• 07.01.2022 16:10

  • von Stefan Wagner

Dieser BMW iX kann die Farbe wechseln

BMW hat eine Oberfläche entwickelt, die auf Knopfdruck die Farbe ändert. E-Ink nennt sich das und im Prinzip funktioniert es wie bei einem Kindle E-Reader

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Wir stehen in einem kleinen Raum im hintersten Winkel des FIZ (BMWs Forschungs- und Entwicklungszentrum) in München. Ein iX rollt lautlos hinter einer Abdeckung hervor, aber irgendetwas stimmt hier nicht. Sein Lack sieht nicht aus wie Lack. Eher wie ein großer Schwarm Fische, der nervös hin und her zuckt. Schwarz, Grau, Weiß, Grau Schwarz. Blitzschnell. Dieses Auto verändert ständig seine Farbe. Was in aller Welt ist hier los?

Titel-Bild zur News:

BMW iX Flow mit E-Ink Zoom

Was los ist, ist der "BMW iX Flow featuring E Ink". Klingt trotz "Flow" im Namen ein wenig ungeschmeidig, zeigt aber, was in puncto Automobilfarben in einer eher mittel- bis langfristigen Zukunft auf uns zukommen könnte.

Offiziell geben die Münchner auf der CES 2022 "den Ausblick auf eine Zukunftstechnologie, die Digitalisierung dazu nutzt, um auch das Exterieur eines Fahrzeugs an unterschiedliche Situationen und individuelle Wünsche anzupassen". Teile davon waren bereits bei der Studie BMW i Vision Circular zu sehen.

Wie funktioniert diese Technologie?

Ermöglicht wird der fließende Farbwechsel durch eine speziell entwickelte Karosserie-Folierung, die im Prinzip so funktioniert, wie ein herkömmlicher E-Book-Reader. Angeregt durch elektrische Signale, bringt die elektrophoretische Technologie jeweils unterschiedliche Farbpigmente an die Oberfläche, durch die das Karosseriebild die gewünschte Kolorierung annimmt.

Die Technologie wurde von E Ink entwickelt und so funktioniert das Ganze an einem Auto: In die Oberflächenbeschichtung des hier gezeigten iX sind mehrere Millionen
Mikrokapseln eingebracht, deren Durchmesser jeweils der Stärke eines menschlichen Haares entspricht. In jeder dieser Mikrokapseln befinden sich negativ aufgeladene weiße und positiv aufgeladene schwarze Pigmente. Projektleiterin Stella Clarke sagt aber, dass auch andere Farben möglich sind.


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Je nach gewählter Einstellung wird mittels Anregung durch ein elektrisches Feld dafür gesorgt, dass sich entweder die weißen oder die schwarzen Pigmente an der Oberfläche der Mikrokapseln sammeln und so der Karosserie den gewünschten Farbton geben.

Die zugeführt Spannung ist mit etwa 12 bis 18 Volt relativ niedrig. Möchte man erreichen, dass sich die Farbe des Autos in Wellen ändert, also so wie beim eingangs beschriebenen Fischschwarm, muss man auf der einen Seite des angesteuerten Karosseriesegments einfach mehr Spannung anlegen als auf der anderen.

Die E Ink-Oberflächen bestehen aus ePaper Folien, die auf die Karosserie des Fahrzeugs aufgetragen werden. Stella Clarke betont, dass diese nicht dicker als Fotokarton, sehr leicht und biegsam sind.

Um sicherzustellen, dass die Folierung die Konturen des Fahrzeugs wiedergibt, wird ein 3D-Modell des jeweiligen Karosseriesegments in einzelne, unterschiedlich große Segmente unterteilt und auf ein zweidimensionales Muster übertragen.

Per Laserschnitt-Technologie werden die entsprechenden Segmente anschließend aus den
E Ink Folienbahnen herausgetrennt. Dadurch ist das zweidimensionale Material flexibel genug, um auf die dreidimensionale Karosserie aufgetragen zu werden. Etwa 30 Meter Rolle werden für ein Auto benötigt.

E Ink, sagt Stella Clarke, ist überaus energieeffizient. Anders als Displays oder Projektoren benötiget die elektrophoretische Technologie keinerlei Energie, um den jeweils gewählten Farbzustand konstant zu halten. Strom fließe lediglich in der jeweils kurzen Phase des Farbwechsels.

Live sieht das alles, man erkennt es bei näherem Hinsehen auch auf den Bildern, aktuell noch ein wenig grob aus. Gerade an eher komplex geformten Teilen wie der Haube oder dem Stoßfänger. Aber die Australierin Clarke erläutert auch, dass bis zu einem Einsatz an einem kompletten Serienfahrzeug sicher noch zehn Jahre vergehen werden.

Und wofür genau braucht man das?

Der wohl banalste Grund, den BMW nennt, ist, dass das Auto so wie Mode oder die Status-Anzeigen auf Social-Media-Kanälen, zu einem Botschafter unterschiedlicher Stimmungslagen und Situationen des täglichen Lebens wird.

Aber es gibt auch sinnvollere Anwendungsgründe. Eine bessere Kommunikation zwischen lautlosem E-Auto und Fußgängern etwa. Außerdem kann das Fahrzeug Statusanzeigen abgeben, etwa zum aktuellen Ladezustand oder ob es sich bei diesem Exemplar um ein Carsharing-Auto handelt. Der Münchner Hersteller betont aber auch den Beitrag zu mehr Wohlbefinden und Effizienz.

Eine weiße Oberfläche reflektiere deutlich mehr Sonnenlicht als eine schwarze. Folglich könne bei starker Sonneneinstrahlung/hohen Außentemperaturen die Aufheizung des Fahrzeugs und seines Innenraums durch den Wechsel zu einer hellen Farbgebung reduziert werden. Bei kühler Witterung nehme das Fahrzeug mit einer dunklen Außenhaut dagegen spürbar mehr Wärme aus dem Sonnenlicht auf.

In beiden Fällen soll ein gezielter Farbwechsel dafür sorgen, dass die Kühl- oder Heizleistung der Klimaanlage heruntergeregelt werden kann. Dadurch verringere sich der Energiebedarf des Bordnetzes und mit ihm auch der Kraftstoff- beziehungsweise Stromverbrauch des Fahrzeugs. Beim Elektroauto könne die Folie also zu mehr Reichweite beitragen.

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