• 28.10.2019 11:57

  • von Stefan Wagner

AEC Dodge Challenger SRT Hellcat XR mit 888 Pferdestärken angetestet

Fürchtet Euch! Die Dodge Challenger Hellcat ist gerade ein ganzes Stück höllischer (und teurer) geworden

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Wenn Sie je das "Vergnügen" hatten, einen Dodge Challenger Hellcat bändigen zu müssen, kennen Sie das Spielchen: Sie sitzen ein gutes Stück zu hoch in einer riesigen Höhle, vor Ihnen ragt eine Motorhaube bis ins nächste Dorf, ein ungeduldiges Grundgrummeln und einschüchternde Vibrationen durchdringen sehr viel Blech und einen sehr besorgten Piloten.

Titel-Bild zur News:

Test AEC Dodge Challenger SRT Hellcat XR 2019 Zoom

Wer es nicht besser weiß, haut das Gas komplett in den Boden. Die Katze schüttelt sich wiederwillig, die Haube hebt sich in die Wolken und Sie hüllen alles und jeden in einer Umgebung von 50 Metern in beißenden Rauch. Ergänzen Sie dieses Set-up mit einer schönen Portion Regennässe und Sie können sich in etwa vorstellen, wie die Nummer ausgeht. Profi-Tipp: Auto in der Garage stehen lassen oder sich einen großen Stein unters Gaspedal klemmen.

Es hat halt so seine Tücken, wenn ein Chassis, das auf einer 1995er-Mercedes-E-Klasse beruht, mit 727 PS und 889 Nm konfrontiert wird, die ausschließlich die Hinterreifen terrorisieren. Wer diese Zeilen mit Bedacht gelesen hat und sich grundsätzlich als vernünftiges Lebewesen einstufen würde, kann also nur zu einem Schluss kommen: Da muss noch wesentlich mehr Leistung rein. Und ... ähm ... ja, genau das hat US-Car-Importeur AEC nun gemacht.

Sagen Sie Hallo zum AEC Dodge Challenger SRT Hellcat XR, einer carbongeschwängerten Limited Edition (50 Exemplare) mit der Motorhaube des Straßen-Dragsters SRT Demon und der bescheidenen Winzigkeit von 888 PS und 999 Nm Drehmoment. Wir hatten das Vergnügen, das noch höllischere Kätzchen ein wenig auszuprobieren. Natürlich im Regen. Also flugs die Arbeitswindel angezogen und ab dafür ... 

Okay, wie furchteinflößend war es?

Nicht so schnell. Zuerst sollten wir kurz erläutern, wie aus einer profanen Hellcat überhaupt eine AEC Hellcat XR wird. Um dem 6,2-Liter-Kompressor-V8 insgesamt 161 PS und 110 Nm (!!!) mehr einzuflößen, wird der 2,4-Liter-Serienkompressor mit einem kleineren Triebrad ausgerüstet, das schneller und höher dreht. Außerdem gibt es größere Einspritzdüsen und eine mächtigere Benzinpumpe.

Der Gedanke daran, dass dieses Auto jetzt tatsächlich noch größere Mengen Sprit verarbeiten kann, ist minimal beunruhigend, aber was tut man nicht alles für die Rettung lokaler Tankstellenbetreiber. Für noch mehr Sound (um Himmels Willen) sorgt eine Klappenauspuffanlage von NAP. Eine Anpassung der Motor- und Getriebe-Software spannt all die Maßnahmen zusammen. 

Das Bemerkenswerteste an diesem Motorumbau (neben den schieren Zahlen) ist aber sicher, dass die Herrschaften um Entwicklungsingenieur Dany Hoffman das ganze Ding nach Euro 6d-Temp zertifiziert bekommen haben. Das schafft ja nicht einmal die Serienversion. Von anderen Tunern ganz zu schweigen. Alles in allem nahm das Projekt eineinhalb Jahre in Anspruch. "Die Leistungssteigerung ging relativ schnell. Was wirklich zeitaufwändig war, war die Homologation", sagt Hoffman.

Dodge

So sieht die leistungsstarke Version von Dodge aus Zoom

Um das Ungeheuer zumindest ansatzweise in Zaum zu halten, schickt AEC zudem das adaptive Bilstein-Fahrwerk in die Wüste und installiert ein komplett einstellbares KW Competition-Gewindefahrwerk. Abgerundet wird der XR-Umbau durch diverse neue Carbonteile. Motorhaube (mit Befestigung per Hood Pins), Frontsplitter, Seitenschweller, Heckklappe, Heckspoiler und Diffusor sind nun aus Kohlefaser. Soll leichter sein, sagt der Erbauer. Wie viel leichter, sagt er leider nicht, aber zum Asketen dürfte die Hellcat auch dadurch nicht werden.

