• 29.01.2024 12:11

  • von Stefan Leichsenring

Porsches Elektro-Macan: Alle Infos und erste Sitzprobe

613 km schafft der Elektro-Macan: Wir atmen auf - Wäre doch eine Schande, wenn das Premiummodell nicht so weit käme wie die Konkurrenz

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Der Porsche Macan mit Elektroantrieb startet in der zweiten Jahreshälfte. Nachdem zur Technik des neuen Mittelklasse-SUVs mit 800-Volt-Batterie schon vieles bekannt war, verrät Porsche nun auch die Maße, die genauen Daten und sogar schon die Preise. Außerdem gibt es endlich Bilder ohne Tarnung. Wir haben uns das neue Modell bei Porsche angesehen und uns umfassend informiert.

Titel-Bild zur News: Autor Stefan Leichsenring am Porsche Macan (2024)

Autor Stefan Leichsenring am Porsche Macan (2024) Zoom

Der Porsche Macan mit Elektroantrieb kommt ohne eine Zusatzbezeichnung wie Electric oder dergleichen aus. Denn zumindest in Deutschland wird es etwa ab Mitte 2024 gar keinen Verbrenner-Macan mehr geben; deshalb sind dann alle Macan-Modelle "Elektro-Macans".

Die Antriebe: Ausschließlich PSMs

Für den Antrieb sorgen ausschließlich Permanentmagnet-Synchronmotoren (PSM). Bei normalen Straßenverhältnissen und konstantem Tempo kommt die Leistung ausschließlich vom Heckmotor. Das spart Strom, weil der hier eingesetzte Inverter eine extrem effiziente Siliciumcarbid-Elektronik besitzt.

Was passiert aber, wenn der Vorderachsantrieb nicht gebraucht wird? Eine mechanische Abkoppelung wie bei Mercedes oder Hyundai/Kia/Genesis oder eine Stromlosschaltung wie sie bei Asynchronmotoren möglich ist, hat der neue Elektro-Porsche nicht. Stattdessen wird er nur so weit bestromt, dass er nicht bremst, wie uns Kerner bestätigte.

Der hintere Motor leistet beim Macan Turbo beeindruckende 470 kW. Da die Systemleistung genauso groß ist, kann im Extremfall die gesamte Power vom Heckmotor kommen. Beim starken Beschleunigen oder bei verminderter Traktion trägt aber auch die Vorderachse bei. Obwohl Porsche von einem "vollvariablen" Allradantrieb spricht, können nicht 470 kW von der Vorderachse kommen, weil die vordere Maschine weniger Leistung hat.

Der vordere Motor, der bei beiden Macan-Varianten identisch ist, wurde von Audi entwickelt, der hintere (der je nach Version unterschiedliche Leistung hat) dagegen entstand in Kooperation mit Bosch. Wie bekannt, besitzt der vordere im Stator eine I-Pin-Wicklung, der hintere eine Hairpin-Wicklung. Der Unterschied: Bei letzterer können die Kupferdrähte enger zusammengelegt werden, die Leistungsdichte ist höher, was offenbar auch die 470 kW ermöglichte.


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Beide Elektromotoren liegen nicht koaxial, sondern hinter den Achsen. Beim Heckmotor wird die Maschine sogar hinter dem Inverter eingebaut. Das soll auch Vorteile bei der Gewichtsverteilung haben, die laut Porsche bei fahrdynamisch ziemlich optimalen 48:52 liegt.

Schubrekuperation? Nein danke!

Während der Fahrt kann über die E-Maschinen mit bis zu 240 kW rekuperiert werden. Das gilt aber nur für die Rekuperation beim Bremsen. Die Schubrekuperation (also die Energierückgewinnung beim bloßen Gas-Wegnehmen ohne Betätigung der Bremse) ist deutlich geringer. Hier wird nur eine Verzögerung wie beim Verbrenner imitiert.

