• 15.12.2022 19:10

  • von Stefan Leichsenring

Skoda Enyaq RS im Test: Schneller, stärker, schöner?

Demnächst ist der Skoda Enyaq auch in der Topversion mit 220 KW starkem Allradantrieb und über 500 km Reichweite verfügbar: Wir haben ihn getestet

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Den Enyaq RS hat Skoda schon bei der Vorstellung des Enyaq im September 2020 angekündigt. Über zwei Jahre später kommt die Topmotorisierung des Elektro-SUVs nun auf den Markt. Wir haben den 220 kW starken Allradler getestet.

Titel-Bild zur News:

Skoda Enyaq RS: Autor und Auto Zoom

Der Skoda Enyaq RS ist ein enger Verwandter des VW ID.4 GTX und Audi Q4 50 e-tron. Er hat den gleichen 77-kWh-Akku und den gleichen Allradantrieb. Dabei leistet ein 150 kW starker Permanentmagnet-Motor an der Hinterachse die Hauptarbeit, bei Bedarf kommt eine 80 kW starke Asynchronmaschine vorne hinzu. Mit 4,65 Metern ist der Skoda allerdings ein paar Zentimeter länger als der VW und der Audi, was dem Kofferraum zugute kommt, das hier maximal 1.710 Liter beträgt - der VW packt maximal 1.575 Liter.

Zusammen bringen die Elektromotoren die erwähnten 220 kW auf die Straße, was eine Beschleunigung auf 100 in 6,5 Sekunden ermöglicht. Damit gehört das Auto zu den flotten Mittelklasse-SUVs, aber keineswegs zu den Raketen à la Tesla Model Y Performance, Kia EV GT oder Ford Mustang Mach-E GT (allesamt um die 4 Sekunden). Dass man ein knapp 2,3 Tonnen schweres Elektroauto aber auch mit 220 kW gut bewegen kann, dürfte klar sein - Leistung und Drehmoment haben die allermeisten Elektroautos mehr als genug.

Akku und Reichweite

Zu den Problemen der Elektromobilität gehört eher die Reichweite. Doch wie alle Modelle auf Basis des Modularen Elektrobaukastens (MEB) mit der großen 77-kWh-Batterie ist sie auch beim Enyaq RS recht hoch.


Fotostrecke: Skoda Enyaq RS im Test: Schneller, stärker, schöner?

Die offizielle WLTP-Reichweite soll "über 500 km" liegen, wahrscheinlich aber nur knapp darüber, denn die Schwestermodelle schaffen maximal 512 km. Die tatsächliche Reichweite hängt wie immer aber stark von der gewählten Ausstattung, dem Gelände und der Fahrweise ab. Wir erzielten im bergigen Hinterland von Malaga einen Stromverbrauch von 23,7 kWh/100 km. Damit hätten wir wohl so etwa 370 km geschafft.

Nebenbei erfuhren wir von den Skoda-Experten Interessantes zur Batterietechnik. Der MEB-Baukasten bietet bekanntlich bislang Speicherkapazitäten von 45, 58 und 77 kWh netto. Dafür werden 8, 9 beziehungsweise 12 Module eingesetzt - in Zukunft wird es wohl auch eine 90-kWh-Batterie mit 14 Modulen geben, wie die Studie Skoda 7S zeigte.

Beim Enyaq RS stecken in jedem Modul 24 Pouch-Zellen von LG, andere Enyaq-Varianten haben prismatische Zellen von CATL. SKI-Zellen wie im VW ID. Buzz werden nicht verwendet. Die Zellen haben die weit verbreitete NMC-Chemie (Nickel, Mangan und Cobalt an der Kathode), die für hohe Energiedichten bekannt ist.

