die Kühlung gewaltig unter Druck. Wenn man einen schweren Tank hat, bedeutet es natürlich, dass kommendes Jahr die Bremsen deutlich mehr belastet werden. Das weitere ist die Tatsache, dass man das Maximum aus der vergangenes Jahr geschaffenen Möglichkeit machen muss, einen Doppeldecker-Diffusor einsetzen zu können. Vergangenes Jahr haben wir ihn an das Auto angepasst, ich bin mir sicher, dass in der Boxengasse dieses Jahr alle diesbezüglich sehr viel Arbeit investiert haben."

Frage: "Wie arbeiten Sie mit Bob Bell zusammen?"
Allison: "Ich habe Bobs Funktion als Technischer Direktor übernommen. Bob ist aufgestiegen und kümmert sich um größere Gebiete des Unternehmens."

Frage: "Machen Sie sich Sorgen, dass es dieses Jahr wieder zu Diskussionen um die Doppeldecker-Diffusoren kommen wird?"
Allison: "Wenn die Leute davon sprechen, dass man den Diffusor ausschöpft, dann meinen sie wohl damit, dass das Berufungsgericht klargestellt hat, wie weit man damit gehen darf. Unter anderem, wie sehr man die Aufhängung mit einbeziehen darf. Vor dieser Anhörung war uns das überhaupt nicht klar. Jetzt, wo Klarheit herrscht, können die Leute extremer vorgehen. Es gibt sicherlich ein paar extreme Diffusoren, aber alle bewegen sich sicherlich innerhalb der Möglichkeiten."

Frage: "Ich habe gehört, dass der Heck-Crashtest dieses Jahr gar nicht so einfach war."
Allison: "Es war zuletzt härter als früher. Vor zwei Jahren haben sie wesentlich schwieriger einzuhaltende Regeln eingeführt. Es ist schnell passiert, dass man die Belastungsgrenze überschreitet oder das das Ganze kollabiert. Wenn man es etwas steifer gestaltet, überschreitet man die Belastungsgrenze, wenn man es weniger steif gestaltet, kollabiert das Ganze schnell."


Fotos: Präsentation des Renault R30


Frage: "Wie groß ist der Unterschied zwischen dem R30 und dem letztjährigen Auto?"
Allison: "Es ist völlig anders, und selbst meine Mutter könnte die externen Unterschiede ausmachen. Der R30 ist beträchtlich graziöser und attraktiver als sein Vorgänger. Diese Veränderungen wurden nicht aus ästhetischen Gründen gemacht, sie sind das Ergebnis intensiver aerodynamischer Entwicklung, von der der R30 profitiert. Unter der Haut sind die Veränderungen beträchtlich. Die größten Unterschiede sind das Ergebnis der Tatsache, wie das Reglement 2010 die Größe des Tanks definiert, und die Optimierung des Autos ohne KERS. Aber es gibt Hunderte anderer Verbesserungen rund um das gesamte Gefährt."

Frage: "Was können Sie uns über das Aerodynamik-Paket sagen? Ist es eher eine Evolution oder eine Revolution?"
Allison: "Wie in jedem Jahr mit stabilen Aerodynamik-Regeln ist die Aerodynamik-Entwicklung eine Mischung aus beidem. Der Windkanal belohnt einen bis zu einem gewissen Grad für sorgfältige iterative Entwicklung, aber die größeren Schritte treten auf, wenn man neue Konzepte einführt. Der R30 stellt in diesem Hinblick keinen Unterschied dar."

Frage: "Wie wichtig war die CFD-Anlage bei der Entwicklung des neuen Autos?"
Allison: "CFD spielt bei der Entwicklung des Autos jedes Jahr eine größere Rolle. Das Renault-F1-CFD-Zentrum konnte sich zwölf Monate eingewöhnen und liefert nun wirklich Ergebnisse, die vom detaillierten Design der Bremsen-Kühlung bis hin zu breiten Aerodynamik-Konzepten für das Layout des Autos gehen. Wir verlassen uns immer mehr auf die CFD-Ingenieure, um den Windkanal mit jeder Menge neuer Aerodynamik-Konzepte zu füttern."

Frage: "Wie wird sich das Tankverbot auf die Strategie auswirken?"
Allison: "Während des Rennens werden sich die strategischen Prioritäten im Vergleich zu den vergangenen Jahren komplett verändern. Um nur ein Beispiel zu nennen: Unter dem Reglement des vergangenen Jahres war es wichtig, dass die Autos hinter dem Safety Car in einen Modus extremen Benzinsparens gingen. Beim Reglement von 2010 müssen wir genau das Gegenteil tun, wir müssen das Auto so anpassen, dass es mehr Benzin verbrennt, als es dies normalerweise tun würde, wenn es langsam fährt, um sicherzustellen, dass wir nicht mehr Benzin mitnehmen, wenn das Safety Car wieder von der Strecke geht."

Frage: "Was sind Ihrer Meinung nach die realistischen Ziele für die vor uns liegende Saison?"
Allison: "Wir haben es zum Ziel, in die Saison 2010 in einer beträchtlich besseren Form zu gehen, als wir die Saison 2009 beendet haben. Die Zeit wird uns zeigen, wie erfolgreich wir diesbezüglich sind. Was auch immer unser Leistungsniveau zunächst sein wird, wir haben ein sehr aggressives Entwicklungsprogramm für das Auto geplant, und wir sind zuversichtlich, dass wir sehr bald wieder um Platzierungen auf dem Podium und Siege kämpfen werden."