24 Rennen zu viel? Formel-1-Kalender 2024 sorgt für gemischte Gefühle
Für viele Formel-1-Piloten sind 24 Saisonrennen zu viel - George Russell könnte sich dagegen unter den richtigen Bedingungen sogar noch mehr Rennen vorstellen
(Motorsport-Total.com) - "Ich tue das, was ich liebe, und in gewisser Weise gilt: Je mehr, desto besser", sagt Mercedes-Pilot George Russell über den in dieser Woche veröffentlichten Formel-1-Kalender für die Saison 2024, der die Rekordanzahl von 24 Rennen umfassen soll.
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Wie viele Rennen sind für die Formel 1 noch gesund? Zoom
"Ich würde gerne mehr Rennen fahren, aber weniger Verpflichtungen außerhalb des Rennwochenendes haben", präzisiert der Brite seine Aussage und erklärt: "Wenn wir keine anderen Verpflichtungen hätten, würden wir sicher gerne jedes Wochenende fahren."
Doch die Formel 1 besteht für die Piloten zum Beispiel auch aus zahlreichen Medien- und Sponsorenterminen. Und an der Masse dieser Verpflichtungen stört sich Russell mehr als an der reinen Anzahl der Rennen. Zumal er weiß, dass die Fahrer noch zu den "privilegiertesten" Personen im Fahrerlager gehören.
"Die An- und Abreise zu den Rennen wird für uns alle ziemlich brutal sein - vor allem bei den ersten vier Rennen", so Russell, und auch Lando Norris erklärt, dass es trotz der Verschiebungen "noch immer ein harter Kalender" und 24 Rennen "eine Menge" seien.
Fernando Alonso erklärt in diesem Zusammenhang: "Wir Fahrer haben alle Annehmlichkeiten, und die Teams versuchen, sich so gut wie möglich um uns zu kümmern, also können wir uns nicht allzu sehr beschweren. Aber ich verstehe, dass es für alle anderen schwer ist."
"Ich verstehe alle Vorteile von 24 Rennen und den Grund, warum so viele Rennen stattfinden. Das Interesse an der Formel 1 ist groß, die Nachfrage ist groß", erklärt der Spanier und betont: "Es ist großartig, den Sport für neue Länder zu öffnen. Und es gibt mehr Einnahmen [...] für alle."
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"Ich verstehe das also. Aber ich denke, für Teammitglieder ist 18 schon eine gute Zahl. Bei mehr als 18, 19 [Saisonrennen] wird es stressig", so der Spanier. Denn Mechaniker und Co. sind an den Rennwochenenden deutlich länger unterwegs als Fahrer oder auch Teamchefs.
Günther Steiner erklärt zum Beispiel, er reise in der Regel am Mittwoch vor einem Grand Prix an. Viele seiner Mitarbeiter seien aber schon jetzt manchmal "einen Monat am Stück" unterwegs und von zuhause weg, weshalb mit 24 Rennen jetzt "das Limit" erreicht sei.
Zumindest "mit dem Businessmodell, das war momentan haben", erklärt Steiner. Denn bei noch mehr Rennen brauche man dann effektiv "zwei Teams", weil Reisestress et cetera für nur eine Crew ansonsten nicht mehr zu stemmen seien.
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"Ansonsten wird es meiner Meinung nach sehr schwierig, Leute für die Arbeit in der Formel 1 zu gewinnen", warnt er. Folglich müssten weitere Rennen deutlich mehr Geld in die Kasse spülen. Zudem erklärt Steiner, dass in einem Rennstall ohnehin nicht auf jeder Position problemlos eine Rotation möglich sei.
"Einige Leute möchten ein wenig rotieren, und wir versuchen, das bei einigen zu tun, wie zum Beispiel in der IT-Abteilung, weil sie mehr Möglichkeiten haben, zu rotieren. Aber bei Mechanikern und Ingenieuren ist es schwierig, zu rotieren", erklärt Steiner.
Rennen brauchen Alleinstellungsmerkmale
Bei Performance-Ingenieuren gehe es noch, aber bei den Renningenieuren werde eine Rotation "schwierig für den Fahrer", so Steiner, der zudem vermutet, dass auch ganz davon abgesehen irgendwann ein "Sättigungsfaktor" bei den Fans eintreten werde.
"Wenn man 24 gleiche Rennen hätte, wären es schon zu viele", betont er. Möglich sei ein so großer Kalender nur, weil die Rennen diverse Alleinstellungsmerkmale hätten, auf die sich die Zuschauer freuen. So gebe es zum Beispiel mal einen Sprint, mal ein Nachtrennen.
"Und jetzt haben wir nächstes Jahr zwei Samstagsrennen, das ist eine kleine Mischung", erklärt Steiner, der betont, dass niemand Lust auf 24 identische Rennen am Sonntagnachmittag um 15:00 Uhr habe. "Da würde man sagen, dass man nach 20 genug hat", so Steiner.
Dass es 2024 teilweise längere Pausen zwischen den Rennen geben wird, spielt für Steiner keine große Rolle, weil die Saison dafür im Gegenzug von Februar bis Dezember dauere. "Persönlich denke ich, dass es keinen großen Unterschied macht", stellt er klar.
Die regionale Zusammenlegung einiger Rennen sei eher ein Thema der "Nachhaltigkeit", weil die Wochenenden selbst für die Teams noch immer intensiv seien. "Bei 24 Rennen kann man es nie allen recht machen", weiß der Teamchef. Doch wie viele Rennen wären optimal?
Kleinerer Kalender mit Rotation der Rennen?
Während für Fernando Alonso 18 Rennen ausreichend wären, erklärt Lando Norris: "Wenn ich eine genaue Zahl nennen müsste, würde ich sagen, dass sie wahrscheinlich näher an 20 liegt." Dafür schlägt er wieder einmal eine Rotation verschiedener Rennen vor.
"Manchmal möchte man in verschiedenen Jahren an bestimmte Orte fahren. Man kann nicht zu allen Strecken fahren, zu denen die Leute wollen", erklärt er. Neu ist die Idee nicht, doch der Trend geht aktuell eher dazu, dass die Strecken teilweise extrem langfristige Verträge unterschreiben.
Das macht eine Rotation in den kommenden Jahren zumindest in der Masse unmöglich. Max Verstappen ist ebenfalls kein Fan des großen Kalenders und erklärte bereits in der Vergangenheit, dass man sich irgendwann die Frage stellen müsse, wann eine Grenze erreicht sei.
"Ich glaube, er jammert, weil er mehr Geld will", schmunzelt George Russell in diesem Zusammenhang und erklärt: "Er ist der bestbezahlte Fahrer in der Startaufstellung, und das zu Recht für seine Erfolge." Die Aussagen sieht er aber eher als "eine große Taktik" des Weltmeisters.
Trotzdem gesteht auch Russell: "Es muss einen Punkt geben, an dem etwas wegfällt, wenn etwas hinzukommt." Für viele ist dieser Punkt bei 24 Rennen erreicht - oder sogar schon längst überschritten.
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