Stehlig: "Kommunikation ist alles"
Alexander Stehlig, der Renningenieur von Audi-Pilot Mattias Ekström, erläutert das Zusammenspiel zwischen Ingenieur und Rennfahrer in der DTM
(Motorsport-Total.com) - Im Exklusivinterview mit Motorsport-Total.com spricht Alexander Stehlig, der Renningenieur von Audi-Pilot Mattias Ekström, über die Kommunikation zwischen Renningenieur und Rennfahrer. Dabei wird deutlich, wie wichtig ein perfektes Teamwork zwischen Fahrer und Ingenieur ist und welchen Einfluss dieser permanente Austausch auf den Erfolg hat.
© Audi
Alexander Stehlig (rechts) im vertrauten Gespräch mit Mattias Ekström
Frage: "Alexander, was genau erwartet ein Renningenieur von seinem Rennfahrer?"
Alexander Stehlig: "Ein Renningenieur erwartet von seinem Rennfahrer im Allgemeinen drei Dinge: Grundsschnelligkeit, der Fahrer sollte sofort auf Speed sein und konstante Rundenzeiten fahren, und er sollte in seiner Beobachtung neutral und objektiv sein."#w1#
Von der Basisidee zum fertigen Setup
Frage: "Wie geht ihr an einem Rennwochenende an die Setupfindung heran?"
Stehlig: "Die Arbeiten am Setup beginnen immer mit einer Basisidee. Während bei den Tests grundlegende Dinge erarbeitet werden können, sogenannte Schwarz/Weiß-Tests, wird am Rennwochenende nur noch Detailoptimierung betrieben. Das heißt: Änderung des Luftdrucks im Hundertstelbereich, Verstellung der Flügel im Prozentbereich. Kaum zu glauben, aber der Rennfahrer merkt das."
Frage: "Und wenn das Basissetup einmal nicht passt, wie geht es dann weiter?"
Stehlig: "Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, das Auto zu verstellen. Die weitere Fahrzeugoptimierung geschieht in einer Grundauswahl aus einem generellen Möglichkeitenkatalog. Es ist ähnlich wie bei der Diagnose Doktor und Patient: Im Prinzip schränken wir die Möglichkeiten ein und das führt dann zu einer Diagnose, in dem Fall einer Setupentscheidung. Zum Teil muss diese auch intuitiv getroffen werden, zum Beispiel gab es in Barcelona 2006 Regen im Training, Qualifying und im Warm-Up. Im Rennen war es dann trocken."
Frage: "Stimmen denn die Daten der Auswertung immer mit den Fahreraussagen überein?"
Stehlig: "Aus Sicht des Renningenieurs sollten die beiden Informationsquellen Fahreraussagen und Datenauswertung übereinstimmen. Es kann aber in der Praxis vorkommen, dass dort ein Konflikt entsteht."
Stehlig ist Ekströms engster Partner
Frage: "Welche Aufgaben hat ein Renningenieur noch an einem Rennwochenende?"
Stehlig: "Als Renningenieur bin ich der engste Partner von Mattias und das bedeutet auch, ihn zu betreuen. Dabei versuche ich stets Dinge von außen abzuhalten, damit er sich auf das Fahren konzentrieren kann. Immer wenn die maximale Konzentration gefordert ist, geschieht der größte Trubel. Zum Beispiel beim Qualifying und in der Startaufstellung. Dort ist es wichtig, für alle im direkten Umfeld beteiligten Leute Ruhe hineinzubringen und den Überblick zu behalten."
Frage: "Also kann sich der Rennfahrer nur um das Fahren kümmern?
Stehlig: "Ein Rennfahrer sollte sich sogar nur auf das Fahren reduzieren, was an dieser Stelle auf keinen Fall negativ verstanden werden darf. Ich muss durch meine Arbeit dafür die Vorraussetzung schaffen. Wenn ich Mattias durch gezielte Anweisungen auffordere, seinen Fahrstil oder seine Fahrstrategie zu ändern oder anzupassen, dann deswegen, weil ich einen globaleren Rennüberblick habe als er. Und er weiß das auch, vertraut mir in dieser Hinsicht und wird dann eben das tun was ich von ihm verlange. Es ist bei unserer Arbeit eine große Hilfe, dass wir einen gemeinsamen Erfahrungsschatz haben. Ich weiß oft schon an der Gestik, was Mattias meint, deshalb brauchen wir häufig nicht viele Worte - wir verstehen uns blind."
Frage: "Ist dir ein technisch versierter Fahrer lieber als ein Technikmuffel?
Stehlig: "Der Mittelweg ist das Beste. Er sollte natürlich technisches Verständnis haben, aber nicht so viel, dass der Renningenieur sich überflüssig vorkommt."