Bourdais sagt "Au revoir l'Amérique"
Sébastien Bourdais wird in Mexiko sein letztes ChampCar-Rennen fahren - 'Motorsport-Total.com' gibt einen Rückblick auf eine beispiellose US-Karriere
(Motorsport-Total.com) - Sébastien Bourdais wird am kommenden Wochenende sein 73. und wahrscheinlich letztes ChampCar-Rennen in Angriff nehmen und hat in den fünf Jahren seiner USA-Zeit dort so gut wie alle Rekorde gebrochen. Bislang stehen 30 Rennsiege und 31 Pole Positionen auf seinem Konto, was nichts anderes bedeutet, als dass der Franzose in knapp der Hälfte seiner Starts von Position eins ins Rennen ging und in etwas über 40 Prozent seiner Starts auch als Gewinner nach Hause in die Bucht von Tampa, Florida, fuhr.

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Sébastien Bourdais sagt den ChampCars am Wochenende "Lebe Wohl"
Zwar liegt er in der ewigen Bestenliste der Rennsieger damit nur auf Rang acht, beziehungsweise auf Position sechs, was die Poles betrifft, doch der Newman/Haas-Pilot erreichte dieses in absoluter Rekordzeit. Eine All-Time-Statistik führt er jedoch in seiner vergleichsweise kurzen US-Karriere an, denn kein Pilot konnte bislang vier Titel einfahren, was Bourdais mit seinem letzten Sieg in Surfers Paradise sicherstellte.#w1#
Doch beinahe wäre es niemals dazu gekommen, denn als frischgebackener Formel-3000-Meister lagen die Pläne des Franzosen damals klar in Richtung Formel 1. Eigentlich hatte er den Formel-3000-Titel des Jahres 2002 gar nicht gewonnen, denn Tomas Enge stand am Ende des Jahres zwei Punkte vor ihm. Doch ein Drogentest wieß beim Tschechen Cannabis-Spuren nach und Bourdais erhielt den Titel.
Arrows als erste Anlaufstation

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Um ein Haar die Formel-1-Nachfolge von Heinz-Harald Frentzen Zoom
Bereits in diesem Jahr streckte er seine Fühler in Richtung Formel 1 aus. Er testete zweimal für das finanziell angeschlagene Arrows-Team von Tom Walkinshaw und als Heinz-Harald Frentzen im August 2002 die Nase voll hatte, war der Franzose ein heißer Kandidat für eine Nachfolge des Deutschen.
Doch Walkinshaw konnte die Finanzprobleme seines Teams nicht lösen und so nutzte Bourdais auch ein bereits unterschriebener Stammfahrervertrag für 2003 nichts mehr. Die Formel-1-Türe für Bourdais war zunächst geschlossen, daran änderte auch ein Renault-Test im Dezember nichts mehr, obwohl es dazu durchaus eine kleine Randnotiz gibt.
Denn Bourdais selbst verriet im vergangenen Winter, dass er bei diesem ominösen Test in Jerez auf Anhieb die gleiche Zeit fuhr, wie der damalige Renault-Testfahrer, ein gewisser Fernando Alonso. Doch Flavio Briatore hielt am Spanier fest, was ihm im Rückblick nicht unbedingt als Fehler vorgeworfen werden kann - was Bourdais in Bezug aus das französische Team jedoch bis heute etwas sauer aufstößt.
Gleich einmal auf die Pole

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Auch mit dem alten Lola-Chassis kam Bourdais von Beginn an zurecht Zoom
"Ich weiß, dass ich da nicht hingehöre. Sie verfolgen ihre eigene Politik. Ich bin nicht Teil ihrer Strategie und das muss man akzeptieren", so klang ein durchaus verbitterter Bourdais über seine Beziehung zu Renault und der Tatsache, dass zeitweise kein französischer Fahrer in der Formel 1 fuhr.
So wechselte der Franzose ins Newman/Haas-Team an die Seite von Bruno Junqueira. Die Amerikaner staunten nicht schlecht, was für ein Juwel sie sich da eingefangen hatten, denn der damals 24-jährige fuhr in seinem ersten ChampCar-Rennen gleich einmal auf die Pole Position.
Dieses Kunststück schaffte vor ihm nur ein gewisser Nigel Mansell 1993, doch der kam damals als amtierender Formel-1-Weltmeister über den großen Teich. Bourdais ließ in Mexiko gleich eine zweite Pole im zweiten Rennen folgen und als die ChampCars im Frühjahr nach Europa kamen, war der Franzose nicht zu halten. Mit Brands Hatch und dem Lausitzring schnappte er sich beide Siege - in seinem vierten, beziehungsweise fünften US-Rennen.
Tracy Feind - Servia Kumpel

