Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Jordan Pepper

Reifenplatzer, erste Pole, souveräne Führung - und keine Ernte: Grasser-Lamborghini-Senkrechtstarter Jordan Pepper klebte in Zandvoort das Pech an den Fingern

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Titel-Bild zur News: Jordan Pepper

Der Gesichtsausdruck sagt alles: Jordan Pepper kämpfte gegen Windmühlen Zoom

was für ein hartes Wochenende für DTM-Senkrechtstarter Jordan Pepper: Der Südafrikaner, der bei seiner DTM-Premiere als Grasser-Ersatzmann im Vorjahr gleich mal Rene Rast frech den "Stinkefinger" zeigte und dieses Jahr einen hervorragenden Einstand als Stammfahrer erlebte, reist mit nur zwölf Punkten - und Platz sieben und einem Ausfall - aus Zandvoort ab.

Damit ist der Überraschungs-Tabellenführer des ersten Wochenendes nun nur noch Achter in der Meisterschaft. Dabei hatte es bereits so ausgesehen, als würde Zandvoort das Wochenende des "Jürgen Pfeffer" (so sein Spitzname) werden!

Denn nach dem Highspeed-Abflug wegen eines geplatzten Reifens im Freitagtraining stellte der 28-Jährige im nassen Samstags-Qualifying den Grasser-Lamborghini völlig cool auf die Pole und setzte sich auch in der nassen Anfangsphase des Rennens souverän ab.

Nach der Premieren-Pole vom Pech verfolgt

Doch ein Schlagschrauber-Problem beim Stopp von Teamkollege Luca Engstler - eine Lamelle war gebrochen - und ein nicht durchgeführter Tausch der kaputten "Gun" zwangen Pepper beim Wechsel auf Slicks 14 Sekunden lang an die Box. Das kostete viele Positionen, weil ausgerechnet dann ein Regenschauer kam und er die Slicks nicht auf Temperatur brachte.

Hätte das Team den Schlagschrauber nach der Engstler-Panne getauscht, hätte der Lamborghini-Werksfahrer vermutlich auch seinen ersten DTM-Sieg eingefahren, weil sein Stopp um ein paar Runden verzögert worden wäre und er bei der kurzen Rückkehr des Regens zufällig noch auf den Regenreifen gewesen wäre.

Am Sonntag schlug das Pech ein weiteres Mal zu: Max Verstappens Schützling und Lokalmatador Thierry Vermeulen lenkte in der ersten Runde so ein, als wäre der von Platz acht gestartete Pepper gar nicht da und zerstörte damit dessen linken Vorderreifen - und sein Rennen.

Pepper raste mit einer Minute Rückstand dem Feld hinterher - und auch das Hoffen auf ein Safety-Car war vergeblich, beim zweiten Stopp stellte er ab. Die Rundenzeiten zeigen aber, was möglich gewesen wäre: Pepper war im ersten und zweiten Stint nach den beiden BMW-Piloten der schnellste Mann auf der Strecke, auch wenn er alleinfahrend natürlich einen gewissen Vorteil hatte.

Wieso Pepper beinahe in der DTM bei Abt gelandet wäre

"Es ist nach wie vor alles drin", macht der Lamborghini-Werksfahrer trotz der ungenutzten Chancen nach dem verpatzten Wochenende keinen Hehl daraus, dass er den Titelkampf voll im Blick hat. Und zwar völlig zurecht! Denn Peppers Chancen, endlich einen ganz großen Erfolg einzufahren, waren wohl noch nie so groß.

Dabei wäre beinahe alles anders gekommen: Denn das neue Lamborghini-Team Abt, für das Pepper 2025 das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring bestreitet, wollte den Mann aus Johannesburg, der in Kempten in einer WG mit den van-der-Linde-Brüdern gelebt hat, auch für die DTM unbedingt verpflichten.

Abt durfte unter den Werksfahrern als Erster wählen und hatte sich bereits für Mirko Bortolotti entschieden, also zog Grasser die Karte Jordan Pepper. Da Edoardo Mortara abgesehen von seiner Domäne Macau wenig GT3-Erfahrung hat und außerdem Formel E fährt, wollte aber auch Abt unbedingt Pepper haben. Lamborghini gab diesem Wunsch nicht nach, weshalb die Ex-Audi-Truppe aus Kempten auf Nicki Thiim zurückgriff.

Warum der Senkrechtstarter wie gemacht für die DTM ist

Trotz Martin Tomczyks cleverem Slick-Reifenpoker am Samstag bei Thiim, der Abt den ersten Lamborghini-Podestplatz bescherte, war Grasser auch in den Niederlanden das schnellere Lamborghini-Team. Pepper, der auch in der GT-World-Challenge Europe für Lamborghini-Kenner Grasser fährt, spürt also, dass er gerade am richtigen Ort ist.

Das merkt man auch an seinen Aussagen und dem Ärger nach den Berührungen mit den Ford-Mustang-Piloten in der Lausitz. Weil er genau weiß: Jeder Punkt zählt! Dazu kommt, dass Pepper den Zug zum Tor hat.

Sonst hätte er sich nicht gleich beim ersten DTM-Rennen mit der berühmten Geste mit dem dreimaligen Champion Rast angelegt. Und das Qualifying ist seine Stärke, was die bislang meisten Qualifying-Punkte aller Piloten in dieser Saison belegen. Das ist in der DTM kein Nachteil, denn von hinten kommt man in der Sprintserie oft nur mit der Brechstange nach vorne, wodurch Ausfälle unvermeidbar sind.

Ähnlicher Werdegang wie van-der-Linde-Brüder

Den nötigen Biss hat Pepper sicher auch durch seine Wurzeln: Ähnlich wie Kelvin und Sheldon van der Linde stammt er aus einer Rennfahrer-Familie, Vater Iain ist in Südafrika eine Tourenwagen-Legende. Wie seine um sechs Jahre ältere Schwester Tasmin, die 2019 in der W-Serie am Start war, wollte er mit vier Jahren selber Kartfahren, entschied sich aber später aus finanziellen Gründen gegen das Ziel Formel 1.

Sheldon van der Linde, Kelvin van der Linde

Dieses Jahr hält nur Jordan Pepper in der DTM die Fahnen Südafrikas hoch Zoom

2013 wagte er den Sprung nach Deutschland - und holte ein Jahr nach Kelvin van der Linde den Titel im von Abt organisieren VW-Scirocco-R-Cup, der im DTM-Rahmenprogramm gastierte. Als er 2020 mit dem Bentley den GT-Klassiker in Bathurst gewann, war Sheldon van der Linde bereits DTM-Werksfahrer bei BMW - und zwei Jahre später Champion. Und auch seine damalige Freundin Esmee Hawkey war im T3-Lamborghini in der DTM am Start.

Kein Wunder, dass er die Traditionsserie immer im Visier hatte. 2025 könnte sein Jahr werden. Denn trotz Platz acht im Klassement fehlen auf den zweitplatzierten Rast nur acht Punkte.

Sven Haidinger

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