Alles nur ein Bluff? Leclerc in Longruns deutlich schneller als Verstappen!

Charles Leclerc dominiert den Trainingsauftakt der Formel 1 in Australien, doch wie realistisch sind die Siegchancen von Ferrari wirklich? Das sagen uns die Daten!

(Motorsport-Total.com) - Charles Leclerc konnte beim Trainingsauftakt der Formel 1 in Australien nicht nur auf einer schnellen Runde ein Ausrufezeichen setzen. Während der Ferrari-Pilot das repräsentativere zweite Freie Training mit einem Vorsprung von 0.381 Sekunden auf seinen ersten Konkurrenten, Max Verstappen im Red Bull, an der Spitze der Zeitentabelle abschloss, waren auch die Longrun-Zeiten des Ferraris beeindruckend.

Titel-Bild zur News: Charles Leclerc

Charles Leclerc während des Trainings in Melbourne Zoom

Leclerc legte mit viel Gewicht an Bord im Schnitt die schnellsten Rundenzeiten hin, wenn man die Longrun-Läufe der Fahrer um die verschiedenen Reifenmischungen, den Spriteffekt und die Streckenentwicklung bereinigt. Der 26-Jährige war dabei durchschnittlich 0.22 Sekunden pro Runde schneller als Lando Norris im McLaren, gefolgt von dessen Teamkollegen Oscar Piastri (+0.32).

Von Topfavorit Max Verstappen fehlte jedoch jede Spur. Der Red-Bull-Pilot konnte gerade einmal vier Longrun-Runden absolvieren, da sich sein Auftakt im zweiten Training verzögerte und sich damit auch sein Trainingsprogramm nach hinten verschob. Beim Blick auf diese vier Runden kam der Niederländer auf einen durchschnittlichen Rückstand von acht Zehnteln, womit er sich auch hinter Aston-Martin-Pilot Lance Stroll (+0.45) und seinem Teamkollegen Sergio Perez (+0.71) einreiht.

Daten Red Bull: War das schon alles?

Während der Rückstand von Verstappen auf eine schnelle Runde kein Grund zur Sorge ist, da Melbourne historisch gesehen nicht gerade als eine Red-Bull-Strecke gilt und Leclerc in Kombination mit dem Ferrari üblicherweise stark im Qualifying ist, wirft die schwache Rennpace von Perez und Verstappen dafür einige Fragezeichen auf.

Beim tieferen Blick in die Telemetriedaten fällt auf, dass Ferrari den besten Eindruck im langsamen dritten Sektor macht. Der SF-24 kann beim Bremsen mehr Zeit herausholen sowie eine schnellere Minimalgeschwindigkeit durch die Kurven mitnehmen, was dazu führt, dass Ferrari allein im dritten Sektor im Mittel über vier Zehntel auf Red Bull gut macht.

Auf den Geraden war der Red Bull zudem eher im hinteren Teil des Feldes zu finden mit durchschnittlich über zehn km/h Rückstand auf das schnellste Team, Williams, wenn man die Höchstgeschwindigkeiten ohne DRS-Runden vor Kurve eins heranzieht. Aber Ferrari hat bei der Motorleistung auch nicht alles gezeigt, weshalb Red Bull dieses Mal wirklich einen echten Gegner zu haben scheint.

Ferrari jetzt auch Favorit auf den Sieg?

Dass Leclerc die Longruns von Melbourne dominierte, obwohl dem Ferrari auf den Geraden gleich über 14 km/h auf Williams und damit auch vier km/h auf Red Bull, sieben km/h auf McLaren und zehn km/h auf Mercedes fehlten, lässt auf ein aussichtsreiches Wochenende für die Scuderia hoffen. Wie in dieser Saison üblich, hat man am Freitag an Motorleistung zurückgehalten, was den Vorsprung umso beeindruckender macht.

"Sie waren ziemlich stark, ich glaube, diese Strecke liegt ihnen besser", ist auch Sergio Perez aufgefallen, der glaubt, dass Leclerc auch im Rennen schnell sein wird. "Sie waren auch in den Longruns ziemlich stark. Ich denke also, dass es eine ziemliche Herausforderung sein wird, sie an diesem Wochenende zu schlagen."

Zudem war Ferrari beim Reifenmanagement erneut im vorderen Teil des Feldes zu finden mit einem durchschnittlichen Abbau von 0.088 Sekunden pro Runde. Nur zwei Teams waren in dieser Disziplin noch besser: Racing Bulls (0.050) und McLaren (0.076). Das Team aus Woking scheint sich dabei sogar als Geheimfavorit auf ein Podium herauskristallisiert zu haben, allerdings zeigt McLaren am Freitag üblicherweise mehr als die anderen Teams.

