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  • 16.09.2011 13:02

  • von Roman Wittemeier

Diesel gegen Benziner: Nicht noch mehr Anpassungen, bitte!

Redakteur Roman Wittemeier über die neuen Rufe nach mehr Chancen für die Benzinerprototypen, das Zögern des ACO und den Kampf der renommierten Piloten

Liebe Freude der Hunaudieres-Geraden,

Titel-Bild zur News: Timo Bernhard, Marcel Fässler

So soll Motorsport sein: Verschiedene Autos kämpfen verbissen um Siege

was haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten für großartigen Sport auf der Langstrecke gesehen. Der ewige Sprint in Le Mans 2011, das herzhafte Duell zuletzt in Silverstone machten unendlich viel Lust auf die WM ab 2012! Audi und Peugeot bauen auf Grundlage deutlich unterschiedlicher Konzepte zwei Dieselmaschinen, die absolut gleich schnell sind - großer Sport! Schönen Gruß an die Formel 1: Motorsportliche Spannung gibt's auch ohne hautenges Reglementkorsett.

"Am Ende all dieser Dramen und des 24-stündigen Sprints stehen dann 13 Sekunden Unterschied zwischen Platz eins und zwei. Das ist doch unglaublich. Dort haben alle das Rennen ihres Lebens abgeliefert", schnalzt Legende Jacky Ickx mit Blick auf das diesjährige Le-Mans-Rennen mit der Zunge. In Imola liegen Audi und Peugeot über weite Strecken gleichauf, in Silverstone retten sich die Löwen mit dem heißen Atem aus Ingolstadt im Nacken als Sieger ins Ziel. Die Langstrecke bietet derzeit beste Unterhaltung.

Ausgerechnet in dieser Hochphase werden die Stimmen der Bedenkenträger wieder laut. Die Benzinerfraktion fordert eine erneute Verbesserung der Einstufungen zu ihren Gunsten. In Europa rufen Henri Pescarolo und Francois Sicard (OAK) nach Anpassungen, in den USA fordern Greg Pickett (Cytosport) und Chris Dyson bessere Chancen für ihre Benziner-LMP1. Auch David Richards (Aston Martin) würde gern wettern, hält sich aber vor dem Hintergrund seiner AMR-One-Pleite lieber im Hintergrund.

ACO und FIA haben die neuen Forderungen zur Kenntnis genommen, aber zumindest den Amerikanern eine kleine Klatsche verpasst. Es seien neue Angleichungen bezüglich der Leistungsfähigkeit der Konzepte möglich, aber die Diskussionen dauerten noch an, heißt es aus Le Mans und Paris. Eine konkrete Umsetzung neuer Einstufungen erwarte man frühestens Mitte Oktober. "Das ist nicht lustig", schüttelt Cytosport-Boss Pickett mit dem Kopf.

Der Frust der Amerikaner ist verständlich. Anfang Oktober steht der wichtige ALMS-Lauf auf der Road Atlanta an. Dort werden - wie schon in Sebring - die Diesel von Audi und Peugeot mitmischen. Das Petit Le Mans zählt zum Intercontinental-Le-Mans-Cup (ILMC), daher reisen die Europäer über den Atlantik. Schon jetzt ist klar, dass der Aston Martin von Cytosport und die Lola-Mazdas von Dyson im Vergleich alt aussehen werden. "Meine Sponsoren und Partner möchten mich siegfähig sehen", sagt Dyson. "Wenigstens eine Chance wollen wir haben."

Stephane Sarrazin, Franck Montagny, Simon Pagenaud, Sebastien Bourdais

Bitte nicht eingreifen: Das Duell der Dieselmannschaften ist gerade perfekt Zoom

So verständlich die Sorgen von Dyson und Co. auch sind: Wäre es verdient, wenn ein alter Benziner-Prototyp einem brandneuen und hoch entwickelten Werks-Diesel um die Ohren fahren könnte? Nein! Sebring 2011 hat deutlich gezeigt, dass diese beiden Teams eben nicht auf dem entsprechenden Niveau agieren. Was mit einem Benziner möglich wäre, hat Highcroft dort mit Platz zwei unterstrichen. Es wurde sehr deutlich, dass man mit einem guten Benziner durchaus Chancen haben könnte.

