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Ausgereiftes Auto als Nachteil? Wie Mercedes-AMG den DTM-Fehlstart erklärt

Mercedes-AMG kam beim DTM-Auftakt nicht über einen achten Platz hinaus: Wie man sich das trotz SRO-BoP erklärt - starke Rundenzeiten im Rennen als Trugschluss?

(Motorsport-Total.com) - Die Enttäuschung war im Mercedes-AMG-Lager nach dem DTM-Auftakt in Oschersleben groß - und die Erleichterung, als der Schrecken ein Ende hatte. "Ich freue mich jetzt auf Zandvoort, weil viel schlimmer als dieses Wochenende kann es fast nicht mehr werden", seufzt DTM-Sportdirektor Thomas Jäger im Gespräch mit ' Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News: Maro Engel

Zahnlose "Mamba": AMG kam beim DTM-Auftakt in Oschersleben unter die Räder Zoom

Die Zahlen sprachen für sich: Am Samstag schaffte es Mercedes-AMG im Qualifying nicht in die Top 15, im Rennen wurde Maro Engel farbloser 13. Am Sonntag gelang ihm im Qualifying Platz acht, im Rennen wurden Teamkollege Jusuf Owega als Highlight des Wochenendes ebenfalls Achter.

"Es hat jeder gesehen, dass nicht mehr Performance im Auto war", ärgert sich Jäger. "Die Ausgangslage war schon nicht rosig, aber dass es so schlimm wird, hatte ich nicht erwartet. Denn normalerweise ist die BoP der SRO ja ganz gut, da gab es nie was zu meckern."

Klasse des Feldes als "absolute Härteprüfung"

Auch Ulrich Fritz - Teamchef des Mercedes-AMG-Teams HRT, das in Oschersleben überhaupt nicht in Schuss kam - äußerte sich am Samstagabend kritisch über die Einstufung der Boliden mit der üblicherweise zuverlässigen Balance of Performance (BoP) von GT3-Erfinder Stephane Ratel.

"Man kann sich dafür rühmen, dass fünf Marken in den Top 5 waren". Aber man vergisst dabei, dass der Beste der sechsten Marke 16. war", relativiert Fritz. "Da muss man nochmal ran." Die nicht ganz treffsichere Einstufung führt er darauf zurück, dass "durch die Klasse des Feldes in der DTM ein, zwei Zehntel massiv viel ausmachen. Wir haben hier die besten Teams und Fahrer. Das ist die absolute Härteprüfung."

Aber warum war ausgerechnet Mercedes-AMG beim DTM-Auftakt von der Rolle? "Das liegt an den neuen Autos", sagt Jäger. Mit dem Ferrari 296 GT3 und dem aktuellsten Porsche 911 GT3 R haben zwei Hersteller neue Fahrzeuge gebracht, während Lamborghini für den Huracan GT3 ein Update-Paket lieferte.

Warum war Mercedes so schwach? "Liegt an neuen Autos"

Die Stärke der SRO-BoP sei, "dass so viele Daten von so vielen Herstellern vorliegen", verweist er auf die Tatsache, dass der französische Dienstleister weltweit die meisten GT3-Serien beliefert und daher einen riesigen Datenpool hat. "Aber das ist bei den neuen Autos schwer einzuschätzen, wenn nicht genügend Events gefahren sind."

Außerdem sehe man "bei einem neuen Auto im Laufe der Saison immer eine Entwicklung. Das muss man richtig antizipieren. Es ist schwer zu sagen, wie fertig entwickelt das Auto ist und wie viel Performance noch über das Set-up kommt. In der Phase befinden wir uns jetzt."

Dazu kommt, dass auch das Audi-Update und der BMW M4 GT3 erst ein Jahr alt sind. Der Mercedes-AMG GT3, der im Jahr 2020 sein letztes Update erhielt, ist hingegen mit Abstand das ausgereifteste aller GT3-Autos in der DTM.


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"Das Auto ist bekannt, wir haben keine neuen Teile im Auto", erklärt er. "Und wir haben die gleichen Teams und Fahrer. Das ist die Grundlinie, die Verlässlichkeit bietet."

Tatsächlich waren am Samstag beim Qualifying vor allem Lamborghini und Ferrari bärenstark, worauf die SRO mit zehn Kilogramm Ballast für die zwei neuen Fahrzeuge reagierte. Mercedes durfte hingegen 15 Kilogramm ausladen. Der ebenfalls neue Porsche blieb unberührt - am Sonntag folgte ein Vierfachsieg. Im Audi-Lager war die Stimmung am nach Platz sieben durch Ricardo Feller ebenfalls gedämpft.

Trugschluss durch zweitschnellste Rennrunde von Engel?

Aber wurde Mercedes-AMG auch nach der BoP-Korrektur am Samstag vor dem Rennen zu stark eingeschätzt? Jäger ist der festen Überzeugung - und führt das darauf zurück, dass Landgraf-Mercedes-Pilot Maro Engel im ersten Rennen mit frischen Reifen die zweitschnellste Runde hinknallte, nur 0,013 Sekunden hinter der schnellsten Rennrunde von Bernhard-Porsche-Pilot Ayhancan Güven.

"Wenn man freie Bahn hat und den Peak der Reifen nutzen kann, holst du mehr Zeit als im Verkehr. Deswegen war das Bild verschwommen und wir haben am Samstag mit Engel und Owega besser ausgeschaut als wir sind. Das waren keine vergleichbaren Bedingungen."

Jetzt klammert sich Jäger vor dem zweiten Wochenende in Zandvoort an die Hoffnung, dass die SRO die BoP an den ersten drei Wochenenden jeweils bis Samstagabend nachjustieren darf. "Sonst wären wir komplett lost", sagt er. "Grundsätzlich waren wir dort immer ganz gut. Und ich denke, dass man jetzt ein klares Bild hat und es dann eine Einstufung geben wird, bei der alle wettbewerbsfähig sind."