Und bei der Schubrekuperation wird der sonst sanft wirkende Kerner resolut: Von Schubrekuperation halte er gar nichts, sagt der Experte. Die sei wegen der zusätzlichen Energiewandlungen einfach nicht effizient. Könnte man nicht trotzdem einen Knopf fürs One-Pedal-Driving für Kunden einbauen, die eine starke Rekuperation wollen? "Das könnten wir, aber wir wollen es nicht", so Kerner. Wie ein Verbrenner mit Automatik hat der Elektro-Macan außerdem einen Kriechgang, das heißt: Wenn man bis zum Stand abbremst und die Bremse freigibt, rollt das Auto an.

Porsche Elektro-Macan

Porsche Elektro-Macan Zoom

Die Abneigung von Porsche gegen eine starke Schubrekuperation (wie sie etwa die Teslas bieten) war uns schon vom Taycan her bekannt. Überrascht waren wir aber, als wir fragten, wie es beim teilautonomen Fahren ist. Wenn wir Kerner richtig verstanden haben, dann wird in diesem Fall stärker rekuperiert. Offenbar traut man dem automatisch agierenden System mehr zu als dem menschlichen Fahrer.

Die Batterie: Stets 95 kWh netto, bis 613 km Reichweite

Was die Batterie angeht, will Porsche nur eine Variante offerieren. Diese bietet 100 kWh brutto und 95 kWh netto. Die Batterie besteht aus zwölf Modulen mit je 15 prismatischen Zellen von CATL. Die Batteriezellen kommen aber nicht aus China, sondern aus dem neuen CATL-Werk bei Erfurt. Zum Batteriepaket zusammengestellt werden sie beim bayrischen Zulieferer Dräxlmeier.

Große Erleichterung fühlten wir, als wir erfuhren, dass der elektrische Porsche Macan in der reichweitenstärksten Version 613 km schafft. Denn zuvor war nur von "über 500 Kilometer" Reichweite die Rede. Mit 613 km aber liegt das neue Mittelklasse-SUV auf dem Niveau von Rivalen wie dem Mercedes EQE SUV oder Ford Mustang Mach-E, das Tesla Model Y wird überflügelt. Bemerkenswert auch: Trotz der erheblichem Leistungsdifferenz ist der Reichweitenunterschied zwischen den Macan-Motorisierungen gering: Der Macan 4 schafft besagte 613 km, der Macan Turbo bis zu 591 km.

Aufladen mit 270 kW - oder 135 kW an der 400-Volt-Säule

Aufgeladen wird mit bis zu 270 kW - wie beim Taycan beträgt auch beim Macan die Systemspannung 800 Volt. Damit lässt sich der Akku in rund 21 Minuten von 10 auf 80 Prozent bringen. Beim Taycan werden 22,5 min angegeben, aber für 5-80 Prozent, und dort ist auch die Batterie kleiner (84 beziehungsweise 71 kWh). Damit scheint die Ladegeschwindigkeit beim Macan etwas größer zu sein (3,2 statt 2,8 kWh/min).

Porsche Elektro-Macan

Porsche Elektro-Macan Zoom

Neu ist das so genannte Bank-Laden. An 400-Volt-Ladesäulen wird der Akku durch einen Hochvolt-Schalter in zwei Batterien mit je 400 Volt Nennspannung geteilt. Diese Teilbatterien werden dann mit bis zu 135 kW geladen. Laut Kerner geschieht das aber nicht parallel (sonst würde die Ladezeit genauso groß wie beim 800-Volt-Laden sein, da zweimal 135 kW ja 270 kW ergeben). Der Vorteil des Bank-Ladens ist, dass man sich den so genannten HV-Booster spart, und dennoch schnell laden kann. An haushaltsüblichen Wallboxen ist AC-Laden mit bis zu 11 kW möglich; ein 22-kW-Lader ist laut Kerner nicht geplant.

Nach dem Technikworkshop zum Macan war uns noch unklar, wo genau die sogenannte Integrated Power Box (mit Bordlader, Hochvolt-Heizer und DC/DC-Wandler) sitzt und wo das Batteriemanagement. Beide befinden sich oben auf dem Batteriedeckel, das BMS zuoberst, die IPB darunter. Apropos Hochvolt-Heizer: Das 6-kW-Teil wird automatisch aktiviert, wenn man eine Schnellladesäule als Ziel ins Navi eingibt. Eine manuelle Vorkonditionierung der Batterie lehnt Porsche aus Effizienzgründen ab.

