• 21.06.2023 15:04

  • von Roland Hildebrandt

Dacia Days 2023: So fährt die Marke in die Zukunft

Neuer Duster, neuer Bigster, eine komplett neue Optik für den Spring und vieles mehr: In Rumänien hat man einiges vor - Wir waren vor Ort

(Motorsport-Total.com/Motor1) - RUMMS! Mit ohrenbetäubenden Krach bringt eine gigantische Presse Blechteile in Form. Im 10-Sekunden-Takt legen Roboter neue Tafeln hinein und holen die fertigen Resultate heraus. Der Boden vibriert unter den tonnenschweren Stanzvorgängen. Hier im rumänischen Mioveni bei Dacia steppt der Bär.

Titel-Bild zur News:

Dacia Bigster Concept (2021) Zoom

Aus gutem Grund. In den Werken von Dacia in Rumänien und Nordafrika verlässt alle 50 bis 55 Sekunden ein Auto das Band: Man ist die zweitstärkste Marke in Europa, was Privatkunden betrifft. In einigen Märkten liegt der Sandero in diesem Punkt vorne. Und die rumänische Rakete soll immer höher steigen, wie uns Dacia-Chef Denis Le Vot beim Lokalbesuch verrät.

1966 entstand die Marke Dacia. Der Name leitet sich vom Namen des Gebiets ab, das vor 2.000 Jahren das heutige Rumänien und Teile der Nachbarländer umfasste. Auf deutsch: Dakien. 1999 wurde Dacia von der Renault-Gruppe übernommen. Im Jahr 2004 verließ der erste Logan das Band. Im großen "Renaulution"-Zukunftsplan des Renault-Gesamtkonzerns wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen, das Dacia zu einem der größten Aktivposten der Renault-Gruppe macht. Deren Konzernchef Luca de Meo schwärmt gar von Dacia als einem der "Juwelen" im Portfolio.

Das Werk Mioveni in Rumänien wurde 1968 eingeweiht und ist die historische Produktionsstätte der Marke Dacia. Dort ging es in kommunistischen Zeiten los mit dem 1100 auf Basis des Renault 8. Der 1300 auf Grundlage des Renault 12 folgte 1969 und wurde in Abwandlungen über Jahrzehnte gebaut.

Heute ist Mioveni ein Industriekomplex mit einem Karosseriebau, einer Mechanik- und Fahrwerksabteilung, einer Gießerei und einer Logistikplattform. Derzeit werden in Mioveni vier Modelle der Marke produziert: mehrheitlich der Duster, zudem der Sandero Stepway, der Logan und der Jogger. 350.000 Autos entstehen jährlich im Dreischicht-Betrieb. Durchschnittslohn der Beschäftigten: Umgerechnet 1.100 bis 1.200 Euro brutto.


Fotostrecke: Dacia 1300/1310 (1969-2004)

Das Werk in Tanger/Marokko baut auch Autos mit der CMF-B-Plattform und produziert hauptsächlich den Dacia Sandero, der seit 2017 das meistverkaufte Auto für Privatkunden in Europa ist. Im April 2022 lief der 10-millionste Dacia vom Band, ein Duster. Allein von diesem SUV wurden seit 2010 über 2,2 Millionen Stück gebaut.

Doch zurück zu Monsieur Le Vot: Er erklärt uns "eine Philosophie, die wir in ein leistungsfähiges Geschäftsmodell umwandeln, das sich auf 3 wichtige Säulen stützt."

Dacia Days 2023

Dacia Days 2023 Zoom

Design to Cost: Über 3.000 Ingenieure haben in Rumänien zwei Jahre lang an der völligen Neugestaltung der Clio-Plattform gearbeitet und sie in den neuen Sandero verwandelt. Dieser basiert auf dem Wesentlichen, auf dem, was in Bezug auf die Ausstattung wirklich wichtig ist, und nicht auf der Jagd nach neuesten Technologien.

