Strategischer Sieg für Schumacher am Nürburgring

Dank einer cleveren Strategie gewann Michael Schumacher in der Eifel vor Alonso und Massa - Rosberg starker Siebenter - 13 von 22 Autos im Ziel

(Motorsport-Total.com) - Ob Bernie Ecclestone im Hintergrund die Fäden zieht und Michael Schumacher und Fernando Alonso wie Marionetten fernsteuert? Besser könnte man momentan in der Formel 1 jedenfalls nicht Regie führen: Der heutige Grand Prix von Europa auf dem Nürburgring brachte eine Fortsetzung des Gigantenduells von Imola - und einen verdienten Sieg des Lokalmatadors.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Bravo, Michael! Schumacher feierte in seiner Heimat einen wichtigen Sieg...

Zwar kam das Rennen an Spannung und Action bei weitem nicht an das gestrige Qualifying heran, doch 121.000 begeisterte Fans auf den Tribünen bekamen einen für Hobby-Mathematiker hochinteressanten Strategiepoker geboten, der schlussendlich an den Boxen entschieden wurde. Auch das sonst übliche Chaoswetter in der Eifel blieb dem Formel-1-Zirkus an diesem Wochenende erspart - heute Nachmittag blieb es bei angenehmen 21 Grad durchgehend trocken.#w1#

Schumacher mit eher mäßigem Start

Am Start verteidigte Alonso (Renault) seine Pole Position souverän, doch Schumacher (Ferrari), der von der schmutzigeren Fahrbahnseite losfahren musste, kam von der Linie etwas schlechter weg und hätte beinahe eine Position gegen Felipe Massa verloren. Allerdings spielte der siebenfache Weltmeister seine Routine eiskalt aus, bremste extrem spät und zeigte somit seinem jüngeren Teamkollegen, wer bei Ferrari die Nummer eins ist und wer nicht.

In der engen ersten Kurve lief alles mehr oder weniger glatt ab, sieht man einmal von einem Gerangel zwischen Vitantonio Liuzzi (Toro-Rosso-Cosworth), David Coulthard (Red-Bull-Ferrari) und Ralf Schumacher (Toyota) ab: "Schumi II" konnte weiterfahren, doch die beiden Red-Bull-Autos wurden im Bereich der Nase beschädigt. Coulthard rettete sich erst an die Box, blieb aber etwas später stehen, Liuzzi drehte sich jedoch auf dem Weg dorthin unglücklich und löste so eine kurze Safety-Car-Phase aus.

Hinter dem Spitzentrio lag zu jenem Zeitpunkt Jenson Button (Honda) vor Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes), Jarno Trulli (Toyota), dem schlecht gestarteten Rubens Barrichello (Honda) und Jacques Villeneuve (BMW Sauber F1 Team). Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team) war anfangs Neunter vor Giancarlo Fisichella (Renault) und Juan-Pablo Montoya (McLaren-Mercedes), während Mark Webber (Williams-Cosworth) nach einem Superstart schon auf Rang 13 aufschien.

"Silberpfeile" zeigten fast zeitgleich Überholmanöver

Am Ende der vierten Runde bremsten sich binnen weniger Sekunden Räikkönen an Button und Montoya an Fisichella vorbei, während auch Nico Rosberg (Williams-Cosworth) vom letzten Startplatz aus durch das Feld pflügte und erst an 16. Position liegend von Scott Speed (Toro-Rosso-Cosworth) in seinem Vorwärtsdrang gebremst wurde. Der Deutsche hatte jedoch von allen Fahrern am meisten Benzin an Bord und musste deshalb kein unnötiges Risiko eingehen.

Ralf Schumacher, David Coulthard und Vitantonio Liuzzi

Diese Kollision in der ersten Kurve verursachte indirekt eine Safety-Car-Phase Zoom

An der Spitze setzten sich Alonso, Schumacher und Massa leicht von den Verfolgern ab, dahinter konnte auch Button nicht ganz das Tempo von Räikkönen gehen. Zu tatsächlichen Zweikämpfen auf der Strecke kam es aber nicht, sondern die Stars gaben sich durch die Bank damit zufrieden, die ersten Boxenstopps abzuwarten. In genau dieser Phase musste außerdem Webber nach einem Ausritt in der Mercedes-Arena mit Verdacht auf ein technisches Problem aussteigen.