So lang wie ein Model Y

Erstmals gibt Porsche auch die genauen Abmessungen des Macan bekannt. Der Neuling ist mit 4,78 Meter fünf Zentimeter länger als der aktuelle Verbrenner-Macan. Die Höhe ist mit 1,62 m höchstens ein paar Millimeter größer, was bemerkenswert ist, weil der Elektro-Macan natürlich eine Batterie im Bauch hat. Die ist mit schätzungsweise etwa 10 cm allerdings besonders dünn, wie wir anhand des von Porsche gezeigten Chassis-Modells feststellten.

Porsche Elektro-Macan

Porsche Elektro-Macan Zoom

Die Macan-Maße sind ähnlich wie beim Ford Mustang Mach-E, dem BMW iX3 oder dem Tesla Model Y. Auch Radstand von 2,89 m und die Höhe (1,62 m) sind praktisch identisch mit dem Model Y. Der Mercedes EQE SUV, der wohl ebenfalls zu den Konkurrenten gehört, ist mit 4,97 m deutlich länger.

Die Frontlichter sind zweigeteilt: Die obere Einheit besteht nur aus dem Vier-Punkt-Tagfahrlicht, die Scheinwerfer (optional mit Matrix-LED-Technik) befindet sich darunter. An der Flanke fallen die Sideblades auf; die Zierelemente gibt es in Carbon, Hochglanz-Plastik oder Wagenfarbe. Die "Flyline" (so nennt Porsche die Dachlinie) ist die eines Coupé-SUVs. So liegt die Heckscheibe denn auch ziemlich flach, was den Kofferraum nach oben hin beschränkt. Am Heck gibt es ein von links bis rechts durchgehendes Lichtband.

Zur aktiven Aerodynamik gehören der automatisch in drei Positionen ausfahrende Heckspoiler, ein sich selbsttätig schließendes Rollo für den vorderen Lufteinlass und ein geschlossener Unterboden. Den cW-Wert gibt Porsche mit 0,25 an, beim Verbrenner soll er bei 0,36 liegen. Über den Luftwiderstand sagt das nicht viel aus, denn der ist bekanntlich auch von der Stirnfläche abhängig.

Cockpit und Interieur

Beim Einsteigen fallen die rahmenlosen Türen auf. Innen gibt es eine Monitorlandschaft aus gleich drei Displays: Neben einem gebogenen 12,6-Zoll-Instrumentendisplay gibt es einen Touchscreen, der mit 10,9 Zoll ziemlich klein für diese Klasse ausfällt. Optional kommen ein Beifahrerdisplay (ebenfalls 10,9 Zoll) und ein Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktion hinzu. Bei dem Element für die Klimaeinstellungen, das sich weiter unten in der Mittelkonsole befindet, handelt es sich nicht um ein Display, sondern um eine schwarz glänzende Fläche mit physischen Tasten.

Die Fahrmodi P, N, R und D werden über einen Schalter rechts neben dem Lenkrad aktiviert. Links vom Steuer gibt es einen Ein-Aus-Knopf, der aber nur gebraucht wird, um zum Beispiel bei einer Längeren Wartezeit das Radio anzuschalten oder dergleichen. Das Ambientelicht fungiert auch als Kommunikationslicht: Es blinkt zum Beispiel, wenn man beim Aussteigen einen Radfahrer gefährden würde.

Cockpit des Porsche Elektro-Macan

Cockpit des Porsche Elektro-Macan Zoom

Als wir erstmals im Elektro-Macan Platz nahmen fielen uns die hohen Seitenwangen der Sitze auf, die einen angenehm umschließen. Im Fond allerdings ist der Fußraum sehr begrenzt: Selbst der mit 1,76 m nicht sehr große Autor könnte wohl nur dann hinter einer gleich großen Person sitzen, wenn der Vordermann etwas Kompromissbereitschaft zeigt. Nach oben aber bietet der Macan genug Kopffreiheit.

