• 21.07.2010 14:47

Whitmarsh: "Sind in der Lage, die WM zu gewinnen"

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh über die Tendenzen der aktuellen Saison, seine beiden Fahrer und die Konkurrenz im Formel-1-Titelkampf 2010

(Motorsport-Total.com/SID) - Red Bull hat möglicherweise das beste Auto, aber die aktuelle Messlatte in der Formel 1 ist McLaren: Platz eins in der Konstrukteurswertung, Lewis Hamilton und Jenson Button in der Fahrerwertung Erster und Zweiter. "Allerdings zählt nur, welche Position man am Ende der Saison inne hat", sagt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh vor dem Großen Preis von Deutschland in Hockenheim. Der Brite erwartet in einer aufregenden zweiten Saisonhälfte noch einen harten Kampf mit den Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel und Mark Webber und hofft darauf, dass seine beiden Weltmeister Hamilton und Button weiterhin fair miteinander umgehen.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh (Teamchef)

Martin Whitmarsh hat derzeit sehr viel Freude an seinen beiden McLaren-Piloten

Frage: "Anfang des Jahres begann bei McLaren eine neue Ära nach Ende der langjährigen Partnerschaft mit Mercedes. Wenn Ihnen da jemand gesagt hätte, dass Sie zur Saisonhalbzeit die Konstrukteurs-WM anführen und die Plätze eins und zwei der Fahrerwertung belegen, was hätten Sie dem entgegnet?"
Martin Whitmarsh: "Ich hätte gesagt, dass ich damit sehr glücklich wäre. Allerdings zählt nur, welche Position man am Ende der Saison inne hat."#w1#

"Wir arbeiten als Team und unser Auto ist nicht so schnell, wie es sein könnte. Wir haben damit aber die maximalen Punkte geholt. Dazu ist es eine fantastische Saison. Nach den Befürchtungen beim Auftakt in Bahrain hat jedes andere Rennen großartige Unterhaltung und eine gute Show geboten. Jetzt sind wir bereit für eine zweite Saisonhälfte, die sehr aufregend werden kann."

"Wir müssen weiter versuchen, das Auto schneller zu machen." Martin Whitmarsh

Frage: "Was muss Ihr Team tun, um seine Positionen in den WM-Wertungen zu behaupten?"
Whitmarsh: "Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen. Wir müssen weiter versuchen, das Auto schneller zu machen. Wir müssen in eine Position kommen, Red Bull hoffentlich im Qualifying angreifen zu können. Wir hatten generell die besseren Rennen. Zum einen, weil wir da schneller waren, aber auch, weil wir einen besseren Job als die anderen gemacht haben."

"Wir müssen weiter als Team arbeiten und die Zuverlässigkeit halten, unsere beiden Fahrer müssen weiter zusammenarbeiten. Das sind die Zutaten. Bis jetzt hat es gut funktioniert, aber es kann immer auch passieren, dass etwas schief läuft. Ich gehe nicht davon aus, aber ich kann auch nicht sagen, es kann nicht passieren, dass zwischen unseren Fahrern Reibereien entstehen. Das wäre falsch. Unsere Fahrer haben viel Respekt voreinander und versuchen, gemeinsam etwas zu erreichen."¿pbvin|512|2936|inside|0|1pb¿

Keine Bevorzugung bei McLaren

Frage: "In Istanbul war es schon einmal im Rennen sehr eng zwischen Ihren Fahrern. Hatten Sie Angst, dass es einen Crash geben könnte?"
Whitmarsh: "Wir hatten jetzt schon mehrere Rennen, in denen wir Erster und Zweiter waren und einfach gewinnen konnten. Das war schon vor Istanbul in China der Fall, bei sehr schwierigen Bedingungen mit abgenutzten Reifen. Wir waren schneller als der Rest des Feldes und Lewis wollte seine Chance nutzen, Jenson zu überholen."

"Sie wollen kämpfen, und das ist das Interessante. Beide wollen gewinnen." Martin Whitmarsh

"Der wollte aber vorne bleiben und hat sich aus der Situation gerettet. In Istanbul war es sehr eng, eng genug, sich zu berühren. Und wenn es noch enger gewesen wäre, dann hätte es eine Katastrophe geben können. Sie wollen kämpfen, und das ist das Interessante. Beide wollen gewinnen. Wir wollen eine gute Kommunikation sicherstellen und das Verständnis schaffen, dass das Team sie beide fair behandelt."

"Wenn sie die gleichen Möglichkeiten bekommen, können sie gut miteinander arbeiten. Wenn sie den Eindruck haben, dass das Team einen bevorzugt, dann wird es aus meiner Erfahrung schwierig. Der Fahrer engagiert sich sehr, wenn er mit einem Formel-1-Auto aus der Garage fährt. Es ist ein sehr fordernder und gefährlicher Sport. Wir wollen sicherstellen, dass wir offen und fair sind."