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Oriol Servia ist einer der besten US-Kumpels von Sébastien Bourdais Zoom
2003 folgte mit Cleveland noch ein dritter Triumph, doch der Titel ging an Platzhirsch Paul Tracy, der wohl nicht er einzige war, der damals schon roch, was auf die US-Boys zukommen würde. Tracy erwählte Bourdais als seinen Lieblingsfeind und ätzte in den kommenden Jahren konstant und auch gerne, doch das nutzte ihm nichts.
2004 gewann Bourdais sieben von 14 Rennen, 2005 sechs von 13, was seinen damaligen Teilzeit-Teamkollegen Oriol Servia zu folgender Aussage nötigte: "Ich denke, dass Sébastien der schnellste Mann auf dem Planeten ist. Ich werde nicht sagen, dass er der beste Fahrer auf dem Planeten ist, aber ich glaube, dass er der Schnellste ist."
Im vergangenen Jahr gewann der Newman/Haas-Pilot gleich einmal die ersten drei Saisonrennen, bevor die große Stunde von A.J. Allmendinger schlug. Der heutige Red-Bull-NASCAR-Pilot erwies sich im Saisonverlauf teilweise als ebenbürtiger Gegner, der Bourdais mehr zu schaffen machte, als ihm lieb war.
Heftiger Flirt mit BMW

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Auch ein wechsel nach München stand einmal ernsthaft zur Debatte Zoom
Doch am Ende gewann der Franzose erneut sieben von 14 Saisonrennen und sicherte sich so seinen dritten Titel. Vielleicht war er aber auch nur etwas abgelenkt vom US-Geschehen, denn nach wie vor spukte der Wunschgedanke Formel 1 in seinem Kopf herum.
Bereits im Winter 2005 gab es Gespräche mit dem BMW Sauber F1 Team und BMW Motorsport Direktor Mario Theissen. Doch im Rahmen derer wurde ihm klar gemacht, dass BMW den gültigen Vertrag mit dem damaligen Stammpiloten Jacques Villeneuve honorieren müsse.
Dabei hätte sich Bourdais beim BMW Sauber F1 Team für die Saison 2006 sogar mit der Rolle des dritten Fahrers zufrieden gegeben, wenn man ihm die Garantie gegeben hätte, 2007 Rennen fahren zu dürfen. Und dies, obwohl er eigentlich immer zu Protokoll gab, dass ein Testfahrerplatz "2002, als ich 23 Jahre alt war, interessant gewesen" wäre.
Nach vier Titeln nun der Abschied

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In Mexiko fällt die ChampCar-Zielflagge für den vierfachen Champion Zoom
So zerschlug sich auch diese Option und Bourdais unterschrieb einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag bei Newman/Haas, wodurch er auch 2007 in den USA fahren würde, obwohl bereits Ende 2006 erste Kontakte zu Gerhard Berger und der Scuderia Toro Rosso geknüpft wurden.
Auch angesichts eines ersten Formel-1-Tests in Jerez versicherte er, dass er 2007 eine weitere ChampCar-Saison bestreiten wird, obwohl ihn Berger schon damals sicher mit Kusshand genommen hätte: "Da gibt es nicht einmal ein Fragezeichen. Das könnte ich Newman/Haas nicht antun." Als einige US-Experten das vernahmen, gab es sogar Wetten, dass der Franzose 2007 jedes einzelne Saisonrennen gewinnen würde.
Aber soweit kam es dann doch nicht: Bislang wurden es erneut sieben Saisonsiege und ein Rennen steht noch aus. Vielleicht gelingt Bourdais in Mexiko Erfolg Nummer acht. Das wäre ein neuer persönlicher Rekord und ein würdiges Abschiedsgeschenk an eine Zeit, an der sich viele ChampCar-Fans noch lange erinnern werden.