Alonso eine Runde früher als Schumacher an der Box

In Runde 16 fuhren sowohl Alonso als auch Schumacher eine identische Rundenzeit von 1:33.2, ehe Alonso einen Umlauf später - gleichzeitig mit Massa - zu seinem ersten Stopp an die Box kommen musste. Schumacher, dessen Tankfüllung wohl noch die eine oder andere Runde mehr erlaubt hätte, blieb einen Umlauf länger draußen, konnte daraus zunächst aber keinen Nutzen ziehen. Die Führung erbte dadurch Räikkönen, der seinen "Silberpfeil" erst in Runde 23 auftanken lassen musste, aber ebenfalls keine Position gutmachen konnte.

Als Button in der 29. Runde seinen Honda mit Motorschaden und Christian Klien nach solider Leistung seinen Red-Bull-Ferrari ebenfalls mit einem technischen Defekt abstellen mussten, war längst klar, dass das gesamte Feld eine Zweistoppstrategie ausgeheckt hatte. Nur Rosberg konnte seinen Service bis in die 33. Runde hinauszögern. Der Deutsche, zu jenem Zeitpunkt bereits sensationeller Fünfter, nahm jedoch relativ wenig Benzin mit und stellte auf zwei Stopps um.

In der 38. Runde ging es dann in die Entscheidung: Erst bog Alonso zu seinem zweiten Stopp ab, dann drehte der nunmehr führende Schumacher zwei schnellste Runden en suite - und weil der Lokalmatador dank des beim ersten Stopp noch nicht ganz leeren Tanks drei Runden länger draußen bleiben konnte als sein Rivale im Fight um den Sieg, führte der Ferrari-Kommandostand quasi in der Boxengasse relativ komfortabel - sogar um etwas mehr als sechs Sekunden - mittels einer taktischen Finte die Entscheidung herbei.

Nur 1,1 Sekunden zwischen dem Zweiten und Vierten

Unmittelbar dahinter konnte Räikkönen aus seinem späten Stopp gegenüber Massa wieder keinen Nutzen ziehen, auch wenn Alonso, Massa und der "Iceman" auf der Ziellinie nur durch 1,1 Sekunden getrennt waren. Heiß her ging es aber dahinter: Fisichella schob sich nach rundenlangem Fight erst an der Box an Villeneuve vorbei, während sich Rosberg durch einen etwas längeren Stint vor Montoya mogeln konnte und damit plötzlich effektiv als Achter aufschien.

Ralf Schumacher

Ralf Schumachers Motor kostete heute nach starkem Rennen drei WM-Punkte Zoom

Während vorne die Positionen bezogen waren, lieferten sich Barrichello, Ralf Schumacher, Fisichella, Rosberg und Montoya einen Fünfkampf um vier Punkteränge, in dem es jedoch zu keinen Verschiebungen durch echte Zweikämpfe kam. Stattdessen mischte sich der Defektteufel ein: Praktisch zeitgleich mussten Schumacher mit kaputtem Toyota-Motor aufgeben und Montoya mit technischen Problemen stehen bleiben. Dadurch rutschte Villeneuve als Achter noch in die Punkte.

Nur 13 von 22 Autos im Ziel

Weil auch die beiden Super-Aguri-Hondas - Grand-Prix-Debütant Franck Montagny schlug sich tapfer, lag aber stets hinter seinem Teamkollegen Takuma Sato - ausfielen, sahen am Nürburgring nur 13 von 22 gestarteten Autos die Zielflagge. Umso enttäuschender das Abschneiden von Jarno Trulli (Toyota) und Heidfeld, die die Positionen neun und zehn belegten. Dahinter wurden noch Scott Speed (Toro-Rosso-Cosworth), Tiago Monteiro und Christijan Albers (beide MF1-Toyota) gewertet.

In der Fahrer-WM setzen sich Alonso (44) und Schumacher (31) schön langsam ein wenig von den Verfolgern ab - nur Räikkönen (23) und Fisichella (18) liegen noch einigermaßen in hoffnungsvoller Lauerstellung. Auch bei den Konstrukteuren gab es ganz vorne keine Verschiebungen, obwohl Ferrari (46) den Abstand zu Renault (62) verkürzen konnte. Viel wichtiger ist aber: Die Roten scheinen nun tatsächlich überall siegfähig zu sein...