"Sie sind beide schnell und sehr offene Menschen." Martin Whitmarsh

Frage: "Lewis Hamilton und Jenson Button sind unterschiedliche Charaktere und haben auch verschiedene Fahrstile. Können Sie beschreiben, wer welche Stärken hat?"
Whitmarsh: "Zunächst mal sind beide großartige Rennfahrer. Sie sind beide schnell und sehr offene Menschen. Jenson ist fünf Jahre älter als Lewis und hat daher viel mehr Erfahrung. Jenson hat einen fantastischen Überblick im Rennen. Er versteht, was passiert, und nutzt seine Erfahrung."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Großbritannien


"Das ist etwas, woran Lewis noch arbeitet. Seinerseits ist Lewis der beste Angreifer und Überholer der Welt. Er ist sehr schnell und aggressiv. Diese beiden Fahrer haben mit viel Respekt beobachtet, was der andere macht und was man von ihm lernen kann. Ich denke, dass Lewis von Jenson gelernt hat und weiter lernt und umgekehrt. Das ist gut für uns."

Whitmarsh räumt Schumacher noch etwas Zeit ein

Frage: "Wen sehen Sie als härteste Rivalen für den Rest der Saison?"
Whitmarsh: "Im Moment ist das ganz klar Red Bull. Sie haben ein gutes Auto, extrem schnell im Qualifying. Wir haben es noch nicht geschafft, das Maximum im Qualifying herauszuholen. Unter Rennbedingungen waren wir näher dran und manchmal sogar schneller. Es ist ein harter Wettbewerb. Auf der anderen Seite sind auch Ferrari und Mercedes starke Teams."

"Es gab noch nie so viele Weltmeister wie in dieser Saison." Martin Whitmarsh

"Beide haben Weltmeister im Team, und ihre zweiten Fahrer sind ebenfalls Weltklasse. Es gab noch nie so viele Weltmeister wie in dieser Saison. Vor ihnen zu bleiben, ist nicht einfach. Wir haben zehn Rennen hinter uns. Wir sind in der Lage, die WM zu gewinnen. Wir haben die Fahrer, die das können, und ein Team, das schon zuvor Meisterschaften gewonnen hat und weiß, was es tun muss."

Frage: "Waren Sie überrascht, dass Mercedes größere Schwierigkeiten hat als erwartet?"
Whitmarsh: "Ich denke, es ist ziemlich eng. Michael Schumacher war ein paar Jahre raus und muss sein Talent wieder aktivieren. Es dauert seine Zeit, bis er wieder so wettbewerbsfähig ist, wie er gerne sein würde. Nico Rosberg macht einen soliden Job. Sie sind nah dran, aber im Moment sind Red Bull und McLaren ein bisschen voraus."

Frage: "Ist Schumachers Comeback gut für die Formel 1?"
Whitmarsh: "Ja. Mehrere Weltmeister zu haben - Michael, Fernando Alonso, Lewis und Jenson -, die um weitere Titel kämpfen, ist positiv. Egal, ob er gewinnt oder nicht gewinnt, sind die Zuschauer daran interessiert, was mit Michael passiert."

"Es gibt keine Änderung in der Art, wie wir Rennen fahren." Martin Whitmarsh

Frage: "In früheren Jahren war Hockenheim durch die Partnerschaft mit Mercedes ein zweites Heimrennen. Ist es jetzt ein Rennen wie jedes andere?"
Whitmarsh: "Nein. Erstmal sind wir immer noch mit Mercedes verbunden, auch durch Promotion-Events mit unseren Fahrern. Ich spreche noch mit Norbert Haug und den Mercedes-Verantwortlichen."

"Wir haben außerdem immer noch den Stern auf unserem Auto. Es sind jetzt 16 Jahre, die wir mit Mercedes zusammenarbeiten. Etwa die Hälfte davon waren sie auch Anteilseigner, in der anderen Hälfte nicht. Es gibt keine Änderung in der Art, wie wir Rennen fahren. Natürlich wollen sie uns jetzt schlagen, aber ich denke, dass wir noch für lange Zeit mit Mercedes zusammenarbeiten werden."

Weitere Neuerungen bei McLaren

Frage: "Was werden Sie für Hockenheim an Ihrem Auto ändern?"
Whitmarsh: "Es gab in Silverstone großes Interesse an unserem neuen angeströmten Diffusor. Wir sind damit am Freitag gefahren, aber nicht am Samstag und Sonntag. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir ihn in Hockenheim am Freitag am Auto haben, und erwarte, dass wir auch am Samstag und Sonntag damit fahren werden."

"In der Formel 1 ist eine Zehntelsekunde schon viel." Martin Whitmarsh

"Es sind keine Testfahrten erlaubt, daher ist der Freitag der Testtag. Ich denke, es war die richtige Entscheidung, ihn in Silverstone am Samstag und Sonntag nicht zu verwenden. Wir haben daran gearbeitet und werden das in Hockenheim am Freitag fortsetzen. Wir hoffen, dass wir damit das Rennen fahren werden."

Frage: "Welchen Zeitvorteil könnte das bringen?"
Whitmarsh: "In der Formel 1 ist eine Zehntelsekunde schon viel. In Silverstone hatten wir etwa 20 Neuerungen, von denen wir sieben am Auto gelassen haben, auch wenn alle nur über eine Sache geredet haben. Die war deutlich sichtbar, aber eben nur eine Neuerung. Es kommt auf die Summe an."