Aufladen, Plug&Charge

Aufgeladen wird mit bis zu 135 kW. Kurzzeitig können es aber auch mal 180 kW sein, heißt es bei Skoda hinter vorgehaltener Hand - man kommuniziere nur lieber einen Wert, der auch oft erreicht wird, um die Kundschaft nicht zu enttäuschen. Wichtiger ist ohnehin die Ladezeit, und da gibt Skoda 38 Minuten an; in 6 Minuten soll man Strom für 100 km nachladen können:

Aufladen des Skoda Enyaq RS

Aufladen des Skoda Enyaq RS Zoom

Wir haben das Aufladen an einer Ionity-Station erprobt. Der Enyaq RS gehört zu den ersten MEB-Fahrzeugen, die Plug&Charge unterstützen, also das Aufladen ohne manuelle Authentifizierung. Allerdings startete das Laden nur an einem von zwei Testwagen automatisch, an dem anderen gar nicht. Und bei dem Auto, das sich laden ließ, wurden nur 35 kW Ladeleistung erreicht. Gut, der Ladestand war mit rund 85% schon recht hoch, aber auch da sollte das Auto noch mit etwa 70 kW laden, sagte uns der Skoda-Batteriefachmann. Das könne schon mal passieren, wenn die Batterie zu warm oder zu kalt sei.

Das führt uns zu einem verwandten Thema, dem Thermomanagement: Der Enyaq hat offenbar weder eine automatische noch eine manuelle Vorkonditionierung der Batterie, zumindest nicht mit der bei unserem Auto installierten Software ME3.2. Der befragte Fachmann suchte ein wenig in den Tiefen des Touchscreen-Menüs und in der Skoda-App herum, fand aber keine Option dafür.

Keine Ladestrategie

Und noch ein Manko: Das Navi erstellt keine Ladestrategie. Wir gaben München als Ziel ein, und das System erkannte, dass dafür mehr als fünf Ladestopps nötig sein würden. Dann aber sollten wir jeden Ladestopp selbst aus einer langen Liste heraussuchen, was wirklich mühsam ist und ziemlich viel Hirnschmalz erfordert.

Wir hätten sicher mindestens eine halbe Stunde gebraucht um eine halbwegs brauchbare Strategie zu entwickeln, zumal das System die Liste der Ladesäulen jedes Mal neu zu laden scheint. Das Ganze ist sicher suboptimal, wenngleich man mehr Unterstützung erhält als beim Nissan Ariya oder Toyota bZ4X.

Bedienung: Eindeutig besser als bei VW

Innen im Skoda Enyaq RS fällt sofort der riesige 13-Zoll-Touchscreen auf. Auch das Tesla Model Y oder der Ford Mustang Mach-E haben große Monitore. Aber während dort fast alles per Touchscreen eingestellt werden muss, lenkt die Bedienphilosophie des Enyaq kaum vom Fahren ab.

Das ist auch beim VW ID.4 ähnlich, aber Skoda hat es noch etwas besser gemacht. So wird der Fahrmodus (P, N, R, D und B) nicht wie bei VW über einen Dreh-Knubbel am Instrumentendisplay aktiviert, der leicht durch den Lenkradkranz verdeckt wird, sondern über einen kleinen Schieber in der Mittelkonsole - die bessere Lösung.

Weiterer Vorteil des Enyaq: Man kann die Rekuperation über Paddles am Lenkrad einstellen. Drei Stufen und einen Automatikmodus gibt es, und dazu noch den erwähnten B-Modus. Die Unterschiede zwischen den Einstellungen sind deutlich spürbar. Echtes One-Pedal-Driving, also starkes Verlangsamen allein durch Gas-weg-Nehmen bis zum Stand, ist jedoch leider nicht möglich; der Enyaq hat einen Kriechgang.

Rekuperation und Assistenzsysteme

Die automatische Rekuperation funktioniert sehr gut, genauso wie die Assistenzsysteme: Aktiviert man alle Helfer (Abstandtempomat, Spurhalteassistent und automatische Rekuperation), dann verlangsamt das Auto automatisch, wenn man zum Beispiel auf einen vorausfahrenden Wagen aufläuft oder auf ein niedrigeres Tempolimit zufährt. Auch das Spurhalten und die Verkehrsschilderkennung funktionieren tadellos.

