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  • 16.05.2022 10:12

  • von Manuel Lehbrink

Genesis GV60 (2022) im ersten Test: Starkes Stromer-Debüt

Mit dem GV60 bringt Genesis sein erstes vollelektrisches Modell auf den Markt: Wie gut ist die E-GMP-Interpretation des koreanischen Premium-Herstellers? Test!

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Am 7. Juni 2022 ist es soweit und Genesis bringt mit dem GV60 das erste eigene vollelektrische Fahrzeug auf den Markt. Wir hatten bereits vor dem Showroom-Start die Gelegenheit, die südkoreanische Premium-E-GMP-Interpretation auf einer Probefahrt kennenzulernen. Ob es sich lohnt, in nicht allzu ferner Zukunft mindestens 56.370 Euro an Genesis zu überweisen, klärt unser erster Test.

Titel-Bild zur News: Genesis GV60 (2022) im Test

Genesis GV60 (2022) im Test Zoom

Was haben wir denn hier?

Beim GV60 handelt es sich um das Genesis-Pendant zum Hyundai Ioniq 5 oder dem Kia EV6. Er baut demnach auch auf der 800-Volt-Plattform namens E-GMP der Hyundai Motor Company auf und ist mit 4,52 Meter in der Länge, 1,89 Meter in der Breite und einer Höhe von 1,58 Meter kürzer als seine Schwestermodelle.

Bei der Höhe liegt er zwischen dem flacheren Kia und dem überragenden Ioniq 5, in der Breite sind alle drei Modelle identisch. Den Radstand von 2,90 Meter teilt sich der GV60 dann wieder exklusiv mit dem EV6. Der Hyundai bietet noch einmal 10 Zentimeter mehr Raum zwischen den Achsen, die man bei der Beinfreiheit im Fond aber kaum merkt.

So viel zur Gleichheit. Optisch ist der Genesis schon von außen eindeutig als solcher identifizierbar. "Athletic Elegance" nennt der Hersteller seine Designsprache. Der GV60 soll also athletische sein. Trotzdem aber irgendwie elegant. Ein typisches Stilmittel von Genesis ist beispielsweise die Quad-Anordnung der Matrix-LED-Scheinwerfer sowie der LED-Rückleuchten.

Kein Basismodell dank Premium-Anspruch bei Genesis

Dann wäre da noch die sogenannte "Clamshell"-Motorhaube, die nahtlos in die vorderen Kotflügel übergeht. Oder werfen Sie mal einen Blick auf das neue und flachere sowie für Elektroautos der Marke spezifische Logo. Und haben Sie das "V" in der Zierleiste der Seitenlinie entdeckt?!

Aber das tollste Design mit "Crest"-Kühlergrill und die verrücktesten Easter-Eggs machen noch kein gutes Auto. Das die Basis des Konzerns aber alle Grundvoraussetzungen für ein gelungenes Produkt mitbringt, konnten wir bereits bei den entsprechenden Testfahrten mit der Verwandtschaft eindeutig erfahren ...

Anders als Hyundai und Kia verzichtet Genesis durch dem Premium-Anspruch allerdings auf ein echtes Basismodell. Eine kleine 58-kWh-Batterie oder ein Derivat nur mit Hinterradantrieb wird man im Konfigurator also vergeblich suchen. Ein GV60 rollt immer mit zwei permanenterregten Synchronmaschinen vom Band. Entweder mit 74 kW an der Vorder- und 160 kW an der Hinterachse oder mit jeweils 160 kW an Vorder- und Hinterachse.


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Das stärkste E-GMP-Modell im Programm

Wobei bei diesem "Sport Plus"-Modell die Leistung beider Motoren für 10 Sekunden sogar auf 180 kW erhöht werden kann. "Athletic" und so. Im Unterboden sitzt darüber hinaus immer die bekannte 77,4 kWh-Batterie.

Mit einer Systemleistung von kurzzeitigen 360 kW und einem maximalen Drehmoment von 700 Nm hat Genesis also das bislang stärkste E-GMP-Modell im Programm. Zumindest so lange, bis der Kia EV6 GT bei uns aufschlägt. Mit 430 kW und 740 Nm ist dieser noch einmal etwas kraftvoller - wie wir bei einer ersten Mitfahrt mit Albert Biermann am Steuer schon selbst herausfinden durften.

