"Der alte Hund": Wer bei Abt-Pilot Thiim die richtige Reifen-Entscheidung traf
Abt-Lamborghini-Pilot Nicki Thiim fuhr am Samstag mit einem mutigen Slick-Poker auf das Podium - Welcher "alte Hund" bei Abt die richtige Reifen-Entscheidung traf
(Motorsport-Total.com) - Verrückte Aufholjagd von Nicki Thiim: Der Abt-Lamborghini-Pilot startete das chaotische Rennen am Samstag trotz regennasser Strecke mit profillosen Slick-Reifen, kämpfte sich damit vom 16. Startplatz bis auf die zweite Position nach vorne und feierte das erste Lamborghini-Podium für Abt.

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Nicki Thiim fuhr in Zandvoort mit einem mutigen Slick-Poker auf das Podium Zoom
"Uns war klar, dass wir heute ein Risiko eingehen mussten. Im Grunde hatte ich keine Wahl", erklärt Thiim, der auch verrät, wer für die mutige Reifen-Entscheidung maßgeblich verantwortlich war: "Martin Tomczyk, der alte Hund, sagte zu mir: 'Du setzt dich jetzt ins Auto, wir ziehen Slicks auf, und dann fährst du los.'"
"Und wenn der Boss gesprochen hat, dann weiß man, wie es läuft", grinst der Abt-Pilot, der im Rennen aber schnell spürte, dass sein Team mit den profillosen Slicks die perfekte Wahl getroffen hatte. "Schon nach fünf Runden war klar, dass es die richtige Entscheidung war."
Ex-Rennfahrer Tomczyk als "großer Vorteil"
"Es war natürlich letztlich eine Teamentscheidung, gemeinsam mit den Ingenieuren", präzisiert Thiim in der Pressekonferenz nach dem Rennen auf Nachfrage von Motorsport-Total.com. "Aber es ist eben ein großer Vorteil, wenn man jemanden wie Martin Tomczyk an seiner Seite hat."

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Ex-DTM-Profi Martin Tomczyk traf am Samstag die richtige Entscheidung Zoom
"Ein ehemaliger Rennfahrer mit jahrelanger Erfahrung hier vor Ort", erinnert der Lamborghini-Pilot daran, dass Abt-Sportdirektor Tomczyk selbst fast 200 DTM-Rennen und einen Meistertitel auf seinem Konto hat. "Für uns war klar: Wenn kein weiterer Regen mehr kommt, trocknet die Strecke ab."
"Die Frage war nur, ob wir es schaffen würden, die Slicks frühzeitig auf Temperatur zu bringen. Aus unserer Position heraus konnte man dieses Risiko eingehen", gibt Thiim zu, dass die mutige Reifen-Entscheidung nach dem missglückten Qualifying am Morgen deutlich einfacher fiel.
"Die Entscheidung wurde im Team getroffen, aber Herr Tomczyk hatte daran einen maßgeblichen Anteil", lobt der 36-jährige Däne. "Am Ende des Tages ist man als Fahrer in einer ausführenden Rolle - man setzt das um, was das Team vorgibt."
Mutige Overcut-Strategie zahlt sich aus
In den ersten Runden nach dem Start, als die Strecke noch besonders feucht war, folgte Thiim einfach seinem Markenkollegen Maximilian Paul, der im Paul-Lamborhini ebenfalls mit Trockenreifen gestartet war. "Die ersten paar Runden waren natürlich wahnsinnig schwierig - komplett kalte Slick-Reifen auf einer klatschnassen Strecke."
"Da versucht man nur, das Auto auf dem Asphalt zu halten", berichtet der Däne, der auch zugibt: "Ich habe ein paar Mal nach Regenreifen geschrien, aber das Team hat zum Glück nicht auf mich gehört. Und das war im Nachhinein genau richtig."
Anders als Paul wartete Thiim mit seinem Reifenwechsel deutlich länger, konnte somit auch den zweiten Regenschauer mit seinen warmen Slicks gut überstehen. "Es ist schwer zu beschreiben: Man fährt eine Stunde lang am Limit, versucht, das Maximum herauszuholen und darf sich keinen Moment entspannen."
"Wenn man allein unterwegs ist, gerät man schnell in einen Rhythmus, der einem das Gefühl gibt, alles unter Kontrolle zu haben", kennt Thiim die Risiken seiner Overcut-Strategie. "Aber genau dann droht man, diesen inneren Kampfgeist zu verlieren, weil man niemanden direkt um sich hat, an dem man sich messen kann."
"Starkes Rennen" hat "richtig Spaß gemacht"
Nach seinem Stopp lag der Abt-Pilot dann zunächst sogar in Führung, konnte sich aber gegen den späteren Rennsieger Ayhancan Güven nicht verteidigen. "Leider ist mir ein kleiner Fehler unterlaufen, der dann entscheidend war", ärgert sich der Lamborghini-Pilot.

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Am Ende schaffte es Nicki Thiim nicht, sich gegen Güven zu verteidigen Zoom
"Das war wirklich schwierig, gerade mit den kalten Reifen, da versucht man einfach, irgendetwas zu retten", beschreibt er die Situation. "Ich denke, das Safety-Car hat uns ein bisschen aus dem Konzept gebracht - ohne das hätten wir mit den frischeren Reifen vielleicht noch mehr erreichen können."
Tatsächlich kämpfte sich der Lamborghini-Pilot in den letzten Runden, als seine Reifen endlich auf Temperatur waren, noch einmal an den Führenden heran, doch ein Angriff gelang ihm nicht mehr. Auf der Ziellinie fehlten schlussendlich aber nur 0,323 Sekunden zum Sieg.
"Trotzdem: Rückblickend war es ein starkes Rennen und hat richtig Spaß gemacht. Insgesamt bin ich super stolz, von Startplatz 16 auf Rang zwei gefahren zu sein, und dieses erste Podium [mit Abt-Lamborghini] bedeutet uns natürlich sehr viel", resümiert Thiim. "Es macht natürlich Spaß, wenn man auch mal der Hund ist und nicht immer der Knochen."


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