Jetzt aber: Wie viel Bizeps und Cojones braucht man, um das Ding zu fahren?

Wie gesagt: Die kleine Testfahrt fand im Dauerregen statt und das in und um ein paar Vororte von München. Aussagen zur Mehrleistung kann ich also nicht wirklich treffen. Bei solchen Bedingungen ist es auch nicht anders als in jeder anderen Hellcat: Gib dem Trumm nur ein wenig mehr als Viertelgas und du kannst zuschauen, wie das Heck in Richtung Straßengraben wandern will. Ganz egal, ob im Stand oder bei 80 km/h. 

Laut Dany Hoffman merkt man die Mehrleistung erst ab etwa 200 Sachen. Das klingt herrlich absurd, kommt aber wohl ganz gut hin. Als Höchstgeschwindigkeit werden elektronisch begrenzte 320 km/h angegeben. Untenrum kannst du ja außer mit extremen Sportreifen kaum etwas ändern. Da ist hauptsächlich die Traktion der Feind. Die Serien-Hellcat schafft die 0-100 km/h laut Werksangabe in 3,8 Sekunden. Hoffman will bei besseren Bedingungen mal mit Cupreifen testen, was machbar ist. 3,3 Sekunden sollten drin sein, meint er. 

Beim Cruisen durch die Vororte und über ein paar Landsträßchen sind es eher andere Dinge, die hängen bleiben. Ich bin bisher lediglich die "schmale" Hellcat mit ihren 275er-Reifen gefahren. Die Breitbau-Variante hat 315er-Puschen rundum und das wirkt schon deutlich markanter, in der Lenkung schwergängiger, gibt aber gefühlt auch mehr Kontrolle und Sicherheit. Außerdem hat das neue Gewindefahrwerk die Hellcat - soweit man das fernab des Grenzbereichs sagen kann - merklich besser im Griff.

So wirkt das Auto verbindlicher und wankt weniger. Wer die normale Hellcat kennt und mit dem Teil mal auf der Autobahn schneller als 260 gefahren ist, dürfte sich über mehr Stabilität vermutlich auch nicht ärgern. Also sicher keine schlechte Wahl, auch weil man damit zwar straff, aber keineswegs unerträglich hart unterwegs ist.

Ziemlich heftig kommt dagegen das überarbeitete Achtgang-Automatikgetriebe daher. AEC hat die Software getweakt, für schnellere und vor allem deutlich brusthaarigere Gangwechsel. Das macht ordentlich Laune ... wenn man darauf steht, dass jeder Gang wie mit dem Holzhammer reingehauen wird. 

Bliebe noch der Sound, der sich erwartungsgemäß anhört, wie von allen guten Geistern verlassen. Die neue Klappenanlage kann per Knopfdruck vom Cockpit aus gesteuert werden. Stellt man sie scharf, geht schon beim Anlassen die Welt in Flammen auf. Wie das durch den Tüv ging, ist mir schleierhaft, aber letztlich auch völlig egal. Tiefschwarzes V8-Hämmern aus einer längst vergangenen Zeit in Kombination mit dem herzzerreißendsten Kompressor-Geheule seit Menschengedenken - alleine dafür möchte man der AEC-Crew sehr lange um den Hals fallen. 

Soll ich ihn kaufen?

Tja mei, wirklich brauchen wird man dieses Auto ganz sicher nicht. Eine normale Hellcat ist ja schon weitgehend von Sinnen. Wir sollen das Auto in Bälde nochmal für einen längeren Test bekommen. Dann können wir auch besser beurteilen, wie gut das mit der Leistungssteigerung so funktioniert. Natürlich kann man das alles als relativen Schwachsinn abtun, aber für viele Hellcat-Liebhaber geht es schlicht um die ganz großen Zahlen und um das Ausloten des Machbaren.

Bis dahin bleibt festzuhalten, dass die Optimierungen an Fahrwerk, Getriebe und Klang einem der charismatischsten Autos der Welt noch mehr "Haben-wollen"-Effekt einhauchen. Außerdem wirkt der Umbau auf den ersten Blick sehr professionell und qualitativ hochwertig umgesetzt. Problematisch wird es halt leider beim Preis. Die Hellcat XR soll nämlich 150.000 Euro kosten. Je nachdem, welchen Importeur man sich so aussucht, sind das um die 50.000 bis 60.000 Euro mehr als für das Serienprodukt. 

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