Kubica trägt Privat-Ferrari zum Le-Mans-Sieg, und das "nach 35h ohne Schlaf"
Der Le-Mans-Erfolg ist Chefsache: Robert Kubica fährt die letzten viereinhalb Stunden den privaten Ferrari selbst zum Sieg - und er hatte dafür einen besonderen Anreiz
(Motorsport-Total.com) - Die Geschichte seines Erfolgs in Le Mans ist eine bemerkenswerte, und das in mehrfacher Hinsicht. Die Rede ist von Robert Kubica, der den privaten AF-Corse-Ferrari #83 (Kubica/Ye/Hanson) am Sonntag praktisch im Alleingang zum Gesamtsieg an der Sarthe gepeitscht hat.

© Alexander Trienitz
Robert Kubica (vorn) war der X-Faktor beim Sieg des Ferrari #83 Zoom
Kubica war es, der sich am Sonntagmorgen im Zweikampf gegen Antonio Giovinazzi am Funk gegen eine zuvor ausgesprochene, zweimalige Stallorder zugunsten der beiden offiziellen Werks-Ferraris auflehnte und selbst eine Bevorzugung einforderte. Später, ab 12:30 Uhr mittags nahm er wieder im 499P mit der #83 Platz und sollte das Cockpit erst nach der Ehrenrunde wieder verlassen.
Robert Kubica gegen alle, gegen die gesamte Welt - so schien es an diesem Sonntag in Le Mans. Er sorgte fast im Alleingang für den ersten Sieg eines Privatteams seit 2005. "Die letzten zwei Stunden waren für mich allerdings sehr kontrolliert. Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich wusste, dass ich es ohne Fehler, ohne DNF und ohne technische Probleme nach Hause bringen kann", sagte Kubica im Nachhinein bei Sportscar365.
Robert Kubica: Rolex hat eine Rolle gespielt
"Und das habe ich geschafft. Ich bin glücklich darüber. Und ich habe keinen Fehler gemacht, obwohl ich am Ende viele Stunden gefahren bin, nachdem ich 35 Stunden nicht geschlafen hatte. Es ist leicht, Fehler zu machen. Aber für einen 40-Jährigen ist es immer noch eine Leistung, in guter Form zu sein. Ich bin froh, dass ich zu diesem Sieg beitragen konnte."
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Der erlösende Gesamtsieg vor Augen ließ nochmal ungeahnte Kräfte in Kubica frei werden - und die Aussicht auf eine Rolex-Uhr, die es traditionell für die Gewinner des Langstrecken-Klassikers gibt. Darauf hat der Pole schon länger geschielt, wie er zugibt.
"Ich sage immer, dass ich nach Daytona gefahren bin, um eine zu gewinnen, aber es hat leider nicht geklappt. Als ich 2021 in der letzten Runde den Sieg in der LMP2-Klasse verlor, war ich überzeugt, dass der LMP2-Sieger auch eine Rolex bekommt. Als mir dann gesagt wurde, dass dies nur für die Gesamtwertung gilt, habe ich mich besser gefühlt", lacht er.
Steiniger Weg für den Polen im Motorsport
Der Sieg in Le Mans, er ist auch die Krönung von Kubicas Karriere im Motorsport. Hinter ihm liegt ein harter, steiniger Weg. Man denke nur an seinen Horror-Unfall beim Kanada-GP 2007 oder den schrecklichen Crash bei einem Rallye-Wettbewerb, der fast sein Leben beendet hätte und mit dessen Folgen Kubica immer noch zu kämpfen hat.
Der Pole kämpfte sich für ein Jahr wieder zurück in die Formel 1, fuhr zwischenzeitlich auch DTM, ehe er auf der Langstrecke heimisch geworden. Und da hätte er vor drei Jahren fast schon mal in Le Mans gewonnen, damals in der LMP2. Doch sein Fahrzeug blieb in der letzten Runde in Führung liegend stehen und kam deshalb nicht mal mehr in die Wertung.

