• 01.02.2010 11:46

  • von Dieter Rencken

Alguersuari: "Bin besser vorbereitet"

Mit dem neuen STR5 startet Jaime Alguersuari bald in seine erste volle Formel-1-Saison: Teilnahme an Testfahrten und Wintertraining als großer Vorteil

(Motorsport-Total.com) - Jaime Alguersuari hatte im vergangenen Jahr oft zu kämpfen, doch dafür gab es gute Gründe. Der junge Spanier rückte als Red-Bull-Junior kurzfristig bei Toro Rosso zum Stammpiloten auf, nachdem man den enttäuschenden Sébastien Bourdais vor die Tür gesetzt hatte. Ohne Erfahrung musste sich der jüngste Grand-Prix-Neuling aller Zeiten seinen Weg bahnen. Alguersuari musste lange Zeit auf die Bestätigung seines Vertrages für 2010 warten, doch heute stellte er sich stolz den Medien.

Titel-Bild zur News: Jaime Alguersuari

Jaime Alguersuari geht am 14. März in Bahrain erstmals in ein Auftaktrennen

Frage: "Jaime, du musstest lange auf deine Bestätigung warten. Nun gehst du in die volle Saison. Bist du besser vorbereitet als im Vorjahr?"
Alguersuari: "Dieses Jahr wird es sicherlich nicht unbedingt einfacher, weil die Saison sehr lang sein wird. Aber zumindest konnte ich mich in diesem Winter voll auf die Saison vorbereiten. Der Winter war sehr lang und ich konnte gemeinsam mit meinem Trainer in Österreich intensive Vorbereitungen betreiben. Es war einfach mehr Zeit, um die passende Vorbereitung zu bewerkstelligen. So gesehen müsste es etwas anders sein als im Vorjahr. Aber hart wird es trotzdem. Dies ist die Formel 1."#w1#

"Ich bin sehr zuversichtlich, dass einige Dinge anders laufen werden. Ich werde konkurrenzfähiger sein. Ich bin nun einfach bereit für die Formel 1. Im vergangenen Jahr passierte alles so schnell. Ich kannte das Auto nicht, war nie zuvor auf den Strecken. In diesem Jahr sollte es deutlich besser für mich laufen."

Frage: "Im vergangenen Jahr haben einige behauptet, du seist der gefährlichste Pilot in der Formel 1. Sie meinten damit sicherlich weniger deine fahrerischen Qualitäten als deine Unerfahrenheit. Wie reagierst du auf solche Kommentare?"
Alguersuari: "Um ehrlich zu sein, interessieren mich solche Kommentare wenig. Mich interessieren nur die Kommentare meines Teams. Ich bin derjenige, der das Auto fährt. Mich interessiert es nicht, was andere Piloten sagen. Vor allem in Ungarn war die Situation doch klar. Ich kam ohne irgendwelche Formel-1-Erfahrung dorthin. Natürlich gab es dort vielleicht gefährliche Momente."

Frage: "Hast du dich selbst als Gefahr eingestuft?"
Alguersuari: "Nein. Auch wenn die anderen Piloten das vielleicht so gesehen haben, ich sehe das anders. Schneller haben mich diese Kommentare nicht gemacht, aber Gedanken über die Zukunft habe ich mir deshalb auch nicht gemacht."

Frage: "Warum hast du so lange auf deine Vertragsbestätigung warten müssen?"
Alguersuari: "Ich weiß es nicht. Eigentlich war für mich nach Abu Dhabi alles klar. Ich habe mich im Winter konsequent auf das neue Jahr vorbereitet. Mein Vertrag mit Red Bull war in trockenen Tüchern. Ich weiß nicht, warum es so lange gedauert hat - vielleicht persönliche Dinge. Aber ich war jederzeit davon überzeugt, dass es so kommen würde. Was anderes kam nicht in Frage, immerhin bin ich seit meinem 15. Lebensjahr bei Red Bull."


Fotos: Präsentation des Toro Rosso STR5


Frage: "Es gibt zwei Teams, die jungen Talenten neuerdings Fahrpraxis ermöglichen wollen: Stefan Grand Prix und auch ein Projekt von Anthony Hamilton. Macht so etwas aus deiner Sicht Sinn?"
Alguersuari: "Oh ja, definitiv! Die Formel 1 ist ganz speziell. Je mehr Tests du haben kannst, umso besser kannst du abschneiden. Das ist doch das gleiche wie im Motorradsport. Du musst auf dem Bike gesessen haben, um die Grenzen zu erfahren. Natürlich ändert ein solches Testprogramm nicht die Herangehensweise an ein Rennwochenende, aber es macht sicherlich vieles einfacher."

