Red Bull bleibt bei Anti-RRA-Linie

Christian Horner in der Isolation: Warum Red Bull das RRA nicht unterstützt und welche alternativen Sparmaßnahmen er sich vorstellen könnte

(Motorsport-Total.com) - Zehn Teams haben FIA-Präsident Jean Todt in Form eines gemeinsamen Schreibens gebeten, das von der FOTA ausgearbeitete Ressourcen-Restriktions-Abkommen möglichst schon 2013 ins Sportliche Reglement aufzunehmen. Lediglich die beiden Schwesternteams Red Bull und Toro Rosso verweigern ihre Unterstützung.

Titel-Bild zur News: Christian Horner

Christian Horner ist kein Freund davon, das RRA ins FIA-Reglement aufzunehmen

"Wir haben den Brief nicht gesehen, ganz einfach", erklärt Horner auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com', warum seine Unterschrift und die von Franz Tost fehlt. "Ich kann nichts unterschreiben, was ich nicht gesehen habe. Ob wir dem Inhalt zustimmen oder nicht, ist eine ganz andere Frage." Doch in Wahrheit bleibt Red Bull beim bisherigen Anti-RRA-Kurs - weil man am Konzern-Hauptsitz im österreichischen Fuschl die Meinung vertritt, dass das RRA keine gerechte Kostensenkungs-Maßnahme ist.

Limitierte und nicht limitierte Bereiche

Dass Horner nichts vom Brief der Teams an Todt wusste, erscheint unglaubwürdig. "Vielleicht hast du ja eine Kopie, die ich mir später anschauen kann, Dieter", spricht der Brite unseren Reporter Dieter Rencken, im Paddock bekannt dafür, stets den Inhalt irgendwelcher Geheimdokumente zu kennen, an. Kostenkontrolle sei wichtig, aber: "Im RRA gibt es limitierte und nicht limitierte Bereiche. Wie um alles in der Welt kann KERS nicht limitiert sein, kann ein Getriebe nicht limitiert sein? In diesen Bereichen sind freie Ressourcen erlaubt."

"Wir glauben an Kostenkontrolle in der Formel 1", positioniert sich Horner nicht grundsätzlich als Geldverschwender, "aber wir glauben, dass es bessere Möglichkeiten gibt." Und zwar durch konkrete Passagen im Reglement "anstatt durch eine Äquivalenzformel in Bezug auf Zeit und Personal. Das ist immer ein schwieriges Thema, besonders bei Tochterunternehmen von Automobilherstellern." Denn für die Werksteams könnten sich Schlupflöcher auftun, indem Mercedes und Co. Formel-1-Ressourcen einfach beim Mutterkonzern "verstecken", befürchtet Red Bull.

Auf die Feststellung, dass man vermuten könnte, Red Bull habe den Brief nicht unterschrieben, weil es etwas zu verbergen gebe, antwortet Horner: "Oder wir haben nicht unterschrieben, weil wir anders strukturiert sind, als alleinstehende Einheit, als Rennteam." Nachvollziehbar seien für ihn klare Deckelungen bei Personal, Motoren, Getriebe und Testfahrten, wie das bereits eingeführt wurde. "Eben alles, was man überwachen kann und was tatsächlich Kosten spart."

"Ich glaube, das RRA wurde damals mit den besten Absichten eingeführt, aber es ist wie immer bei diesen Dingen: Wenn man ins Detail geht, ist es viel schwieriger, das alles zu überwachen, besonders dann, wenn Firmen oder Teams betroffen sind, die Tochterunternehmen von anderen Organisationen sind. Daher würden wir einen einfacheren Weg bevorzugen und lieber an greifbaren und messbaren Themen festhalten", gibt der 38-Jährige zu Protokoll.

Red Bull isoliert sich von den anderen Teams

Nach außen hin zeigt FOTA-Chef Martin Whitmarsh durchaus Verständnis für diese Position, hinter den Kulissen freilich steht Red Bull momentan ziemlich isoliert da - was wohl auch mit den aktuell stattfindenden Concorde-Verhandlungen zu tun hat. Interessanterweise hat aber Ferrari den Brief unterschrieben, obwohl die Italiener über das größte Budget der Formel 1 verfügen. "Unsere finanzielle Situation ist zum Glück wirklich gut, auch für die Zukunft", hält Teamchef Stefano Domenicali fest.

Aber: "Wir wissen, dass die Situation der Formel 1 insgesamt nicht so stabil ist", gibt der Italiener zu Protokoll. "Wir wissen, dass es rundherum Probleme gibt, daher müssen wir unseren Eigensinn ein wenig zurückschrauben, um sicherzustellen, dass wir alle weiterhin in der Formel 1 an den Start gehen können. Im Moment erleben wir eine kritische Phase, in der nach außen hin alle lächeln - aber in Wahrheit wissen alle, wie hart es ist."

Stefano Domenicali

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali kennt die Sorgen der anderen Rennställe Zoom

Abgesehen von den vier Topteams Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes ist niemand in Rosen gebettet, was das Budget angeht. Dem von Genii Capital geführten Lotus-Team sagt man in Insiderkreisen ebenso einen monetären Engpass nach wie Force India (Vijay Mallyas Airline steht vor dem Bankrott). Sauber und Toro Rosso hatten schon immer begrenzte Ressourcen zur Verfügung - und die drei "neuen" Teams sowieso. Nur die in Frankfurt gelistete Aktiengesellschaft Williams scheint sich langsam zu erholen.

Letzte Frage von 'Motorsport-Total.com'-Reporter Rencken an Horner: "Machst du dir Sorgen, weil die zwei Red-Bull-Teams nicht eingeladen wurden, den Brief zu unterschreiben? Und zweitens - als einer, der noch nie besonders zurückhaltend war -, hast du nicht versucht, dir eine Kopie zu besorgen, um vielleicht doch zu unterschreiben, falls dir der Inhalt gefällt?" Der Red-Bull-Teamchef antwortet bissig: "Wenn ich dem Inhalt des Briefs nicht zustimme, wozu sollte ich dann eine Kopie brauchen? Danke." Punkt, aus...


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Malaysia, Freitag