Genesis Electrified GV70 im Test: Enorm in jeder Hinsicht

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Genesis gibt Gas. Halt, natürlich Strom! Noch ist die Nobelmarke aus dem Hyundai-Konzern nicht allzu lange auf dem europäischen Markt. Hatte man zu Beginn noch vergeblich nach Stromern gesucht, so ist jetzt die Elektro-Offensive im vollen Gange.

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Genesis Electrified GV70 (2022) im Test Zoom

Was ist das?

Nach dem reinen Elektroauto GV60 folgt jetzt das zweite Strom-Derivat einer Verbrenner-Baureihe: Den Anfang machte der G80, nun rollt der Genesis Electrified GV70 an den Start. SUVs gehen schließlich immer, zumal in diesem Format. Mit 4,71 Meter spielt der Electrified GV70 in einer Liga mit dem BMW iX3, dem Jaguar I-Pace, dem Tesla Model Y und dem bereits angekündigten Mercedes EQE SUV.

Aber warum sollte man gerade zum Genesis greifen? Ein Pluspunkt des Electrified GV70 ist sein markentypisch schickes Design: Die Optik der Leuchten an Front und Heck weiß zu gefallen, zudem wurde der Ladeanschluss gelungen in die grillartige Frontmaske integriert.

Allerdings ist der verstromte GV70 ein "gwamperter Pfundskerl", wie man in Bayern sagen würde. Fast zwei Meter Breite und ein Leergewicht von 2.310 Kilogramm sind enorm viel, auch wenn andere Elektro-SUVs in dieser Klasse ähnlich adipös auftreten.

Gibt es im Gegenzug wenigstens Geräumigkeit? Ja. 503 bis 1.678 Liter Gepäck schluckt der Kofferraum, im Fond gibt es auch für lange Beine genügend Platz. Sitze wie Ladeboden sind jedoch recht hoch angesiedelt. Anders vorne, hier finde ich dank vielerlei elektrischer Verstellmöglichkeiten eine hervorragende Sitzposition.

Apropos hervorragend: Die verwendeten Materialien und ihre Verarbeitung übertrumpfen manch deutschen Premium-Konkurrenten. Zudem eliminiert Genesis nicht sämtliche Knöpfe und Schalter, was der Bedienung zugute kommt. Was mir gut gefallen hat, sind die auf dem digitalen Instrumentendisplay dargestellten analogen Instrumente. Seht her, BMW, so geht das! Und auch richtig gut: 1.800 Kilogramm Anhängelast.

Bewährte 800-V-Konzerntechnik

Widmen wir uns vor dem Losfahren der Technik. Die Batterie mit 77,4 kWh Kapazität kennt man bereits vom Genesis GV60 und einigen Varianten des Kia EV6 und Hyundai Ioniq 5. Pro Achse gibt es je einen Elektromotor mit jeweils 180 kW (245 PS). Dies aber wie im GV60 nur im Boost-Modus, dazu später mehr. Regulär stehen jeweils 160 kW (218 PS) zur Verfügung.

Herzstück des Electrified GV70 ist eine leistungsstarke elektrische Architektur, die das Laden mit 800 V und 400 V ermöglicht, ohne dass zusätzliche Komponenten oder Adapter erforderlich sind. Die patentierte Technologie steuert Motor und Wechselrichter, um die Spannung von 400 V auf 800 V zu erhöhen, was unabhängig von der Infrastruktur ein stabiles Laden gewährleistet.

Reichweite? 455 Kilometer nach WLTP, bis zu 590 innerorts. Stets ein Highlight bei Hyundai, Genesis und Co.: Beim Ultra-Schnellladen an einer 350 kW Ladesäule kann die Batterie in gerade einmal 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufgeladen werden. Die maximale Ladekapazität des Electrified GV70 beträgt 240 kW. An einer 11 kW-Wallbox lässt sich der Electrified GV70 in rund sieben Stunden und 20 Minuten von 10 auf 100 Prozent aufladen.

Electrified GV70 kann zwischen Allrad-und Hinterradantrieb wechseln

Dank seiner Vehicle-to-Load-Funktion (V2L) kann der Electrified GV70 auch als mobile Stromquelle genutzt werden. So lassen sich beispielsweise beim Camping oder bei Outdoor-Aktivitäten elektrische Geräte wie Laptop oder E-Bike mit Strom versorgen. Die Ladeleistung beträgt 3,7 kW. Je nach Gerät kann der Besitzer den Strom entweder über den externen Ladeanschluss im Kühlergrill oder über eine herkömmliche Haushaltssteckdose im Kofferraum abrufen.

Als weiteres Genesis-Modell nutzt der Electrified GV70 das Genesis Disconnector Actuator System (DAS), das bereits im vollelektrischen GV60 und im Electrified G80 zum Einsatz kommt.

Das System sorgt dafür, dass der Frontmotor schnell und reibungslos von den Antriebsrädern getrennt werden kann. Dadurch kann der Electrified GV70 je nach Bedarf zwischen Hinterrad- und Allradantrieb umschalten, was Leistungsverluste minimiert und ein effizientes Fahren ermöglicht.

