• 03.04.2016 09:00

  • von Heiko Stritzke & Roman Wittemeier

Zur Kostenreduktion: WEC diskutiert Tokensystem für LMP1

Hinter den Kulissen diskutiert die WEC weitere Maßnahmen zur Kostensenkung: Zu den Vorschlägen gehört ein Tokensystem wie in der Formel 1: LMP1-Teams skeptisch

(Motorsport-Total.com) - Seit Einführung des revolutionären Hybridreglements zur Saison 2014 bemühen sich die FIA, die Hersteller und der Organisator ACO darum, die Kosten in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Nachdem allerdings alle konventionellen Maßnahmen wie Beschränkungen von Testtagen und Windkanalstunden ausgeschöpft sind, sucht die Arbeitsgruppe nach weiteren Möglichkeiten. Nach Informationen von 'Motorsport-Total.com' wird dabei auch die Einführung eines Tokensystems nach Formel-1-Vorbild diskutiert.

Titel-Bild zur News: Marcel Fässler, Andre Lotterer, Benoit Treluyer

Die Arbeitsgruppe aus FIA, ACO und Herstellern diskutiert ein Tokensystem Zoom

"Die Diskussion findet statt, ist aber im Anfangsstadium", bestätigt Porsche-Teamchef Andreas Seidl im exklusiven Interview. Die Frage bleibt nämlich, wie und auf welche Bereiche der LMP1-Boliden dieses System angewendet werden solle. "In der Formel 1 ist es ja auf den Verbrennungsmotor beschränkt - in einem Reglement, wo ohnehin alles beschränkt ist in Sachen Hubraum und so weiter. Wenn man das ausweiten will aufs ganze Fahrzeug, dann muss man erst einmal schauen, wie man das abgrenzen kann. Man muss schauen, wie die Definition aussieht."

Noch größere Widerstände dürften bei der Akzeptanz eines Tokensystem als solches liegen. Denn in der Formel 1 ist dieses alles andere als populär: Endlose Diskussionen wurden seit dessen Einführung geführt. Und so hält sich auch die Begeisterung im WEC-Fahrerlager darüber in Grenzen. 'Motorsport-Total.com' sprach mit verschiedenen Akteuren, die sich allesamt wenig überschwänglich zeigten. "Ich frage mich, ob man wirklich Sachen kopieren muss, die aus der Formel 1 kommen und dort kontrovers diskutiert werden", sagt etwa Neel Jani. "Alles, was die Sache kompliziert macht, sollte man weglassen", fügt Porsche-LMP1-Chef Fritz Enzinger hinzu. "Und das Tokensystem in der Formel 1 ist nicht richtig überschaubar."

Widerspruch zum LMP1-Geist?

Hintergrund der Maßnahme ist, dass die Maßnahmen zur Kostenreduktion mittlerweile am Limit angekommen sind. Weniger als 43 Testtage lassen sich kaum bewerkstelligen, da die High-Tech-Boliden auf 24.Stunden-Rennen vorbereitet werden müssen. Mit der Einschränkung der Aerodynamik-Pakete auf zwei zur Saison 2017 ist man ebenfalls an der unteren Grenze angekommen, da Le Mans (und zum Teil auch Spa) und die anderen Strecken gänzlich verschiedene Bodykits erfordern. Windkanalstunden und Personal an der Strecke sind ebenfalls begrenzt - offen ist nur noch das technische Reglement.

Sollte nun die technische Entwicklung dahingehend eingeschränkt werden, dass nur noch bestimmte Bereiche in bestimmtem Maße weiterentwickelt werden dürfen, könnte auch die enorme Leistungsexplosion der Boliden eingebremst werden. Von 2014 nach 2015 wurden die LMP1-Raketen auf eine Runde auf einer normalen Strecke wie Silverstone um fünf Sekunden schneller. Trotz der großen Einschränkungen zur Saison 2016 waren die Fahrzeuge beim Prolog auf dem Paul Ricard HTTT in Le Castellet so schnell wie im Vorjahr.


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Doch es stellt sich die Sinnfrage: Würde das dem gesamten Geist des LMP1-Regelwerks nicht zuwiderlaufen? Freie Entwicklung und ein offenes Reglement kennzeichnen die Regularien und machen sie für Hersteller attraktiv. Nicht nur deshalb gilt es als unwahrscheinlich, dass das System tatsächlich kommen wird. Die Überlegungen in der Arbeitsgruppe gehen nämlich noch weiter.

"Man sollte wirklich schauen, ob etwas funktioniert, wenn man etwas aus einer anderen Rennserie kopieren will." Neel Jani

Einführung unwahrscheinlich

Wenn nun Beschränkungen in der Weiterentwicklung gemacht erlaubt werden würden, ließe sich theoretisch ein Spannungselement hinzufügen, das auch auf den Tisch gebracht wurde: So könnten Teams, die zurückliegen (wie etwa Toyota in der WEC-Saison 2015), mehr Token zugesprochen bekommen als solche, die weiter vorn liegen. So könnte insbesondere Neueinsteigern der Anschluss ans Feld schneller gelingen.

Steht das Fahrerlager dem Token-System schon skeptisch gegenüber, stößt dieser Vorschlag auf totale Ablehnung: "Das wäre ja dann ein Spiel", befindet Jani, und legt eine Breitseite in Richtung Formel 1 nach: "Dann würden wir den Weg einschlagen, den die Formel 1 geht. Man sollte wirklich schauen, ob etwas funktioniert, wenn man etwas aus einer anderen Rennserie kopieren will." Auch Seidl wischt den Vorschlag beiseite: "Das ist nicht unsere Philosophie."


Fotos: WEC-Prolog in Le Castellet


Eine Einführung des Tokensystems liegt also noch in weiter Ferne und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Idee völlig fallen gelassen wird. Fritz Enzinger empfiehlt einen anderen Weg: "Einfachere Systeme, bei denen jedem alles klar ist, sind mir da lieber. Das System mit der Energieformel ist schon sehr komplex, aber wir versuchen, es so einfach wie möglich zu erklären. So erfährt jeder, dass es interessant und herausfordernd ist, mit einer bestimmten Energiemenge hauszuhalten. Man muss also schauen, dass es sinnvoll und verständlich ist, wenn man etwas einführt - und wie weit der Zuschauer da mitgeht."

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