Renault: V6-Motor wird "extrem komplex"

Wie sich die Umstellung von V4- auf V6-Aggregate auswirkte, welche Herausforderungen das neue Reglement bietet und warum es viele offene Fragen gibt

(Motorsport-Total.com) - Ab 2014 tritt in der Formel 1 ein neues Motorenreglement in Kraft: Die 1,6-Liter-V6-Turbomotoren werden die aktuellen 2,4-Liter-V8-Sauger ablösen. Dies bedeutet auch gravierende Änderungen für die Motorenabteilungen der Hersteller, denn während die Entwicklung der Aggregate in den vergangenen Jahren eingefroren war und die betroffenen Abteilungen abgespeckt wurden, muss nun ein von Grund auf neuer Motor entwickelt werden.

Titel-Bild zur News: Rob White

Renault-Motorenchef Rob White sieht sich mit einer Herkules-Aufgabe konfrontiert

Eine enorme Aufgabe, schließlich sind die neuen Motoren bei weitem kleiner und erfordern eine völlig andere Herangehensweise. Renault arbeitet bereits seit September 2010 an der neuen Herausforderung - damals waren aber noch die Vierzylinder-Motoren im Gespräch, die eigentlich 2013 hätten eingeführt werden sollen, aber schließlich verhindert wurden. "Wir sind bereits auf einem guten Weg", sagt Renaults Motorenchef Rob White. "Der ursprüngliche Projektplan sah vor, 2013 fertig zu werden".

"Man versucht also herauszufinden, wie man die verfügbare Zeit am besten nutzt, um all die nötigen Erkenntnisse zu gewinnen, ehe man sich auf ein Design einigt, die Teile herstellt, entwickelt, testet und so weiter", gibt White Einblicke. "Natürlich hatten wir einen großen, entscheidenden Neustart, als wir auf eine Einführung 2014 und ein V6-Konzept wechselten. Dazu kam es im Laufe des vergangenen Sommers, daher mussten wir praktisch die Projektplanung ändern."

Neues Motorenreglement sorgt für rauchende Köpfe

Inzwischen befindet sich Renault mitten in der Entwicklungsphase: Seit den letzten Monaten 2011 laufen unterschiedliche Versuchsmotoren auf den Prüfständen in Viry. "Wir müssen wirklich viel lernen, wenn wir dann vorbereitet sein wollen", erklärt White. "Es handelt sich um ein extrem komplexes Aggregat."

Doch auf welche Bereiche konzentriert sich die Entwicklung? "Alles, was mit der direkten Einspritzung, mit dem Turbolader unter diesen Bedingungen und mit einem deutlich größeren Energie-Rückgewinnungssystem zu tun hat", sagt der Renault-Motorenchef. "Da es zwei Quellen der Energierückgewinnung gibt, wirkt es sich stärker auf die Performance des Autos aus, beinhaltet es mehr Teile - und dadurch ist die Arbeitslast größer."

Eine besondere Herausforderung stellt auch die limitierte Sprit-Durchflussgeschwindigkeit dar: "Dadurch müssen wir fundamentale Dinge überdenken, was auch für die Forschungs-und-Entwicklungsabteilung Neuland bedeutet. In Sachen Durchflussgeschwindigkeit müssen wir ambitioniert, aber realistisch sein."

Wie wird sich das Chassis-Reglement auswirken?

Dazu kommt der schwierige Kompromiss, so lange wie möglich entwickeln zu wollen, ohne auf Testzeit verzichten zu müssen, und die unklare Zielvorgabe, schließlich gibt es derzeit noch keine Vergleichswerte, wie leistungsstark die Motoren sein müssen, damit man konkurrenzfähig ist. "Natürlich müssen wir manchmal einfach den Finger in den Wind halten, aber es gibt Performance-Ziele, damit wir die angepeilte Fahrzeug-Performance erreichen", stellt White klar.

"Jeder Motorenhersteller wird aber seine eigene Idee haben, wodurch man konkurrenzfähig ist, aber wie in jeder Konkurrenzsituation wird es auch hier darum gehen, mit den verfügbaren Ressourcen in der verfügbaren Zeit so weit wie möglich voranzukommen."

Da es in Sachen Chassis und Aerodynamik für 2014 noch kein fertiges Reglement gibt, muss man darauf hoffen, nicht in die falsche Richtung zu entwickeln, schließlich wirken sich auch diese Parameter auf das Design des Motors aus. "Einige Chassis-Regeln werden große Auswirkungen darauf haben", weiß Ferrari-Technikchef Pat Fry. "Das sollte wirklich relativ bald geklärt sein, zumindest die Dinge, die die Motoren betreffen. Das Chassis selbst kann dann später folgen."