Das Infotainment nutzt Android Automotive OS als Betriebssystem, die Oberfläche sieht aber anders aus als bei reinen Google-Systemen (zum Beispiel von Polestar). Das System reagiert sehr schnell auf Eingaben. Es gibt auch eine schöne Satellitendarstellung der Karten und einen Sprachassistenten. Auf die Bitte "Navigiere zum Wertstoffhof" erschien wie bei unserem Polestar-2-Test ein halbes Dutzend Optionen, doch die erste war kein Wertstoffhof, sondern eine Ladestation bei einem Wertstoffhof. Eine Route nach Kopenhagen erstellte der Elektro-Macan verblüffend schnell; auch wurden gleich passende Ladestationen vorgeschlagen.

Das Kofferraumvolumen beträgt bis zu 540 Liter; beim Turbo ist es etwas weniger, weil hier ein Subwoofer eingebaut wird. Hinzu kommt ein Frunk (vorderer Kofferraum) mit 84 Litern. Nach dem Umklappen lassen sich bis zu 1.348 Liter Gepäck verstauen. Zudem können beide Macan-Versionen bis zu zwei Tonnen schwere Anhänger ziehen.

Serienmäßig hat der Macan ein Stahlfahrwerk, optional gibt es eine Luftfederung mit adaptiven Dämpfern. Letztere kann man auch für die Version mit Schraubenfedern bestellen. Außerdem gibt es eine Hinterachslenkung mit einem maximalen Einschlagwinkel von fünf Grad. Sie verkleinert den Wendekreis auf 11,1 Meter und sorgt bei hohem Tempo für mehr Fahrstabilität.

Ab sofort bestellbar, Auslieferung ab Jahresmitte

Der Verbrenner-Macan laufe wegen einer Bestimmung der EU-Behörden aus, sagte man uns bei Porsche, wurde aber nicht konkreter. Aus Medienberichten geht jedoch hervor, dass es sich dabei um eine Cybersicherheits-Richtlinie handelt, an die der auslaufende Macan nicht mehr angepasst werden kann. So tritt der Elektro-Macan als Nachfolger des Verbrenner-Macan in große Fußstapfen, denn der Macan war bisher das meistverkaufte Porsche-Modell.

Porsche Macan 4 und Macan Turbo sind ab sofort bestellbar. Den Macan 4 mit 300-kW-Allradantrieb gibt es, wie in der Tabelle vermerkt, ab rund 84.000 Euro. Damit ist er kaum teurer als der Macan S mit 280-kW-Benziner für rund 80.000 Euro. Der Macan Turbo mit serienmäßiger Luftfederung für rund 115.000 Euro ist allerdings deutlich teurer als das Spitzenmodell des Verbrenners. Letzteres kann mit 324 kW aber leistungsmäßig nicht mit dem 470-kW-Elektroboliden mithalten. Gebaut wird der Elektro-Macan im Porsche-Werk Leipzig.

Mehr zum Macan und seinem Schwestermodell:

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Technische Daten des Porsche Macan

Allradantrieb mit Permanentmagnet-Synchronmaschinen (PSM)
Systemleistung/Drehmoment: 300 beziehungsweise 470 kW / 650 beziehungsweise 1.130 Nm
0-100 km/h / Höchstgeschwindigkeit: 5,1 beziehungsweise 3,3 Sek. / 220 beziehungsweise 260 km/h
Stromverbrauch: ca. 16-17 kWh/100 km (aus Reichweite und Akkukapazität errechnet)
Akku / WLTP-Reichweite: 95 kWh netto (100 kWh brutto) / 613 beziehungsweise 519 km
Maße: 4.784 mm Länge/ 1.938 mm Breite / 1.622 mm Höhe / 2.893 mm Radstand
Kofferraum: 540-1.348 Liter (beim Turbo wg. Subwoofer weniger) plus 84 Liter vorne
Anhängelast: bis zu 2.000 kg (beide Versionen)
Basispreis: 84.100 Euro
Marktstart: 2. Jahreshälfte 2024

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