Frage: "Sollte es nicht Aufgabe der Formel 1 sein, solche Programme anzubieten?"
Alguersuari: "Ich weiß es nicht. Die Formel 1 hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Vor allem im Bereich Testfahrten gab es deutliche Anpassungen. Das ist für mich und alle anderen jungen Piloten nicht schön. In diesem Jahr hat man wenigstens sieben oder acht Tage vor dem ersten Rennen. Im vergangenen Jahr kam ich in die Formel 1 ohne Tests."

"Es wäre für alle eine gute Sache, wenn es mehr Testmöglichkeiten gäbe. Nicht nur für die jungen Piloten, sondern auch für die Teams. Natürlich ist diese Beschränkung vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Aspekte entstanden. Aber ich bin sicher, dass man eine Lösung finden könnte, die für alle tragbar wäre."

Frage: "Wie ist für dich als jüngstem Formel-1-Piloten aller Zeiten das Gefühl, in diesem Jahr gegen jemanden wie Michael Schumacher anzutreten?"
Alguersuari: "Es ist toll. Jemand wie Michael kommt nach drei Jahren Pause in alter Stärke zurück. Es ist nicht nur aus der sportlichen Perspektive interessant, sondern ich finde es ebenso erstaunlich, dass sich jemand nach der Formel-1-Karriere so professionell fit hält und dann überhaupt ein Comeback machen kann. Als Fahrer auf der Strecke ist er dann aber letztlich auch nur ein Gegner wie jeder andere."

"Man muss davon ausgehen, dass es mehr Probleme gibt, wenn das Auto schwerer ist." Jaime Alguersuari

Frage: "Werden in Zeiten des neuen Tankverbots die Piloten mit mehr Erfahrung einen Vorteil haben?"
Alguersuari: "Das kann man jetzt noch nicht sagen. Wir müssen erst einmal die ersten Tests abwarten. Natürlich wäre ein letztjähriges Auto mit einer solchen Benzinlast schwierig zu fahren. Aber in diesem Jahr sind die Autos speziell für ein solches Gewicht ausgelegt. Selbstverständlich wird es auch mit den aktuellen Autos zu Beginn nicht einfach sein, aber die Balance ist dafür ausgelegt. Wir werden mal sehen, wie es funktioniert. Es wird bestimmt für alle schwierig, nicht nur für die jungen Piloten, sondern auch für die erfahrenen Leute. Man muss davon ausgehen, dass es mehr Probleme gibt, wenn das Auto schwerer ist. Aber wir testen das jetzt erst einmal."

Frage: "Wenn du in Bahrain am Start stehst und gegen Michael Schumacher fährst. Machst du dir Gedanken darum, dass er altermäßig dein Vater sein könnte?"
Alguersuari: "Nein, nicht wirklich (lacht)."

Frage: "Du hast zwar acht Grands Prix gefahren, aber noch nie an der Testphase vor einer Saison teilgenommen. Welches Gefühl hast du nun dabei?"
Alguersuari: "Das weiß ich jetzt noch nicht, fragt mich am Mittwoch noch einmal. Mittwoch werde ich erstmals auf die Strecke gehen. Es wird bestimmt nett sein. Im vergangenen jahr war jedes Training am Freitag und jedes Qualifying am Samstag ein Test für mich. Auch die Rennen waren irgendwie wie Testfahrten für mich. Ich konnte doch nicht wirklich mit den anderen Fahrern konkurrieren, dafür war mein Nachteil viel zu groß."

"Bei den nun anstehenden Testfahrten kann ich viel mehr Kilometer abspulen. Bei den Freitagssessions im vergangenen Jahr kam ich vielleicht auf 300 Kilometer. Also werde ich nun auch körperlich viel besser vorbereitet sein. Es wird schön sein, endlich mal einige Longruns fahren zu können und das Auto in Ruhe kennenlernen zu dürfen."