Zur Antriebseffizienz trägt auch der i-Pedal Modus (Intelligent Pedal) bei, der es dem Fahrer erlaubt, allein mit dem Fahrpedal zu beschleunigen, zu verzögern und anzuhalten. Die Bremskraft kann mit Hilfe der Schaltwippen am Lenkrad an die Vorlieben des Fahrers und die aktuellen Straßenverhältnisse angepasst werden; drei verschiedene Stufen stehen dafür zur Wahl.

Wie fährt er sich?

Der Fahrer kann aus drei Fahrmodi (Eco, Comfort und Sport) wählen: Auf Knopfdruck werden unter anderem Lenkung, Dämpfer und Antriebsstrangcharakteristika angepasst. So weit, so gut. Ich beschränke mich bei meiner Runde auf "Comfort". Das passt gut zum extrem leisen Genesis Electrified GV70, der ungeachtet seines Gewichts flott unterwegs ist. 4,8 Sekunden auf 100 km/h und 2,8 Sekunden von 80 auf 120 km/h sind bemerkenswert.

Per großer Taste im Lenkrad aktiviere ich für 10 Sekunden den Boost-Modus. Solch ein Feature hat übrigens auch der neue BMW iX1. Aber noch deutlicher als dort entfährt mir im GV70 nach Bart-Simpson-Art ein "AY CARAMBA!" Offenbar hat Genesis einen Elefanten mit Usain Bolt gekreuzt. Klar ist aber auch: Wer zu oft Oktoberfest-Achterbahn spielt, kann den offiziellen Verbrauch von 19,5 kWh auf 100 km in der Pfeife rauchen.

Was kann noch berichtet werden? Die sogenannte E-Terrain Technologie kommt erstmals in einem Elektrofahrzeug der Premium-Marke zum Einsatz. Der Fahrer kann damit das Allradsystem je nach Untergrund (Schlamm, Sand und Schnee) anpassen, um selbst unter anspruchsvollsten Bedingungen maximale Stabilität und Fahrsicherheit zu gewährleisten.

Ein besonderes Augenmerk hat Genesis auch auf die elektronische Servolenkung EPAS (Electronic Power Assisted Steering) gelegt. Hinzu kommt das EDTVC-System (Electronically-assisted Dynamic Torque Vectoring Control) bei, das bei Kurvenfahrt das kurveninnere Rad sanft abbremst und ein größeres Drehmoment auf die äußeren Räder lenkt. Dies verbessert laut Genesis die Agilität. Laut mir wird dennoch der GV70 nicht zum Held der Querdynamik.

Was kostet er?

Wenden wir uns dem Preis zu: Ab 67.300 Euro geht es los, eine umfangreiche Serienausstattung inklusive. Und ebenso fünf Jahre Garantie samt Wartung und Personal Assistent. Kostenlos gibt es außerdem ein Ionity-Abo mit vergünstigten Konditionen ebenfalls für fünf Jahre.

Wo steht die Konkurrenz? Für den schwächeren iX3 xDrive30e verlangt BMW mindestens 67.300 Euro, der Jaguar I-Pace P400 beginnt bei 76.815 Euro. Bei Tesla ist das Model Y Long Range AWD mit 378 kW (514 PS) Systemleistung in etwa vergleichbar. Preis: 56.990 Euro.

Fazit: Schnell, luxuriös, aber schwer

Wäre nicht sein üppiges Gewicht, so könnte der Genesis Electrified GV70 viele Lorbeeren einheimsen: Schön innen wie außen, ein gutes Platzangebot, ein kräftiger Antrieb, schnelles Laden und ein prima Preis-Leistungs-Verhältnis. Fans deutscher Premiummarken sollten einen Seitenblick riskieren.

Wie geht es bei Genesis weiter? Ab 2025 soll jedes neue Modell einen Elektroantrieb haben, ab 2030 fährt die Marke rein elektrisch.

Genesis Electrified GV70 (2022)

Motor: Frontmotor und Heckmotor

Leistung: 180 kW (245 PS) Maximalleistung pro Elektromotor

Antrieb: Allrad

Max. Drehmoment: 700 Nm

Getriebeart: 1-Gang-Getriebe

Beschleunigung 0-100 km/h: 4,8 Sek. (4,2 Sek. im Boost-Modus)

Höchstgeschwindigkeit: 235 km/h

Länge: 4.715 mm

Breite: 1.995 mm

Höhe: 1.630 mm

Bodenfreiheit: 174 mm

Kofferraumvolumen: 503 - 1.678 Liter plus 25 Liter "Frunk"

Leergewicht: 2.310 kg

Zuladung: 535 kg

Anhängelast: 1.800 kg

Batterie: 77,4 kWh, Lithium-Ion

Ladeanschluss: 2,7 kW (AC einphasig), 11 kW (AC dreiphasig), 50 kW (DC, 400 V), 350 kW (800 V)

Aufladezeit: 34:20 h (10-100 Prozent, AC einphasig) bis 18 Minuten (10-80 Prozent, DC, 800 V)

Elektrische Reichweite: 455 km (WLTP)

Basispreis: 67.300 Euro