Viele Knöpfe ein Vorteil für die "Generation PlayStation"?

Maldonados Renningenieur Xevi Pujolar über Testunfälle durch die vielen Knöpfe, die "Generation Playstation" und die Herausforderung Istanbul Park

(Motorsport-Total.com) - Vor Saisonbeginn klagten viele Piloten darüber, dass es die vielen Knöpfe im Cockpit beinahe unmöglich machen, sich auf das Geschehen auf der Rennstrecke zu konzentrieren. Inzwischen ist die Kritik etwas abgeflaut, dennoch sind die Anforderungen für die Piloten durch die vom Cockpit bedienbaren Überholhilfen deutlich angestiegen. "Je mehr Übung der Fahrer allerdings hat, desto natürlicher wird es für ihn", erklärt der portugiesische Williams-Renningenieur Xevi Pujolar, der sich um Rookie Pastor Maldonado kümmert.

Titel-Bild zur News: Pastor Maldonado

Für Rookie wie Maldonado sind die vielen Knöpfe im Cockpit kein Vorteil

Pujolar gibt zu, dass es bei den Testfahrten durch die Verwirrung im Cockpit sogar Unfälle gab: "Wir machten einige Erfahrungen bei den Wintertests, dass ein Fahrer, der einen Fehler macht oder zur falschen Zeit den falschen Knopf drückt, von der Strecke rutscht. Für die Fahrer war es einfacher, als es noch das automatische Getriebe und die Traktionskontrolle gab. Durch die Verbote wird ihnen viel mehr abverlangt."

Druck im Qualifying ist enorm

Das zeigt sich vor allem im Qualifying, wenn der Pilot den Heckflügel auf der gesamten Rennstrecke bedienen muss, um eine schnelle Rundenzeit zu fahren. "Im Rennen wird der Flügel nur einmal benutzt, daher kommt man leichter in den Rhythmus", weiß Maldonados Renningenieur. "Der größte Druck entsteht im Qualifying, vor allem in den ersten beiden Sessions, wenn so viele Autos auf der Strecke sind."

"Im Rennen wird der Flügel nur einmal benutzt, daher kommt man leichter in den Rhythmus." Xevi Pujolar

Das rasche Abbauen der Pirelli-Reifen macht die Situation noch schwieriger. "Die Reifen halten nur eine Runde lang", bestätigt Pujolar. "Man muss also dafür sorgen, dass die Temperatur während der Runde aus der Box im Reifen bleibt, man muss KERS aufladen, auf den Verkehr achten und zudem alles für die eine gezeitete Runde bereit machen."

"Generation PlayStation" nicht im Vorteil


Fotos: Williams, Großer Preis von China


Eine besonders schwierige Aufgabe für einen Piloten wie Maldonado, der dieses Jahr ohne große Testerfahrung in der Königsklasse des Motorsports debütiert. "Ein junger Fahrer benötigt mehr Kapazitäten, um das Auto zu fahren", erklärt Pujolar die schwierige Situation seines Schützlings und dementiert, dass sich die sogenannte "Generation PlayStation" im Umgang mit den vielen Knöpfen leichter tut als die Routiniers.

"Auch wenn sich Pastor mit den Schaltern leichter tut, muss er sich mehr auf das Fahren konzentrieren." Xevi Pujolar

"Auch wenn er sich mit den Schaltern leichter tut, muss er sich stärker darauf konzentrieren, das Auto zu fahren", weiß er. "Ein erfahrener Pilot wie Rubens ist die Knöpfe vielleicht nicht so gewohnt, aber für ihn ist das Fahren eine so natürliche Tätigkeit, dass er mehr freie Kapazitäten besitzt, um darüber nachzudenken. Dadurch gleicht es sich in etwa aus."

Kann Maldonado in der Türkei überzeugen?

Dazu kommen die körperlichen Anforderungen, die Strecken wie der Kurs im Istanbul Park mit sich bringen: In der berüchtigten Kurve 8 müssen die Piloten über zwei Sekunden lang Fliehkräfte von rund 4,5 G aushalten. Pujolar meint aber, dass die Piloten heute viel fitter als in der Vergangenheit sind. "Zudem sind die Autos einfacher zu fahren - sie sind sehr stabil, auch wenn die Fliehkräfte hoch sind. Hin und wieder verlangen die Fahrer aber eine Art Polster, damit sie sich in Kurve 8 etwas anlehnen können."

"Die Autos sind heute einfacher zu fahren." Xevi Pujolar

Der Portugiese glaubt aber nicht, dass Maldonado unter diesen körperlichen Belastungen besonders leiden wird. Vielmehr hofft er, dass sein venezolanischer Pilot in der Türkei zur Hochform auflaufen kann, schließlich verfügt er nun erstmals in dieser Saison über Streckenkenntnisse: Maldonado triumphierte 2010 beim GP2-Rennen in Istanbul sogar.

Kurve 8 überbewertet?

"Die Geschwindigkeiten sind in der Formel 1 natürlich höher und die Bremsmanöver härter", sagt Pujolar. "Ich weiß aber nicht, warum er in der Türkei größere Probleme haben sollte als auf einem anderen Kurs, auf dem er bereits in der GP2 gefahren ist. Wenn er in der Kurve 8 einmal das richtige Gefühl und die richtige Linie gefunden hat, dann wird sie kein Problem sein."

"Wenn Pastor in Kurve 8 das richtige Gefühl und die richtige Linie gefunden hat, dann ist sie kein Problem." Xevi Pujolar

Der Teufel steckt eher in den letzten drei Kurven des Kurses, die zwar auf den ersten Blick unspektakulär anmuten, für eine gute Rundenzeit aber äußerst wichtig sind. "Dort verliert man viel mehr Zeit, wenn etwas schiefläuft", behauptet Pujolar. "Man lässt locker zwei bis drei Zehntel liegen, wenn man in der ersten Kurve zu weit nach unten kommt oder nicht gut aus der letzten Kurve herauskommt."