Jetzt aber zum GV60. Den wir auch schon selbst fahren dürfen. Mit dem Druck auf den Startknopf dreht sich die sogenannte "Crystal Sphere" in der Mittelkonsole um und gibt somit die Gangwahl-Möglichkeit frei. Vor der Abfahrt stellen wir noch schnell die Kamera-Rückspiegel ein, die es auch nur so bei dem Genesis-Modell gibt.

Sie kosten immer 1.460 Euro Aufpreis und auch wenn es irgendwie cool aussieht, schauen wir nach wie vor lieber klassisch zurück. Mit Spiegeln und so. Wie es sich allgemein in einem GV60 sitzt, können Sie übrigens hier bei unserer Sitzprobe nachlesen. Wir wollen jetzt nämlich ohne Umwege auf die Straße.

Wie fährt er sich nun?

Wir wählen "D" und rollen lautlos los. Erst einmal im "Eco"-Modus. Obwohl wir im stärkeren Sport Plus-Modell sitzen. Die theoretische WLTP-Reichweite von 466 km zeigt der Bordcomputer erst gar nicht an. Obwohl der Akkustand der 479 kg schweren Batterie 100 Prozent anzeigt. 381 km werden bescheinigt.

Der GV60 hat also bereits von den vorherigen Testfahrten gelernt. Reicht auch. Und wenn nicht könnten, wir ja mit maximal 240 kW an einem Schnelllader nachtanken. Sogar mit vorkonditionierter Batterie. Wenn das Auto über die Navigation vorher Bescheid gesagt bekommt, dass man einen Ladestopp an einem bestimmten Punkt plant.

Weil uns die Reichweite heute aber egal sein kann, überspringen wir auch direkt den "Comfort"-Modus und schalten auf "Sport" um. Sofort legen die überaus bequemen Memory-Sitze ihre Seitenwangen etwas näher an den Insassen in der ersten Reihe an. Man merkt ... es wird ernst. Boost-Knopf drücken und dann Vollgas. In 4,0 Sekunden geht es auf Tempo 100. Der Zwischenspurt von 80 auf 120 km/h dauert lediglich 2,5 Sekunden.

Hohes Leergewicht kein Problem beim Bremsen

Das fühlt sich - wie bei eigentlich jedem Elektroauto - ziemlich beeindruckend an. Stark ist allerdings, dass es beim GV60 immer so weitergeht. Und zwar bis zur maximalen Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h.

Wir verlassen die Autobahn und biegen in Richtung rheinhessisches Mittelgebirge ab. Bremsen. Etwas rekuperieren. Vor der ersten stärkeren Kurve hat man bei einem Leergewicht von 2.145 kg nämlich immer ein wenig Respekt. Hätte man allerdings nicht haben müssen.

Das adaptive Fahrwerk mit Vorausschau-Funktion ist dermaßen gut abgestimmt und die Lenkung so präzise, dass sich ein offensichtlicher als Sport-Modell gelabelter Skoda Enyaq Coupé iV RS ruhig mal eine Scheibe davon abschneiden könnte.

Selbst zum Kia und dem Hyundai merkt man noch einmal einen deutlichen Unterschied. Und tatsächlich hat Genesis neben der - nennen wir es - Unebenheiten- oder Schlaglocherkennung noch eine weitere Veränderung am Fahrwerk vorgenommen. Die unteren Querlenker an der Vorderachse bestehen beim GV60 aus zwei Teilen. Ein kleiner, aber feiner Unterschied, der große Verbesserungen mit sich bringt.

Driften? Okay ...

Der Genesis ist also durchaus in der Lage, ziemlich gewagte Fahrmanöver sauber wegzustecken. Ohne ein unsicheres oder überforderndes Gefühl an die Person hinter dem Steuer zu vermitteln. Noch verrückter würde es mit dem "Drift"-Mode werden. Ein genauso witziges Detail wie der aktivierbare Verbrennungsmotor-Sound, der ein bisschen nach panischer Hummel im Einmachglas klingt.

