Schumacher: 300. Rennen ist "schöner Nebeneffekt"

Der Rekordweltmeister bewertet das Jubiläum in Spa nicht über und erklärt, was er in seiner zweiten Karriere besser kann als in der ersten

(Motorsport-Total.com) - Für Michael Schumacher ist Spa-Francorchamps schon immer ein besonderer Ort gewesen. 1991 feierte der Deutsche überraschend sein Debüt, gewann ein Jahr später sein erstes Formel-1-Rennen und holte in den Folgejahren fünf weitere Siege in seinem "Wohnzimmer". 2011 stand im Zeichen seines 20-jährigen Jubiläums. In diesem Jahr steht die Zahl 300 über allen anderen Dingen. Der diesjährige Grand Prix ist der 300. für den Rekordweltmeister.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher fühlt sich in Spa-Francorchamps heimisch Zoom

"Das ist sicherlich interessant und schön. Es ist eine wirklich nette Zahl. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das schaffen würde - als ich 2006 zurücktrat. Und jetzt sind wir hier und ich sehe die 300 vor mir", bemerkt Schumacher, der es selbst nie für möglich hielt, dass der ehemalige Rekord von Ricardo Patrese einmal überboten wird. "An einem gewissen Punkt drehte sich alles darum, ob jemand dazu in der Lage sein würde, den Rekord von Ricardo Patrese über 250 Starts oder dergleichen zu überbieten. Ich sagte damals: 'Das könnt ihr vergessen. Das interessiert mich nicht.' Tja, und jetzt stehen wir da, ganz plötzlich."

"Es ist aber nichts, auf was ich abgesehen habe. Ich brauche diese Zahl nicht unbedingt. Doch jetzt, wo ich sie habe, ist es doch ein schöner Nebeneffekt." Ob irgendwann einmal die Zahl 400 hinter Schumachers Namen stehen wird? "Ich denke, ich kann sagen, dass es nicht so weit kommen wird. Es ist natürlich schön, die Fans weiterhin hinter mir zu wissen. Und sie ermutigen mich, weiterzumachen."

Viele Erinnerungen an Spa

"Am frühen Morgen wurde mir ein wundervolles Willkommen entboten. Ich wurde Ehrenbürger von Spa. Das ist schon etwas sehr Besonderes für mich. Deshalb ist die 300 etwas so Besonderes. Ich erreiche sie in Spa. Hier ist alles passiert. Mein erstes Rennen, der erste Sieg, ein paar schöne Triumphe und interessante Rennen, 2004 der siebte Titelgewinn, im vergangenen Jahr mein 20. Jubiläum und jetzt werde ich für 300 Rennen geehrt. Das ist ein komplettes Paket. Spa hat mir schon immer sehr viel bedeutet", betont der Mercedes-Pilot. "Ich bezeichne es immer als mein 'Wohnzimmer'. Jetzt kann ich das auch ganz offiziell tun. Das ist toll."

Weniger toll ist Schumachers aktuelle Situation. Die zweite Karriere des ehemaligen Seriensiegers hat auch in der dritten Saison noch nicht richtig Fahrt aufgenommen. Das Team hat daran sicher eine gewisse Schuld. Ein Teamwechsel steht für den siebenmaligen Weltmeister aber nicht zur Debatte: "Darüber habe ich nicht nachgedacht. Vielleicht sollte ich das tun! Zunächst einmal muss ich sagen: Es gibt Augenblick, in denen die Dinge einfach gegen dich laufen. Ich habe aber auch schon oft gesagt: Ich habe volles Vertrauen in die Jungs, denn sie tun stets ihr Möglichstes. Niemand will ausfallen. Jeder gibt sein Bestes."

Michael Schumacher

Bei den Fans ist der siebenmalige Weltmeister nach wie vor ziemlich begehrt Zoom

"Wir haben es aber mit Prototypen zu tun und leider kommen solche Dinge vor. Das bereitet mir nicht allzu viele Kopfschmerzen. Ich war mir schon recht früh in dieser Saison im Klaren darüber, dass wir nicht um den Titel kämpfen würden, also ist ein Ausfall derzeit kein großes Problem für mich", stellt Schumacher klar. "Ich befinde mich eh nicht im Titelkampf. Das wäre viel wichtiger, wenn wir da noch im Rennen wären. Dann würde mich dergleichen sicher viel mehr beschäftigen."

