• 17.07.2013 07:50

  • von Dominik Sharaf

Toyota und Nissan werden konkret: Konichiwa, Europa?

Die Marken erwägen trotz letzer Hürden einen DTM-Einstieg - Erstmals offizielle Statements - Rüffel für Nissan-Skeptiker Hardcastle - Bald gemeinsames Rennen?

(Motorsport-Total.com) - Als die Action auf dem Norisring die DTM-Fans faszinierte, ging es am Wochenende hinter den verschlossenen Türen der Motorhomes nicht weniger spannend zu. Die Verantwortlichen des Dachverbandes ITR und der Hersteller basteln an der Zukunft der Meisterschaft, dabei haben sie die Expansion nach Asien und nach Nordamerika im Auge. Zu Gast in Nürnberg war eine Delegation aus Japan - die sendet positive Signale, wenn es um einen Einstieg in die europäische Basis-DTM geht.

Titel-Bild zur News: Hans-Werner Aufrecht, Masaaki Bandoh

Bald eine Einheit? ITR-Boss Aufrecht und Super-GT-Chef Bandoh (Mitte) Zoom

Bei Nissans Motorsport-Marke Nismo etwa besteht ernsthaftes Interesse, nach Übernahme des deutschen Reglements in der heimischen Super-GT-Serie den Schritt nach Europa zu wagen: "Wir erwarten uns durch die neuen Bestimmungen sinkende Kosten und spannendere Rennen", sagt Firmenchef Shoichi Miyatani und distanziert sich deutlich von der Kritik und Skepsis, die sein europäischer Motorsport-Verantwortlicher Jerry Hardcastle kürzlich gegenüber 'Motorsport-Total.com' äußerte.

Der Brite hatte die DTM wegen ihres nationalen Charakters sowie ihrer Kostspieligkeit als unattraktiv bezeichnet und davon gesprochen, dass es aus Marketingsicht schwierig sei, mit ihr Geschichten zu erzählen. "Jerry Hardcastle hat seine eigene Meinung, aber es gibt dazu keine offizielle Position von Nissan", reagiert Miyatani auf die Aussagen und will die Kompetenz bezüglich eines möglichen DTM-Projektes in Yokohama belassen: "Nicht Darren Cox (Nissans globaler Motorsport-Chef, Anm. d. Red.) entscheidet das, sondern Leute in Japan."

Toyota würde DTM und WEC parallel bestreiten

Auch Toyota scheint gewillt, den Schritt in die Basis-DTM zu wagen. "Wir brauchen aber erst Rennerfahrung in Japan", betont Keizo Takahashi die Wichtigkeit der Tatsache, dass die Super-GT bald nach DTM-Bestimmungen auf die Strecke geht. Ein gemeinsames Rennen, bei dem keine Meisterschaftspunkte verteilt werden, kann sich der Motorsport-Geschäftsführer des größten Autoherstellers der Welt als Versuchsballon gut vorstellen. "Wir sollten so früh wie möglich versuchen, so ein Event zu organisieren."

Die finanziellen Anforderungen treiben Takahashi keine Schweißperlen auf die Stirn. Er räumt zwar ein: "Wir sind derzeit nicht in der Lage, unser Projekt in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) und der DTM gleichzeitig zu stemmen." Das Aus für die Toyota-LMP1-Boliden bedeutet das aber nicht. "Es gibt nicht die Entscheidung, ob wir das eine oder das andere machen. Wir würden bei TMG das Personal aufstocken, damit sich dann beides parallel realisieren lässt."

Toyota TS030 Hybrid

Entwarnung: Das WEC-Programm von Toyota ist nicht in Gefahr Zoom

Während Takahashi ein Kundenprogramm de facto ausschließt, schwebt Nissan-Kollege Miyatani in Europa eher ein Konzept mit privaten Teams vor. Von Honda gibt es derzeit keine Signale in Richtung eines DTM-Einstiegs. Der Tokioter Konzern tanzt mit seinem neuen Super-GT-Auto, das im August in Suzuka genau wie die Boliden von Nissan und Toyota der Öffentlichkeit präsentiert wird, aus der Reihe. Es wird wieder ein NSX mit Mittelmotor eingesetzt, der noch dazu über Hybridantrieb verfügt.

US-DTM keine Perspektive für Japaner?

Dass solche Differenzen bald ausgeräumt sind, kann sich Toto Wolff gut vorstellen. Schließlich bezeichnet der Mercedes-Motorsportchef das neu gegründete Steering Committee der globalen DTM als effizientes Mittel zu deren Beseitigung: "Die erste Sitzung war eines der konstruktivsten Meetings, das ich jemals hatte. Alle Seiten bemühen sich um Kompromisse", so der Österreicher auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com'. "Sechs Hersteller an einen Tisch zu bringen ist ein Riesenschritt. Was für eine große Chance!"

Dass die Japaner auch in der für 2015 geplanten US-DTM starten, scheint unwahrscheinlicher als ein Engagement in Deutschland - so der Tenor am Norisring. Ein solches Projekt halten die Verantwortlichen aus Asien ohnehin nur dann für möglich, wenn amerikanische Hersteller zusagen. Noch regiert in dieser Sache aber vornehme Zurückhaltung, obwohl Gespräche mit Cadillac und GM laufen sollen.


Fotos: DTM auf dem Norisring


Sonderwünsche: Fahrerwechsel und Langstrecke

Es gibt noch weitere Ungereimtheiten, die einem für 2017 geplanten, bis auf den letzten Absatz einheitlichem Reglement im Wege stehen. Japanische Motorsport-Fans lieben Langstrecken-Rennen, dementsprechend sind in der Super-GT 1000-Kilometer-Läufe mit Fahrerwechseln vorgesehen. "Wir müssen zusehen, das wir bis dahin beide Formate berücksichtigen und ein Auto haben, das für beides taugt", gibt Nismos Marketing-Chef Toshikazu Tanaka auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com' die Marschroute vor.

Hideki Mutoh, Daisuke Nakajima

In der Super-GT fahren Fahrzeuge mehrerer Klassen gegeneinander Zoom

Derzeit sind in der fernöstlichen Meisterschaft außerdem Boliden zweier Klassen am Start. Zum einen die so genannten 500er-Fahrzeuge, die demnächst dem DTM-Reglement unterliegen. Zum anderen aber auch die eher GT3-ähnlichen 300er-Modelle. "Sie sind für uns als technisch simplere Autos wichtig, um sie in andere asiatische Länder zu bringen, in denen nicht so viel Geld vorhanden ist", macht Super-GT-Promoter Masaaki Bandoh klar. Trotz positiver Signale: Es gibt offenbar noch eine Menge Gesprächsbedarf.