Beim Querfahr-Programm muss man sich allerdings mehr Mühe bei der Aktivierung geben. Das Auto muss auf "P" stehen, der "Sport"-Modus an sein. Dann 5 Sekunden die ESP-Taste drücken, beide Wippen zur Rekuperationseinstellung für 3 Sekunden ziehen, dann erscheint er und kann angewählt werden. Ob man sowas braucht? Nicht wirklich. Ob es cool ist, dass ein sonst so schickes E-Auto einen solchen Modus hat? Auf jeden Fall.

Wichtiger als das Heck bei Autobahnauffahrten kommen zu lassen, ist aber sicherlich die alltäglich sinnvolle Assistenz und Konnektivität. Und hier hat der GV60 vom Spurhalteassistent über adaptive Geschwindigkeitsreglungen, einen Autobahnhelfer oder ein intelligentes Bremssystem so ziemlich alles an Bord, was irgendwie unterstützt.

Darüber hinaus lässt sich alles mindestens genauso einfach bedienen, wie Ihr Smartphone. Apple CarPlay und Android Auto sind also eine nette Funktion, was sich ansonsten auf dem 12,3-Zoll-Display abspielt kann sich aber auch sehen lassen.

Was kostet der Spaß?

So viel Perfektion. Kommen wir also zu den Preisen. Beim oben genannten Einstiegspreis bleibt es dabei natürlich nicht. Die getestete "Sport Plus"-Version mit dem stärkeren Antrieb kostet schon einmal 14.640 Euro mehr. Macht 71.010 Euro. Die Aufpreisliste ist dann aber wieder relativ übersichtlich.

Auch wenn einige Optionen noch einmal ganz schön ins Festgeldkonto einschlagen. Unser Testwagen kommt so auf insgesamt 84.730 Euro. Förderfähig ist da natürlich nichts mehr. Da muss man beim "Sport"-Modell bleiben und kann sich nur noch das Technik-Paket, das Bang&Olufsen-Soundsystem und das Glasdach gönnen (alles empfehlenswert).

Die Lieferzeiten liegen laut Genesis für individuell konfigurierte Fahrzeuge derzeit bei 6 bis 9 Monaten. Zum oben erwähnten Marktstart gibt es allerdings ein Kontingent von vorkonfigurierten Modellen. Und diese wären sofort verfügbar. Schnell sein könnte sich also lohnen.

Fazit: 9,5/10

"Athletic"? Auf alle Fälle! "Elegance"? Mehr als genug. Dazu die aktuell wohl ausgereifteste Elektroauto-Plattform auf dem Markt. Gibt es einen Grund, den Genesis GV60 in Zukunft nicht in Betracht zu ziehen?

Wenn die Platzverhältnisse zusagen und das Design überzeugt können wir nur sagen: Nein. Wir haben keinen Grund gefunden, diesen E-Auto-Debütanten nicht gut zu finden. Einen halben Punkt möchten wir trotzdem abziehen. Allerdings nur wegen den happigen Preisen von Technik- und Sitzpaket für insgesamt 7.430 Euro.

Genesis GV60 Sport Plus AWD

Motor: 2x permanenterregte Synchronmaschine

Getriebeart: Ein-Stufen-Automatik

Antrieb: Allrad

Leistung: 2x 160 kW (2x 180 kW für 10s im Boost-Modus)

Max. Drehmoment: 700 Nm

Beschleunigung 0-100 km/h: 4,0 s

Höchstgeschwindigkeit: 235 km/h

Batterie: 77,4 kWh

Elektrische Reichweite: 466 km (WLTP)

Ladeanschluss: CCS

Aufladezeit: min. 18 min (10 - 80 % an 350 kW / 200 A / 800 V)

Verbrauch: 19,1 kWh/100km (WLTP) // 25,1 kWh/100km (Testverbrauch)

Länge: 4.515 mm

Breite: 1.890 mm

Höhe: 1.580 mm

Leergewicht: 2.145 kg

Zuladung: 515 kg

Anzahl der Sitze: 5

Kofferraumvolumen: 432 l (+ 20 l im Frunk)

Anhängelast: 1.600 kg (gebremst)

Basispreis: 71.010 Euro (Sport Plus)

Preis des Testwagens: 84.730 Euro

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