"Also nein, ich freue mich auf den Rest der Saison. Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns und vieles, bei dem wir uns steigern können, was wir verstehen müssen. Das Team macht viel Druck, um Fortschritte zu machen. Wir wollen weitaus größere Schritte machen als bisher. Wir haben ja schon etwas mehr erreicht, doch wir brauchen mehr davon. Und die Zuverlässigkeit", fordert er.

Vergangenheit trifft Gegenwart

Umso erfreulicher war das erste Podium mit Mercedes. Schumacher vergleicht den Erfolg mit seinem allerersten Podestplatz in der Formel 1: "Ich glaube, das war in Mexiko, richtig? Stimmt das? 1992? Ja, 1992. Da hast du es. Ist es anders? Wahrscheinlich ein bisschen, aber das ist egal, denn da oben ist es immer etwas Besonderes. Es kommt auf die Umstände an. Wenn du ein regelmäßiger Kandidat auf Podestplätze bist, ein siegfähiges Paket hast und Dritter wirst, dann freust du dich vielleicht nicht so sehr wie jemand, der es gar nicht erwartet hatte und plötzlich Dritter wird. Es kommt wirklich auf die Umstände an. Ich erinnere mich an Valencia. Das war ein schönes Gefühl. Für mich, für all die Jungs, für das Team, für alle. Es war herrlich. So war es auch 1992."

Schöne Erinnerungen konnte Schumacher reichlich sammeln. An alle Rennen kann sich der Deutsche aber nicht mehr erinnern. "Keine Ahnung, an wie viele Rennen ich mich erinnern könnte. Sicherlich nicht an alle. Das ist ganz klar. Wie viele werden es unterm Strich? Das müssen wir sehen. Noch weiß ich das nicht. Ich fahre auf jeden Fall noch bis zum Ende dieser Saison."

Doch welcher Grand Prix war bisher der beste? "Ich rede da immer wieder von Suzuka 2000. Sowohl, weil es ein gutes Rennen war, als auch aufgrund des Rennendes und der Bedeutung des Resultats. Es war ein ganzes Paket von Umständen, weshalb dieses Rennen für mich und viele andere so besonders war."

Keine Zweifel an Schumachers Leidenschaft

2000 holte Schumacher den ersten WM-Titel mit Ferrari. Von einem Titel mit Mercedes ist der Routinier derzeit meilenweit entfernt. "Ich habe noch immer die gleiche Leidenschaft für das, was ich tue. Ja, absolut", bemerkt er. "Die Formel 1 ist das ultimative Racing. Wenn du da dabei bist, dann nur, weil du das Beste tun willst, was man tun kann. Natürlich hängen wir alle von unseren Autos ab. Nichtsdestotrotz: Innerhalb deines Fahrzeugs hast du einen gewissen Spielraum, in dem du dich beweisen kannst. Das ist die Herausforderung. Du versuchst, dieses Fenster zu vergrößern und noch mehr an die Grenzen zu gehen. Das ist genau der Augenblick."

"Das Tolle am Sport ist, dass du sofort eine Rückmeldung bekommst, ob du erfolgreich bist oder nicht. In den vergangenen 20 Jahren erfuhr ich sehr viel Befriedigung. Ich mag es noch immer. Ich würde sagen, wahrscheinlich ist meine Fähigkeit, etwas zu erreichen, nun viel besser ist. Ich sehe die Dinge nun mit mehr Erfahrung und einem größeren Verständnis. Wenn wir ein Problem haben, dann brauche ich nicht so lange, um dem Team zu erklären, was Sache ist", analysiert Schumacher. "Das ist eine Hilfe."

Michael Schumacher

Mangelnden Einsatz muss sich Schumacher nicht vorwerfen lassen Zoom

Ob der Deutsche nach der laufenden Saison noch ein Jahr dranhängt, steht derzeit noch in den Sternen. "Ich denke, wir haben vor geraumer Zeit ein sehr deutliches Statement abgegeben, dass wir ab Oktober einen Hinweis darauf geben können. Seither hat sich nichts verändert. Es tut mir leid. Da gibt es keine Neuigkeiten", berichtet er.

Nach dem Rennen in Spa geht es an einem weiteren Traditionsort weiter: Monza. "2006 hatten wir dort ein sehr schönes Ergebnis. Es ging aus zweierlei Gründen als etwas Besonderes in meine Erinnerung ein. Wir lagen in der Meisterschaft zurück und dieses Rennen brachte uns zurück in den Titelkampf. Dann kamen diese tolle Feier und anschließend daran meine Bekanntgabe über meinen Rücktritt zum Saisonende", berichtet der ehemalige Ferrari-Pilot. "Das war also ein sehr spezielles Wochenende."