Was im Hintergrund diskutiert wird, ist eine neue Anpassung für den ILMC-Saisonabschluss in Zhuhai. Bei normalem Verlauf sollte Peugeot dann die Titel in der Tasche haben, somit dürfte man einen Testballon im Hinblick auf 2012 starten. ACO und FIA planen diesmal nicht neue Vorteile für die Benziner, wie sie bei dein neuen Einstufungen vor Le Mans eingeführt worden waren, sondern diesmal will man die Diesel bremsen. Und wie: Satte 40 PS will man den Selbstzündern wegnehmen!

"Wir kennen diese Pläne und sind nicht glücklich damit", meint Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich. "Dieser Vorschlag geht zu weit. Wir dürfen doch nicht in eine Situation kommen, wo vielleicht ein Diesel plötzlich nicht mehr konkurrenzfähig ist." Diese Angst ist nicht unbegründet. Vor allem auf der engen Strecke von Zhuhai sind die Benziner ohnehin näher dran. Wenn dann die Diesel auch noch gebremst werden, dann könnte es die Szene auf den Kopf stellen.

Wolfgang Ullrich (Audi Sportchef)

Neue Fahrergeneration: Andre Lotterer (hier mit Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich) Zoom

"Ich kann nicht losziehen und mir einen Audi kaufen - ich habe es versucht. Auch von Peugeot bekomme ich kein Auto", klagt Pickett, hat aber gleichzeitig die potenzielle Granate für 2012 schon an der Hand. Cytosport wird womöglich - ebenso wie Strakka - im kommenden Jahr einen HPD ARX-03a einsetzen. Dieses Auto ist eine Weiterentwicklung des ARX-01e, den Highcroft in Sebring auf Platz zwei gejagt hatte. Dieses Fahrzeug hat zweifellos das Potenzial für einen fairen Kampf an der Spitze - es muss nicht künstlich eingegriffen werden.

Eine kurzfristige Leistungsbeschneidung der Diesel könnte zudem ungeahnte Folgen haben. Niemand weiß, ob der Audi R18 TDI und der Peugeot 908 diesen Einschnitt gleichermaßen wegstecken könnten. Möglicherweise wäre aus einem bisher atemberaubenden Duell plötzlich die Luft heraus. Das kann doch niemand wollen, denn gerade mit dem aktuellen Kampf der beiden Hersteller betreibt man beste Werbung für die Weltmeisterschaft ab 2012.

¿pbvin|64|4075||0|1pb¿Zu solchen "Werbemaßnahmen" gehören auch die harten Manöver der Piloten. Es ist Ausdruck des großartigen Wettbewerbs, dass ein Allan McNish seinen Wagen auf der Löwenjagd neuerdings immer häufiger ins Kiesbett pfeffert - auch Franck Montagny ist dies in Silverstone passiert. Dies ist gleichzeitig ein Zeichen für eine schleichende Veränderung der Prototypenszene. Es sind längst nicht mehr die Endurance-Asse gefragt, sondern vielmehr junge Sprinter mit Ausdauer.

Es hat seinen Grund, dass in den vergangenen Jahren jeweils ein junges Audi-Trio in Le Mans siegte. Kristensen/Capello/McNish haben zweifellos einen hervorragenden Ruf, große Erfolge gefeiert und viele Sympathien. Aber passen diese Piloten noch in die Zeit von Langstrecken-Sprints? Es sind die jungen Vollgashelden wie Andre Lotterer oder Simon Pagenaud, die die Szene derzeit aufmischen. So leid es mir für Gene, Minassian, Capello und Co. auch tut: Die Jungen sind jetzt am Zug!

Ich wünsche viel Grip und Freude,

Roman Wittemeier

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