"Dieses Jahr wird ganz anders sein, das kann man gar nicht vergleichen." Jaime Alguersuari

Frage: "Ändern sich mit mehr Testfahrten und anderen Voraussetzungen in diesem Jahr auch die Ansprüche?"
Alguersuari: "Ja, natürlich. Dieses Jahr wird ganz anders sein, das kann man gar nicht vergleichen. Natürlich werden sich entsprechend auch die Ziele ändern. Auch meine Erwartungen an das Team und an mich selbst werden andere sein."

Frage: "Du hast Michael Schumacher als Vorbild auf und abseits der Strecke beschrieben. Wie siehst du seine Aktionen wie im Qualifying von Monaco oder die Art, wie er Barrichello in Österreich auf den zweiten Platz gezwungen hat? Welchen Einfluss haben solche Aktionen auf einen jungen Piloten?"
Alguersuari: "Das ist schwierig zu sagen. Für mich ist Michael ein Referenzpunkt, das gilt eigentlich für alle. Aber er ist auch nur ein Mensch, der Fehler macht. Jeder macht mal einen Crash, rutscht mal von der Strecke. Derjenige, der die wenigsten Fehler macht, ist der Beste. Michael gehört zu dieser Kategorie."

"Trotzdem ist und bleibt Michael ein Referenzpunkt, für mich vor allem in den technischen und fahrtechnischen Bereichen. Als er mit der Formel 1 aufhörte, wollte er unbedingt mit Motorrädern schnell sein. Er wollte im Kart stets der schnellste Pilot sein. Das ist eine Art von Leben, wie wir Motorsportler es brauchen. Ich kann das gut nachvollziehen."

Sébastien Buemi

Der Toro Rosso STR5 wurde erstmals in Eigenregie in Faenza gebaut Zoom

"Als ich im vergangenen Jahr in die Formel 1 kam, habe ich auch in der Renault-World-Series und mit dem Kart weitergemacht. Ich war bei der Weltmeisterschaft, weil es eben meine Leidenschaft ist. Hoffentlich habe ich in diesem Jahr auch Zeit für so etwas. Das ist der Motorsport aus meiner Sicht. Michael hat das in sich, ich auch."

Frage: "Wie siehst du die großen Namen in der Formel 1, wie zum Beispiel Lewis Hamilton, Jenson Button oder jetzt wieder Michael Schumacher?"
Alguersuari: "Sie sind einfach andere Piloten auf der gleichen Strecke. Die Formel 1 ist nun eine andere Kategorie, sie ist die Spitze des Motorsports. Aber es sind einfach Konkurrenten."

Frage: "Welchen Eindruck hast du vom neuen Toro Rosso STR5?"
Alguersuari: "Ich war in den vergangenen Wochen zur Sitzanpassung in Faenza und habe das Auto gesehen. Es sieht von außen toll aus, auch die inneren Werte stimmen. Äußerlich ist es kaum anders als das Vorgängermodell, allerdings ist es aufgrund des größeren Tanks natürlich länger. Ich denke, es steht uns eine gute Saison bevor. Wir Fahrer haben uns in gewissen Bereichen verbessert, das Team hat bislang einen tollen Job gemacht. Wir freuen uns nun auf die Testfahrten. Dabei können wir erkennen, wie schnell wir sein werden. Entsprechend werden dann unsere Erwartungen sein. Jetzt können wir noch nicht allzu viel sagen."

Frage: "Man erhofft sich durch das Tankverbot auch mehr Action auf der Strecke, unter anderem werden die Bremswege mit vollen Tanks länger. Kann man das in Zahlen bemessen?"
Alguersuari: "Ganz sicher sind die Erwartungen hoch. Wir werden bestimmt engere Zweikämpfe sehen. Es wird nicht mehr so viel Strategie geben, abgesehen von den Reifenwechseln. Ich finde das einfach fairer. Im Qualifying werden wir alle mit recht leeren Tank fahren, alle haben die gleichen Voraussetzungen. Der Schnellste wird also wirklich vorne stehen. Im vergangenen Jahr musstest du dir erst einmal die Benzinmengen anschauen. Es wird bestimmt mehr Action geben."

"Die Rennen werden härter als im vergangenen Jahr. Das gilt für die körperliche Anstrengung, aber auch auf der technischen Seite. Man muss mit der sich ändernden Benzinmenge stets konzentriert bleiben. Natürlich werden die Bremswege zu Beginn des Rennens länger sein, wenn der Tank randvoll ist. Aber allzu viel wird das nicht ausmachen."