• 04.04.2016 13:57

  • von Heiko Stritzke & Roman Wittemeier

Toyotas Horrormarathon beim TS050: "Schlimmer als 2012"

Toyota musste nach später Entscheidung, das Motorenkonzept zu wechseln, einen Kraftakt absolvieren - Laut John Litjens war es schwieriger als beim Debüt 2012

(Motorsport-Total.com) - Der Toyota Motorsport GmbH dürften beim offiziellen Prolog zur Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) 2016 ganze Hinkelsteine vom Herzen gefallen sein: Der TS050 Hybrid lief bei den Testfahrten auf dem Paul Ricard HTTT in Le Castellet konstant auf einem zufriedenstellenden Zeitenniveau. Für LMP1-Leiter John Litjens war dies der Lohn für harte Arbeit, die das Team investiert hat. Denn TMG hat einen neunmonatigen Marathon hinter sich. Die Umstellung auf den Turbomotor war eigentlich erst für 2017 geplant.

Titel-Bild zur News: Anthony Davidson, Sebastien Buemi, Kazuki Nakajima

Der Toyota TS050 Hybrid ist das Ergebnis eines Stresstests bei Toyota Zoom

"Normalerweise fängt man mit dem neuen Auto im März oder April an", erklärt der Niederländer im Interview mit 'Motorsport-Total.com' (Audi begann sogar schon 2014 mit dem Auto für 2016). "Zu diesem Zeitpunkt hatten wir vor, auf das Batterie-Hybridsystem umzustellen. Den neuen Verbrennungsmotor zu bringen wurde erst im Juni entschieden." Das war eine gravierende Änderung, denn in Japan, wo das Aggregat entwickelt wurde, war der Fahrplan natürlich auch auf 2017 ausgerichtet. Doch dann kam die Reduktion des Benzindurchflusses für 2016 in Kombination mit der fehlenden Performance 2015. Toyota sah sich zu radikalen Maßnahmen gezwungen.

"Wir haben Anfang Juni gesagt: 'Jungs, es gibt keine andere Wahl, wir gehen aufs Ganze'", erklärt Litjens. Das Fahrzeugkonzept umzuwerfen bedeutete nämlich enorme Herausforderungen: "Wir haben von Juni bis August Vollgas gearbeitet, um die Teile aus Japan passend zu kriegen. Da mussten wir dann auch Dinge wie Lieferzeiten beachten." Die neuen Teile standen teilweise noch gar nicht bereit. Den Verbrennungsmotor nahm Toyota erst im Januar wenige Tage vor dem Rollout des Boliden in Empfang und musste bis dahin mit Simulationen und Dummys arbeiten.


Fotos: WEC-Prolog in Le Castellet


"2012 war schon schlimm, aber dieses Jahr war es noch etwas härter, fertig zu werden", stöhnt der 47-Jährige. Zur Erinnerung: Im ersten WEC-Jahr wollte Toyota ursprünglich nicht die gesamte WEC-Saison bestreiten, musste die Pläne aber ändern, nachdem Peugeot den Stecker gezogen hatte. Zu allem Überfluss wurde auch noch ein Chassis bei einem Testunfall verschrottet und für Le Mans blitzschnell ein neues Fahrzeug aufgebaut. Die Premiere des TS050 Hybrid soll nun ein noch größerer Kraftakt gewesen sein.

Drehmomentverlauf verlangt neue Boost-Parameter

Schließlich gab es gegenüber dem eigentlich geplanten Konzept mit einem auf Batterien umgerüsteten TS040 Hybrid einiges umzustellen: Das Hybridsystem, das an sich schon völlig neu war, musste komplett neu kalibriert werden. Litjens erläutert die Sisyphusarbeit: "Beim Sauger weiß man, wie sich das Drehmoment langsam aufbaut. Beim Turbo müssen wir aufpassen, dass wir nicht mit der Hybridpower übertreiben, wenn der Turbo aus seinem Turboloch raus ist. Das Feintuning hat enorm viel Zeit in Anspruch genommen."


WEC: So hat sich Toyota verändert

Die Entwicklung vom TS030 zum TS050 HYBRID

Jede Rennstrecke, auf der die WEC fährt, verfügt über so enge Kurven, dass der Turbo ins berühmte "Loch" fällt. Die fehlende Leistung muss mit dem Hybridsystem ausgeglichen werden, um das Fahrverhalten vorhersehbar zu halten und keine Zeit zu verlieren. Wenn die Turbine jedoch einmal antritt, besteht aufgrund des Drehmomentbergs die Gefahr, dass die Reifen überlastet werden.

Anthony Davidson, Sebastien Buemi, Kazuki Nakajima

Beim WEC-Prolog lief der brandneue LMP1-Bolide tadellos Zoom

Zum Glück für Toyota entpuppte sich das Batteriesystem als gar nicht so anders im Vergleich zu den zuvor verwendeten Superkondensatoren. "Wir haben viel von den Supercaps gelernt", so John Litjens. "Eine Batterie ist natürlich anders, aber in gewissen Faktoren reagiert das System ähnlich, etwa bei der Kühlung." Da die Boost-Leistung ähnlich ist, änderte sich weniger als zunächst angenommen. "Unsere Kollegen in Japan haben da gute Vorarbeit geleistet", schickt er ein Lob ans andere Ende von Eurasien.

Entwicklungspotenzial vorhanden

Beim Verbrennungsmotor musste in der Firmenzentrale das Entwicklungstempo drastisch erhöht werden, nachdem er nun ein Jahr früher kommt. Doch auch hier arbeiteten die Japaner tadellos: Das Triebwerk ließ sich genau wie vorausberechnet einbauen und die Daten stimmen den LMP1-Chef zufrieden: "Wir haben uns klar das Ziel gesetzt, dass wir das gleiche Gewicht haben wollen wie der Saugmotor. Wir sind fast da." Toyota musste die Quadratur des Kreises bewerkstelligen: Einen schwereren Turbomotor einbauen und gleichzeitig Gewicht sparen, weil man auf acht Megajoule hochging.

So kommt es, dass der Toyota TS050 Hybrid beim Prolog noch übergewichtig fuhr. "Aber wir sind nahe dran", versichert Litjens. Und schnell ist der Bolide: Obwohl die Benzindurchflussmenge und die zur Verfügung stehende Energie pro Runde verkleinert wurden, war Toyota in Le Castellet bei der Bestzeit 1,7 Sekunden schneller als mit dem TS040 Hybrid im Vorjahr. Und noch wichtiger: Der Bolide ist standfest, das Problem mit den sich lösenden Karosserieteilen sollte sich beheben lassen.

Das Rennen gegen die Zeit geht allerdings noch weiter: Jetzt gilt es, das Konzept zu optimieren. Insbesondere bei der Motorsteuerung kann Toyota noch einige Prozent herausquetschen, sagt Litjens. Das Übergewicht kommt hinzu. Insgesamt sind das gute Nachrichten für Toyota: Das Basiskonzept ist schnell und hat noch viel Entwicklungspotenzial. Das darf positiv stimmen.

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