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Der Moment des Triumphs: Robert Kubica überquert die Ziellinie Zoom
Seit dem Vorjahr pilotiert Kubica nun das private Ferrari-Hypercar von AF Corse, und im Vorjahr stand der gelbe 499P mit der Startnummer 83 beim Lone Star Le Mans in Austin schon einmal auf der obersten Stufe des Siegertreppchens. Doch das ist mit einem Gesamtsieg beim Saisonhöhepunkt natürlich nicht zu vergleichen.
Ferrari behält 100-prozentige Siegquote in Le Mans
Ganz nebenbei verlängert Kubica mit seinen Teamkollegen Phil Hanson und Yifei Ye die Siegesserie des springenden Pferdes in Le Mans - und in dieser WEC-Saison. "Es war ein großartiger Tag - nicht nur für mich, sondern auch für Ferrari. Das Team hat die 100-prozentige Siegquote für den 499P aufrechterhalten, was wirklich erstaunlich ist", jubelt der Pole.
Und weiter: "Ich meine, Ferrari ist heute wahrscheinlich froh, dass es einen gelben Ferrari gab, denn so wurde Porsche Zweiter. Ich bin froh, dass ich dazu beitragen konnte, diese 100-prozentige Siegquote für dieses Auto in Le Mans aufrechtzuerhalten. Es war ein großartiger Tag, eine großartige Leistung für mein Team, für meine Teamkollegen und für mich selbst. Und ja, ich war sehr müde, aber das war es wert."
Der Husarenritt der #83 lässt auch die Chefetage bei Ferrari jubeln. Nun hat Maranello den Langstrecken-Klassiker in drei Jahren mit drei unterschiedlichen Fahrzeug-Besatzungen gewonnen. "Das ist ein sehr wichtiger Sieg, denn er demonstriert, dass alle Ferrari-Fahrzeuge gleich sind. Das ist eine Qualität all unserer LMH- und GT3-Autos", hält Antonello Coletta fest.
AF Corse sei "der erste Partner von Ferrari, der mit uns in einem Teil der Garage die offiziellen Fahrzeuge managt, und im anderen Teil einen privaten Rennwagen. Aber am Ende ist das alles ein Ferrari(-Team)", so Coletta, der beim springenden Pferd aus Maranello alle Motorsport-Aktivitäten abseits der Formel 1 verantwortet.
Wer schlägt das springende Pferd endlich mal?
Auch Ferraris Formel-1-Teamchef Frederic Vasseur sind Kubicas Heldentaten nicht verborgen geblieben. Er schwärmt vom Polen: "Ich habe eine enge Beziehung zu Robert. Wir waren einige Jahre gemeinsam bei Alfa Romeo und davor in der Formel Renault. Für mich ist er ein Außerirdischer. Was er macht, ist großartig. Ich kann mir nicht vorstellen, in dieser Situation in Le Mans zu gewinnen, das Auto zu führen und das Team zu pushen."
Und Ferrari-Chef John Elkann lässt ausrichten: "Heute ist das ein großer Sieg für Ferrari und alle, die dort arbeiten. Ferrari hat durch Zusammenarbeit gewonnen und gezeigt, dass Einigkeit zu außergewöhnlichen Ergebnissen führt. In den letzten drei Jahren haben drei verschiedene Autos und neun Fahrer eindrucksvoll demonstriert, was Teamwork bedeutet."
"Ich danke allen bei Ferrari. Dreimal hintereinander in Le Mans zu gewinnen, ist eine historische Leistung, die uns stolz macht und unseren Gründer Enzo Ferrari ehrt." Wie angesprochen ist Ferrari auch in der Langstrecken-WM 2024 weiterhin ungeschlagen, in Katar gewann die #50, in Imola und Spa-Francorchamps die #51. Geht die Siegesserie in Interlagos weiter?


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