Surer: Webber "bindet dem Team die Hände"

Auf den Spuren von Fernando Alonso: Mark Webbers mitleiderregende Kommentare könnten laut 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer Taktik sein

(Motorsport-Total.com) - Mark Webber hat in dieser Saison schon mehrfach darauf hingewiesen, dass er sich bei Red Bull zumindest menschlich betrachtet nur als zweite Garnitur fühlt: "Nicht schlecht für eine Nummer zwei", funkte er nach seinem Sieg in Silverstone, vor dem ihm das Team den neueren Frontflügel vorenthalten hatte, und auch in São Paulo haute er wieder auf den Tisch.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber während seiner umstrittenen Medienrunde am Donnerstag

Am Donnerstag vor dem Grand Prix von Brasilien unkte der Australier vor gut zwei Dutzend Journalisten, es sei "offensichtlich", dass er vom Team menschlich nicht genauso leidenschaftlich unterstützt wird wie Sebastian Vettel. Doch 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer glaubt nicht, dass Webber wirklich mental darunter leidet: "Ich vermute eher, dass er die gleiche Taktik spielt wie früher Fernando Alonso bei Renault", analysiert der Schweizer.

Surer sieht Parallelen zu Alonso

"Der hat auch immer gesagt, dass ihn das Team nicht unterstützt, er gegen den Teamkollegen kämpfen muss und so weiter - er hat ständig gejammert", so Surer. "Webber macht jetzt genau dasselbe: Er macht die Öffentlichkeit darauf aufmerksam, damit das Team auf keinen Fall etwas Falsches machen kann. Im Prinzip setzt er Red Bull damit unter Druck, wie er das in Silverstone ja auch schon gemacht hat: 'Nicht schlecht für eine Nummer zwei!'"


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Brasilien, Sonntag


Das ist eine Taktik, die durchaus aufgehen könnte, denn viele Medienvertreter hat Webber schon auf seine Seite gezogen. Surer nickt zustimmend: "Er weist alle darauf hin, dass hier etwas gegen ihn läuft, und bindet dem Team damit die Hände, etwas gegen ihn zu unternehmen oder ihn nicht zu pushen. Das ist psychologische Kriegsführung, was er da macht. Alonso hat es vorgemacht und war damals erfolgreich. Webber kopiert es jetzt."

Auch ein harmonisches Verhältnis zu seinem Teamkollegen Vettel scheint dem WM-Zweiten inzwischen nicht mehr sonderlich wichtig zu sein. Zumindest tut er mit Kommentaren wie "Unser Kontakt ist nach der Kollision in der Türkei abgekühlt" wenig dafür, nach außen heile Welt zu vermitteln. Auf die Frage, ob das angespannte Verhältnis für ihn unangenehm sei, antwortet Webber im 'Welt'-Interview aber kurz und knapp: "Nein."

Keine Freundschaft mehr möglich

Marc Surer

Marc Surer vermutet, dass Mark Webber psychologische Spielchen spielt Zoom

"Jeder, der die Formel 1 kennt, weiß, dass es nach so einem Zwischenfall keine tiefe Freundschaft oder Sympathie mehr geben kann, weil mit diesem Vorfall aus einer normalen, freundlichen Konkurrenzsituation plötzlich ein professioneller, aber sehr distanzierter Umgang wird", gibt der 34-Jährige zu Protokoll und stellt klar, dass das für ihn ohnehin nur zweitrangig ist, denn: "Jeder von uns will mit aller Kraft Rennen gewinnen."

An Vettel störe ihn "nichts", aber er stellt sehr wohl Unterschiede zwischen sich und dem um elf Jahre jüngeren Deutschen fest: "Sebastian kommt aus einer anderen Generation. Er ist mit Computern aufgewachsen. Ich nicht. Dafür kann er nichts und ich nichts. Doch da fehlen uns schon manchmal die Gemeinsamkeiten." Und: "Wie ich das fahrerische Kräfteverhältnis zwischen uns einschätze, können Sie am aktuellen WM-Stand ablesen..."