Cockpit des Skoda Enyaq RS

Cockpit des Skoda Enyaq RS Zoom

Was das Fahrwerk angeht, so liegt der Enyaq RS ein bis anderthalb Zentimeter tiefer und ist härter abgestimmt als die übrigen Enyaq-Versionen. Damit wirkte der Wagen auf unseren gut geteerten Testrouten keineswegs zu hart (aber auch nicht zu weich). Auch an der Lenkung haben wir nichts auszusetzen.

Und sonst? Die Materialien im Innenraum sind etwas besser als beim ID.4 GTX, so gibt es eine schöne Pseudo-Carbon-Leiste am Armaturenbrett. Aber auch im Enyaq RS gibt es Hartplastik an oft berührten Teilen, wie der Armauflage in der Tür. Die Integralsitze mir RS-Logo bieten sehr guten Seitenhalt, wenngleich sie für die Statur des Autors ein wenig zu weit waren. Im Fond bleiben bei einer 1,75 Meter großen Testperson viel Kopf- und Kniefreiheit, und auch die Knie stehen nicht allzu weit nach oben (ein Problem bei so manchem E-Auto, wegen der dicken Batterie im Boden).

Verfügbarkeit, Preis und Konkurrenten

Obwohl der Skoda Enyaq RS ab Anfang 2022 ausgeliefert werden soll, ist er auf der Skoda-Seite noch nicht konfigurierbar. Zunächst werden ohnehin die vorhandenen Reservierungen abgearbeitet, und das wird dauern: Wer jetzt reserviert, bekommt den Wagen erst Anfang 2024, also in über einem Jahr.

Es gibt auch noch keinen genauen Preis. Das Auto soll ähnlich teuer sein wie das Enyaq RS Coupé, verrät Skoda, also rund 61.500 Euro. Das wäre wirklich happig, denn der VW ID.4 GTX (53.255 Euro) und sogar der Audi Q4 50 e-tron (57.900 Euro) sind deutlich günstiger. Eine deutlich günstigere Alternative wäre der Skoda Enyaq in der Version 80x mit 195 kW starkem Allradantrieb für rund 49.000 Euro. Der Antrieb ist schwächer, aber die Batterie die gleiche. Zu den interessantesten Konkurrenten des Enyaq RS gehören das Tesla Model Y Long Range, der Hyundai Ioniq 5 und der Ford Mustang Mach-E-

Fazit

Insgesamt hat uns der Skoda Enyaq RS gut gefallen. Beeindruckt waren wir von den gut funktionierenden Assistenzsystemen, und die Bedienung fanden wir spürbar besser als beim VW ID.4 GTX. Dazu kommt die hohe Reichweite und Plug&Charge (das demnächst hoffentlich auch richtig funktioniert). Die gravierendsten Nachteile des Enyaq RS sind für uns, dass das Navi keine Ladestrategie erarbeitet, und dass er nicht so schnell lädt wie die 800-Volt-Modelle aus Korea.

Technische Daten Skoda Enyaq RS iV

Motor: 1 PSM hinten mit 150 kW, 1 ASM mit 80 kW vorne
Leistung: 220 kW
Antrieb: Allradantrieb
Max. Drehmoment: 460 Nm
Beschleunigung 0-100 km/h: 6,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h

Verbrauch: k.A.
Batterie: 82 kWh brutto, 77 kWh netto (12 Module à 24 Puch-Zellen, NMC-Zellen von LG)
Ladeanschluss: Combo-2 ("CCS2") für bis zu 11 kW AC, 135 kW DC
Elektrische Reichweite: "über 500 km"
Aufladezeit: 36 min (10-80%) mit Gleichstrom (DC)

Länge: 6.653 mm
Breite: 1.879 mm
Höhe: 1.605 mm
Leergewicht: 2.258 kg
Kofferraumvolumen: 585-1.710 Liter
Zuladung: k.A.
Anhängelast: 1.400 kg (8% Steigung)
Basispreis: ca. 61.000 Euro