• 17.11.2011 17:57

  • von Roman Wittemeier

Toyota: Wie die Formel-1-Erfahrungen helfen können

TMG-Boss Pascal Vasselon und Oreca-Chef Hugues de Chaunac über die großen Chancen mit einem Benziner-Hybrid - Le Mans schreit geradezu danach

(Motorsport-Total.com) - Toyota will den bisherigen Dominatoren der Langstreckenszene schon ab 2012 Beine machen. Die Japaner kehren mit einem eigenen LMP1-Auto auf die Langstrecke zurück. Im kommenden Jahr will man einige wenige WM-Läufe als Vorbereitung absolvieren, beim Saisonhöhepunkt in Le Mans auf jeden Fall am Start stehen. Im Hintergrund hat Toyota bereits viel Vorarbeit geleistet. In Japan testete man beispielsweise den Hybrid-Benziner im Heck eines Dome S102.

Titel-Bild zur News: Pascal Vasselon (Chefdesigner)

TMG-Boss Pascal Vasselon bringt mit seiner Mannschaft in Köln viel Erfahrung mit

Vor einigen Wochen wurden die letzten Puzzleteile eingefügt. Der Antrieb kommt aus Japan, das neue Chassis von TMG in Köln, die sportlichen Einsätze an der Strecke wickelt die Mannschaft von Oreca ab. "Unser Rennteam wird komplett bei Toyota eingegliedert. Wir werden als Toyota auftreten, haben dann viele Mitarbeiter von denen in unseren Reihen. Oreca wird Toyota - so einfach kann man das beschreiben", erklärt Oreca-Boss Hugues de Chaunac gegenüber 'pitlane-vision.com'. "Wir werden das, was Joest bei Audi ist."

Oreca bringt nicht nur das Einsatzteam mit in die Ehe ein, sondern auch den langjährigen Stammpiloten Nicolas Lapierre. Der Franzose ist ein erfahrener und hoch eingeschätzter Langstreckenpilot. Er soll sich einen Toyota-LMP1 mit dem bisherigen Peugeot-Piloten Alexander Wurz und Ex-Formel-1-Pilot Kazuki Nakajima teilen, der seit vielen Jahren von Toyota gefördert wird. Der junge Japaner hat bereits in den vergangenen Monaten am Langstreckenprogramm mitgearbeitet.

"Wir wollten drei der schnellsten Piloten der Welt", sagt TMG-Direktor Pascal Vasselon auf 'lemans.org'. Man habe gute Fahrer mit ausgeprägten Fähigkeiten zur Teamarbeit ausgesucht. "Wir wollen Jungs, die ihre persönlichen Interessen auch mal hintenan stellen können. Das ist bei allen Dreien der Fall. Außerdem brauchen wir natürlich Piloten mit LMP1-Erfahrung. Diese bringen Alex Wurz, der vier Jahre Peugeot gefahren ist, und auch Nicolas Lapierre auf jeden Fall reichlich mit."

Die Verkündung der drei Einsatzpiloten für 2012 machte den Eindruck, als seien damit die Planungen bezüglich der Fahrer abgeschlossen. Dies stimmt aber womöglich gar nicht, denn laut Vasselon will Toyota 2012 "mindestens ein Auto" an den Start bringen - da könnte also noch mehr kommen. Die ersten Tests und Einsätze werden aber wohl mit nur einem Fahrzeug bestritten. "Die Teile werden derzeit gefertig. Bald bauen wir das Auto zusammen. Anfang 2012 gehen wir auf die Teststrecke", so Vasselon.

Toyota will sich nicht nur auf die Oreca-Erfahrungen und auf die Aussagen der Piloten verlassen. Man wirft beim Bau des LMP1-Hybrid-Benziners alle Formel-1-Erfahrungen in die Waagschale. "Im Langstreckensport können wir am besten etwas mit unseren Erkenntnissen anfangen. Wir wissen, wie man ein Karbonmonocoque baut, die Methoden im Bereich Aerodynamik sind gleich: CFD, dann Windkanal, anschließend Evaluierung auf der Strecke."

"Nur in einem Punkt sind unsere Ingenieure etwas frustriert: Der ACO verbietet die Verwendung von Aufhängungsteilen aus Karbon. Schade, denn genau dort haben wir unseren großen Stärken", erklärt der TMG-Chef. Vasselon stellt kein radikal ungewähnliches Auto in Aussicht, aber: "Wir werden vielleicht einige Details am Auto haben, die wir aufgrund unserer Erfahrungen aus der Formel 1 anbringen." Unter anderem rechnet man sich bei der Verwendung von KERS einen Vorteil aus.

"2009 waren wir in der Formel 1 das erste Team, das es ausprobierte. Wir waren auch die Ersten, die sich gegen einen Einsatz im Rennen entschieden", so Vasselon. "Das lag nicht daran, dass unser System nicht audreichend entwickelt war, sondern vielmehr daran, dass die Regeln einfach keinen ausreichenden Performance-Vorteil zuließen. McLaren und Ferrari haben mit ihren Systemen ein schwieriges Jahr erlebt. Dies gibt uns im Nachhinein recht."

Speziell in Le Mans könne der Einsatz von KERS enorme Vorteile bieten, meint der Franzose. "Die langen Bremszonen schreien geradezu danach", lacht er. "Es ist ganz anders als in der Formel 1. Dort durften wir 400 Kilojoule pro Runde einsetzen. Auf der Langstrecke sind es 500 Kilojoule zwischen zwei Bremszonen. In Le Mans gibt es acht bis zehn Stellen, wo es eingesetzt werden kann. Man kann sagen, dass KERS in Le Mans zehnmal so viel wert ist wie in der Formel 1!"

Details zum Hybridsystem von Toyota lässt sich Vasselon nicht entlocken. Der ACO lässt verschiedene Lösungen zu, aber letztlich wird man wohl eine Weiterentwicklung des Batterie-KERS sehen. "Das Gewicht wird etwas höher sein als beim Formel-1-System, aber die Leistung ist deutlich höher. Das Verhältmnis von Aufwand und Ertrag bezüglich des Einsatzes von Hybridtechnik ist auf der Langstrecke deutlich attraktiver als in der Formel 1."