Allison: "E20 um Welten besser verarbeitet als R31"

Lotus-Technikchef James Allison erklärt, was den E20 auszeichnet, wieso der Auspuff weiter viele Freiheiten bietet und weshalb Räikkönen sofort schnell sein wird

(Motorsport-Total.com) - Im Vorjahr wurde die Truppe aus Enstone, die jetzt Lotus heißt, Opfer des eigenen Innovationstriebs. Der Front-Auspuff erwies sich trotz verheißungsvollem Beginn als Fehlgriff, weil er kaum Spielraum zur Weiterentwicklung ließ und das Team zwang, kompliziert zu bauen. Der Auspuff musste durch die Seitenkästen auf Höhe des Fahrers geleitet werden - vor allem durch die enorme Hitze zwang das System Technikchef James Allison und seine Truppe zu enormen Kompromissen.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen fuhr im Lotus E20 die beste Testzeit in Barcelona

Fehler, die man beim neuen E20 nicht mehr machte. "Das Auto ist um Welten besser verarbeitet als der R31", sagt der Technikchef gegenüber 'auto motor und sport'. "Es gibt weniger Fugen, Spalten, Kanten. Wir haben sehr darauf geachtet, dass die Luft auf ihrem Weg von den Kühlschächten zum Heck im Inneren des Autos auf möglichst wenig Ecken und Kanten trifft. Alle Blockaden, die den Luftwiderstand erhöhen, wurden konsequent beseitigt."

Das ist auch der Grund, warum Teamchef Eric Boullier regelmäßig von einem gut designten Auto spricht. Nach dem Reinfall im Vorjahr hätte es kaum verwundert, wenn der Teamchef seine Mannschaft zurückgepfiffen und die Order ausgegeben hätte, ein konservatives Auto zu bauen.

Boullier fordert weiter Innovationen

Doch das Gegenteil war der Fall. Am Standort Enstone blieb man nach alter Tradition - die Truppe erfand 2006 den Massedämpfer - innovativ. Das Ergebnis war das reaktive Vorderrad-Aufhängungssystem, das aber noch vor den Wintertests von der FIA verboten wurde.

Dennoch ist Allison dankbar, dass Boullier sein Team weiterhin ermutigt, innovativ zu sein: "Ich kann meinen Chefs nur danken. Sie hatten allen Grund, von uns ein konservatives Auto zu fordern, doch sie haben uns dazu ermutigt, auch weiterhin innovativ zu sein. Sie haben verstanden, dass dieser Weg immer zwischen großem Ertrag und großem Risiko schwankt."

Auspuff: Teams testen Limits aus

Er gibt aber zu, dass der E20 dafür relativ konservativ anmutet: "Das hat damit zu tun, dass uns im Moment im Rahmen der Regeln nichts Außergewöhnliches eingefallen ist." Ein Problem, über das auch Red-Bull-Stardesigner Adrian Newey zuletzt vermehrt klagte. Die Einschränkungen, die die FIA in den vergangenen zwei Jahren traf, machen Genieblitze beinahe unmöglich.

Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen dürfte auf sein Comeback gut vorbereitet sein Zoom

Dennoch konzentriert sich die Forschung nach wie vor auf die Heckpartie. Allison rechnet damit, dass es während der Saison im Bereich des Auspuffs noch viele Änderungen geben wird. "Die Regeln erlauben viel mehr Freiheiten als das, was die FIA am Ende tolerieren wird", beschreibt er den Spagat.

"Normalerweise tasten sich die Ingenieure am Reglement entlang. Jetzt braucht man ein gutes Augenmaß dafür, wie weit man den Bogen überspannen darf. Bis jetzt ist jeder noch auf der konservativen Seite." Durch regelmäßige Reglementklarstellungen der FIA gibt es immer mehr Variablen, die den Teams dabei helfen, sich auf die Bereiche zu konzentrieren, wo ein Performancegewinn möglich ist.

Allison: Räikkönen wird keine Probleme haben

Eine Fehleinschätzung unterlief Lotus zuletzt beim Chassis. Wegen eines zu schwachen Aufhängungspunktes des Querlenkers am Chassis musste man den ersten Barcelona-Testblock absagen - ein Drittel der Testzeit ging somit verloren. "Mir war der Fall peinlich, dass wir ein Teil im Auto hatten, das nicht unserem Standard entsprach", gibt Allison offen zu. "So wie die Anbindung konstruiert wurde, konnte sie unter bestimmten Bedingungen brechen. Das Ziel aber sollte es sein, dass eine konstante Reserve eingebaut ist, das so etwas nie passiert."

'auto motor und sport' spekuliert anhand der Aussagen Allisons, dass es sich um ein fehlerhaftes Teil eines Zulieferers gehandelt haben könnte. Bleibt die Frage, ob Comeback-Star Räikkönen schon zu Saisonbeginn glänzen kann oder wie Michael Schumacher noch Zeit braucht, um sich an die Formel 1 anno 2011 zu gewöhnen. Allison - ein bekennender Räikkönen-Fan - bleibt bei seiner Meinung nach dem ersten Testtag: "Er hat sich reingesetzt, ist vorher nie ein vollgetanktes Auto gefahren: kein Problem. Er ist vorher nie Pirelli-Reifen gefahren: kein Problem. Er hält die Reifen am Leben, er benennt präzise alle Probleme am Auto. Es ist ein Vergnügen, mit ihm zu arbeiten."