Bei den restlichen Topteams machte Aston Martin einen besseren Eindruck als Mercedes, was Reifenverschleiß und die generelle Pace angeht. Die Silberpfeile haben erneut Set-up-Tests durchgeführt, aber mit durchschnittlich acht Zehnteln Rückstand pro Runde auf Leclerc muss über die Nacht auf Samstag schon ein großes Wunder passieren.

Mittelfeld: Alpine in Melbourne wieder schnell?

Vor dem Wochenende wurde schon spekuliert, ob Alpine angesichts der starken Leistungen in den Vorjahren auch 2024 in Australien glänzen kann. Während die schnellen Runden Pierre Gasly und Esteban Ocon nur auf die Plätze 15 und 17 gebracht haben, war die Longrun-Pace des französischen Werksteams akzeptabel.

Mit einem durchschnittlichen Rückstand von 1.14 Sekunden pro Runde auf Leclerc war man immerhin die siebte Kraft hinter Williams (+1.09). Das Mittelfeld ist jedoch eng zusammen, da hinter Alpine direkt Racing Bulls (+1.16), Sauber (+1.33) und Haas (+1.56) folgen.

Der Rückstand von Haas lässt somit erst einmal nicht vermuten, dass Nico Hülkenberg große Chancen auf Punkte am Sonntag haben wird, doch der Emmericher zieht ein insgesamt positives Fazit über die Longruns seines Teams: "Ich denke, wir haben die Reifen vielleicht ein bisschen zu sehr geschont", erklärt er den Rückstand.


"Die Pace ist im ersten Teil des Stints nicht allzu gut, aber am Ende war sie recht positiv. Wir müssen also versuchen, damit besser umzugehen und ein bisschen schneller zu sein, aber der Abbau war recht gut. Und die Pace am Ende des Stints war im Vergleich zu den anderen ziemlich stark."

Graining der Reifen: Ein oder zwei Stopps am Sonntag?

In den Vorjahren war Australien relativ klar ein Einstopprennen, da der glatte Asphalt dafür sorgt, dass die Reifen nicht stark verschleißen. Allerdings hat Pirelli für 2024 das Reifensortiment um eine Stufe weicher gemacht. Statt C2 bis C4 wie in den letzten drei Jahren müssen die Teams nun zwischen dem C3 und C5 wählen.

In den Longruns am Freitag haben die meisten Fahrer den C4-Medium-Reifen genutzt, der laut Hülkenberg aber zum Graining neigte: "Es gab Graining und es war ziemlich schlimm", sagt er. "Aber das ist nicht nur bei uns so. Es scheint die meisten Leute zu betreffen. Es sieht nicht so aus, [als ob eine Einstoppstrategie möglich wäre]. Aber die Strecke wird griffiger und vielleicht ändert sich das und die Reifen halten im Rennen tendenziell länger."

Simuliert man die Reifendaten der Longruns auf das Rennen hoch, dann wäre die Zweistoppstrategie Medium-Hard-Hard rund drei Sekunden schneller als die Einstoppvariante Medium-Hard. Allerdings neigen die Teams dazu, in den Longruns mehr zu pushen, um den maximalen Reifenverschleiß zu sehen.

Im Rennen, wenn die Strecke zudem mehr Grip hat, schonen die Fahrer in der Regel mehr, was den Reifenverschleiß im Vergleich zu den Longruns ungefähr halbiert, was die Einstoppstrategie um acht Sekunden schneller als zwei Stopps machen sollte.


F1: Grand Prix von Australien (Melbourne) 2024

Wenn man zudem bedenkt, dass Nyck de Vries im Vorjahr ganze 37 Runden auf dem Medium - der dieses Jahr der harte Reifen ist - fahren konnte und Melbourne nach Monaco und Imola die statistisch drittschwerste Strecke zum Überholen im Formel-1-Kalender ist, werden die Teams am Sonntag sehr erpicht darauf sein, nur einmal zum Reifenwechsel zu kommen.

Eine ausführliche Analyse der Daten des Trainingsfreitages in Melbourne gibt es um 12.15 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de zu sehen, wo PACETEQ-Datenexperte Kevin Hermann die Lage der Teams mit dem Strategietool OneTiming einschätzt. Hier gleich reinklicken!

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