"Leichtgewicht" steht im Mittelpunkt der Produktstrategie. Ein leichteres Auto bedeutet kleinere Motoren (im Durchschnitt mehr als 30 PS weniger als bei der Konkurrenz). Und ein kleinerer Motor bedeutet einen geringeren Energieverbrauch und schließlich einen geringeren CO2-Ausstoß. Dies ist laut Le Vot der "Grüne Kreis" von Dacia.

Industrielle Effizienz: Die einfache Produktpalette von Dacia ermöglicht eine massive und effiziente Industrialisierung. Die Fabriken sind im 3-Schicht-Betrieb voll ausgelastet, mit einem sehr hohen Anteil an lokalen Produkten.

Und schließlich das Vertriebsmodell: ein schlankes Modell mit mehr als 80 Prozent Privatkundenanteil und einer einfachen Produktpalette. Für die Kunden sind die Preise transparent - es gibt keinen Rabatt: der faire Preis - einfach für die Händler zu verkaufen. Daraus resultiert ein hoher Restwert und beste Kundenbindung.

Auch in Deutschland läuft es bestens: Mit 5.658 Einheiten im Mai verzeichnete die Marke hierzulande 56,3 Prozent mehr Neuzulassungen als im Vorjahresmonat. Damit ist Dacia der wachstumsstärkste Volumenhersteller. Der Marktanteil liegt bei 2,3 Prozent und lässt erneut viele etablierte Hersteller hinter sich.

Im bisherigen Jahresverlauf konnte Dacia 26.253 Fahrzeuge absetzen, was einem Plus von 39 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum und einem Marktanteil von 2,4 Prozent entspricht. Auch im Privatmarkt konnte sich Dacia in den ersten fünf Verkaufsmonaten behaupten und ist mit drei Fahrzeugen in den Top 15 vertreten.

Wie geht es modellpolitisch weiter? Ab 2024 wird die neue Generation des Duster in Mioveni auf der CMF-B-Plattform produziert. Das ist keine allzu große Überraschung, Erlkönige wurden bereits gesichtet, unser Rendering des fertigen Fahrzeugs sehen Sie unten. Um die Lasten zwischen den Dacia-Werken aufzuteilen und der Marke zu helfen, im C-Segment in die Offensive zu gehen, wird die Jogger-Baureihe, einschließlich des Jogger Hybrid 140, ab dem zweiten Quartal 2024 auch im Werk in Tanger (Marokko) produziert.

Ebenfalls 2024 wird der rein elektrische Dacia Spring neu eingekleidet, behält aber offenbar seine Technik mit bis zu 65 PS Leistung. 2025 erscheint schließlich der große Bruder des neuen Duster, der Bigster. Dabei handelt es sich um ein C-Segment-SUV, also im Format des kommenden VW Tiguan, aber mit Sicherheit deutlich günstiger. Dacia zeigte bereits vor geraumer Zeit ein Bigster Concept, welches nicht weit entfernt vom Seriendesign ist und auch Hinweise auf den neuen Duster gibt.

Interessant: In der Pipeline sind auch zwei komplett neue C-Segment-Modelle auf Basis der CMF-B-Plattform, die Dacia die Möglichkeit geben, seinen Deckungsgrad zu verdoppeln und den Umsatz pro Einheit um 50 Prozent zu steigern. Übersetzt: Kompaktklasse auf Kleinwagen-Plattform. Damit (und nicht nur damit) erinnert Dacia an frühere Zeiten von Skoda, als der Golf IV zum größeren Octavia I mutierte. Frei nach dem alten Ford-Motto: Mehr Auto fürs Geld.

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Und wie sieht es mit Blick auf künftige Antriebe aus? Beim Stichwort "Euro 7" sieht Le Vot nicht unbedingt glücklich aus. Denn sowohl dieser Punkt als auch die Elektromobiltät stehen im diametralen Gegensatz zur Devise: Konzentration auf das Wesentliche, Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit.

Intelligente alternative Angebote wie LPG, das die Euro-7-Norm erfüllen wird und E-Fuel sieht man als potenzielle Lösung für die Zukunft. Und die Erweiterung der Hybrid-Varianten, wobei bewährte und amortisierte Technologien der Renault-Gruppe zum Einsatz kommen. Viel Druck also für Dacia und zwar nicht nur im Presswerk.

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