Nur P18: Set-up-Experiment bei Hamilton "geht nach hinten los"

Was Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton im Formel-1-Training in Australien ausprobiert hat, warum es nicht funktionierte und wie das Team die Trendwende schaffen will

(Motorsport-Total.com) - Nur Kevin Magnussen im Haas war langsamer: Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton beschloss das Formel-1-Freitagstraining zum Australien-Grand-Prix 2024 in Melbourne nur auf dem 18. Platz unter 19 Teilnehmern. Als Grund werden weitere "Set-up-Experimente" am W15 angegeben, die laut Teamchef Toto Wolff aber "massiv nach hinten losgegangen sind".

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton im Mercedes W15 beim Ritt über den Randstein in Australien 2024

Lewis Hamilton im Mercedes W15 beim Ritt über den Randstein in Australien 2024 Zoom

Und so schlägt für Hamilton nach insgesamt zwei Fahrstunden auf dem Albert Park Circuit ein Rückstand von 1,557 Sekunden auf die Ferrari-Bestzeit von Charles Leclerc zu Buche. Auf Mercedes-Teamkollege George Russell auf Platz sechs fehlen fast neun Zehntel.

Deshalb zieht Hamilton ein ernüchterndes Fazit: "Es hat sich auf der Strecke nicht gut angefühlt."

Hamilton: Guter Start, dann Absturz

Und das, obwohl Hamilton eigentlich mit einem ausdrücklich "guten Gefühl" in den Formel-1-Freitag gestartet war. Sein Mercedes habe sich im ersten Freien Training "generell gut" angefühlt, betont der Ex-Champion. "Tatsächlich hat sich das Auto auf dem ersten Versuch so gut wie noch nie angefühlt in diesem Jahr."

Mit nur zwei Zehnteln Rückstand auf die McLaren-Bestzeit von Lando Norris wurde Hamilton auf P9 gewertet, sechs Positionen und etwas mehr als eineinhalb Zehntel hinter Russell im anderen Mercedes. Doch ab dann ging es für Hamilton nur nach hinten.

"Um unseren Lernprozess fortzusetzen, haben wir zum zweiten Freien Training einige große Änderungen vorgenommen, die das Auto leider verschlechtert haben", erklärt Hamilton.

Wolff ergänzt bei Sky: "Wir haben experimentiert, aber die Leistung noch nicht freigeschaltet." Die "dramatische Änderung" an der Abstimmung des Hamilton-Autos habe nichts gebracht. "Aber das ist der Grund, warum wir solche Einheiten haben", meint der Teamchef.

Was genau geändert wurde, das bleibt offen

Was konkret am W15 von Hamilton geändert wurde, dazu schweigt sich Mercedes aus. Das Team verweist lediglich auf einen "nicht ganz optimalen Abstimmungsweg" und "eine Reihe von Set-up-Änderungen", die nicht weiter spezifiziert werden.

Nur so viel: "Zu sagen, ich wäre nicht frustriert, würde nicht der Wahrheit entsprechen." So formuliert es Wolff. Mercedes versuche aktuell "viel in alle Richtungen, aber wir scheinen noch nicht den Königsweg gefunden zu haben, der uns in die richtige Richtung bringt. Aber wir müssen es weiter versuchen", sagt Wolff.

"Wir haben bei diesem Auto schon einmal Leistung gesehen. Und ich möchte in der Rückschau einmal nicht sagen müssen, wir waren unter diesen Regeln einfach nicht gut. Denn wir haben alles, was wir brauchen, um die Sache in den Griff zu kriegen. Und das wird uns auch gelingen."


Hamilton baut auf Simulator-Crew in England

Kurzfristig soll vor allem die Crew im Mercedes-Werk in England rund um Simulator-Fahrer Mick Schumacher "über Nacht hart arbeiten, um uns für Samstag zu verbessern", sagt Hamilton.

Aber warum hat Mercedes denn nicht schon während der Einheit reagiert, um Hamilton zu helfen? Dazu sagt Andrew Shovlin als leitender Ingenieur an der Rennstrecke: "Die Änderungen ließen sich leider nicht schnell rückgängig machen. Er musste während der gesamten Session damit leben."

Auch Russell strauchelt mit dem Mercedes

Und zusehen, wie Teamkollege Russell ständig besser unterwegs war. Doch auch bei Russell lief es nicht rund: Sein finaler Versuch auf Soft-Reifen endete mit einem Fahrfehler und Schäden am Auto.

"Die Runde war wirklich gut, aber in den letzten beiden Kurven kam ich zu weit raus und zog mir einen kleinen Schaden am Frontflügel zu", sagt Russell. "Ansonsten hätten wir die Einheit wohl auf P3 beendet."

Das sei nur eine von "ein paar Schrecksekunden" gewesen, die er am Freitag in Melbourne gehabt habe, meint der Mercedes-Fahrer weiter, der wie Teamkollege Hamilton mehrfach neben der Strecke gesichtet wurde. Er habe zwar "alles unter Kontrolle" gehabt, sei aber immer wieder "an die Grenzen gegangen", um die Abstimmung des W15 zu testen, so Russell.

George Russell im Mercedes W15 bei einem Fahrfehler in Australien 2024

George Russell im Mercedes W15 bei einem Fahrfehler in Australien 2024 Zoom

Mercedes sucht weiter nach dem "Sweet-Spot"

Er erklärt: "Wir haben nach Saudi-Arabien einige Änderungen vorgenommen und versuchen, das Auto besser zu verstehen. Jede einzelne Runde ist wertvoll, weil wir mehr über das Auto lernen und versuchen, es in den Sweet-Spot zu bekommen."

Shovlin erkennt anhand Russells Leistung zumindest einen "guten Schritt in die richtige Richtung", die Mercedes-Leistung "in schnellen Kurven zu verbessern und das Bouncing zu reduzieren". Das Auto habe sich "alles in allem recht gut" angefühlt, so meint er.

Die Datenanalyse von F1 Tempo wiederum zeichnet ein anderes Bild: Demnach ist Mercedes mit dem W15 im Direktvergleich zum Ferrari SF-24 gerade in schnelleren Kurven immer noch deutlich langsamer, um teilweise acht bis 22 (!) km/h.

Oder wie es Hamilton ausdrückt: "Ich bin nicht zufrieden. Wir hatten eines der schlechtesten Trainings seit Langem." Es sei im Tagesverlauf mit den Änderungen "schlimmer und schlimmer" geworden. "Das zweite Training war hart", sagt Hamilton. "Nach der Session hatte ich so wenig Vertrauen ins Auto wie noch nie."