Parr-Interview: "Horrende Schmerzen" wegen Krise

Williams-Vorstandschef Adam Parr über den halbierten Aktienkurs, die Trennung von Sam Michael, Neuzugang Mike Coughlan und HRT-Teamchef Colin Kolles

(Motorsport-Total.com) - Zwar ist Frank Williams immer noch Mehrheitseigentümer des gleichnamigen Formel-1-Teams, doch im Tagesgeschäft hat inzwischen ein anderer das Sagen: Adam Parr, seit November 2006 zunächst als Geschäftsführer, seit März 2010 als Vorstandsvorsitzender in Grove tätig, ist der Mann, über den die meisten Entscheidungen getroffen werden.

Titel-Bild zur News: Adam Parr

Adam Parr, gelernter Rechtsanwalt, ist seit 2006 für das Williams-Team tätig

Parr haftet das Image an, kein echter Racer zu sein, was er im folgenden Interview mit 'Motorsport-Total.com' zu widerlegen versucht. Sein Lebenslauf hat mit jenem seines Chefs Williams aber in der Tat nur wenig gemein: Zunächst bei der Barclays-Bank engagiert, war er später eine Zeit lang in Japan im Finanzgeschäft tätig, ehe er zur Bergbaugesellschaft Rio Tinto wechselte. Dort machte er sich durch Maßnahmen für Mitarbeiter-Sicherheit einen Namen, mit denen die Verletzungsrate des Konzerns weltweit enorm gesenkt werden konnte.

Im Jahr 2000 traf er zum ersten Mal Williams, mit dem er sich auf Anhieb prächtig verstand. Parr stieß dann sechs Jahre später zum Team, das sich in jenem Jahr nach dem Ausstieg von BMW gerade auf Talfahrt befand - sportlich wie kommerziell. Nun verkörpert er das "neue Williams", das er gemeinsam mit dem inzwischen zweitgrößten Anteilseigner Toto Wolff Anfang dieses Jahres an die Börse geführt hat.

Erstes Formel-1-Team an der Börse

Frage: "Adam, ihr habt im März den mutigen Schritt gewagt, als erstes Formel-1-Team an die Börse zu gehen. Mir ist klar, dass Williams damit einen langfristigen Plan verfolgt, aber Stand jetzt ist die Aktie um ein Drittel eingebrochen, was einem Firmen-Wertverlust von rund 80 Millionen Euro entspricht (seit dem Interview wurde die Aktie von ihrem ursprünglichen 25-Euro-Emissionskurs sogar auf derzeit 12,5 Euro halbiert). Möchtest du das aus Williams-Sicht in die richtige Perspektive rücken?"
Adam Parr: "Erstens ist es in der Tat ein langfristiger Schritt."

"Wir haben ungefähr 20 Prozent der Firma in Umlauf gebracht. Natürlich sind wir über den Aktienkurs nicht glücklich - er ist niedriger als der IPO-Kurs. Das Angebot, das wir unseren Investoren unterbreitet haben, war eine auf fünf Jahre ausgelegte Perspektive hinsichtlich der Zukunft dieses Sports, des Potenzials für Wachstum in diesem Sport und des Potenzials des Teams, sich in Zukunft weiterzuentwickeln. Das kann man einzeln runterbrechen."

Adam Parr

Von Bullen noch nichts zu spüren: Der Aktienkurs hat sich seit dem IPO halbiert Zoom

"Schauen wir uns zunächst den Sport an. Wir gehen dieses Jahr erstmals nach Indien und nächstes Jahr nach Amerika. Das sind zwei der größten Märkte und Zuschauergruppen der Welt - und es sind eigentlich jungfräuliche Märkte, was die Formel 1 angeht. Jungfräulich und riesig."

"Zweitens: Meiner Meinung nach ist einer der fundamentalsten Gründe, weshalb dieser Sport kommerziell gebremst wurde, das Umweltthema. Die Wahrnehmung des Sports ist nicht 'grün' und das ist für viele Firmen und Sponsoren, die sich in anderen Sportarten engagieren, ein großes Problem. Ich glaube, dass das, was wir mit der neuen Motorenformel machen, die Attraktivität unseres Sports erhöht."

Sportmarketing immer attraktiver?

"Was den Sport allgemein angeht, so finde ich, dass der Einsatz von Sportmarketing als Werbemittel zugenommen hat und weiter zunehmen wird. Warum? Weil sich die Medien zersetzen und weil Sponsoring heutzutage aus Inhalten besteht. Ob du die Formel 1 in der Zeitung, im Magazin, im Internet oder im Fernsehen verfolgst, du siehst immer noch Fahrer und ihre Autos. Was also das Wachstum des Sports angeht, geografisch wie nach Zuschauerzahlen, sehe ich eine positive Entwicklung, ebenso in Bezug auf die Attraktivität des Sports auf Sponsoren, weil wir nachhaltiger werden."

"Und dann ist da auch noch der Trend zu Sportsponsoring. Diese drei Faktoren interpretiere ich so, dass die Formel 1 in Zukunft wachsen kann und wachsen wird. Schauen wir uns aber auch Williams an. Wir sind ein gut etabliertes Team mit einer langen Geschichte und Tradition. Unsere Leistung ist seit einigen Jahren mittelmäßig, aber ich glaube, wir haben das Potenzial, uns viel besser zu schlagen."

¿pbvin|512|3769|williams|0|1pb¿"Als Firma habe ich unseren Investoren erklärt, dass der wichtigste Schritt, den wir für unsere Zukunft setzen mussten, Partnerschaften mit Automobilherstellern sind - in der Formel 1 wie auch außerhalb der Formel 1. Ich habe die Strategie dargelegt, dass wir so etwas wie ein AMG für Premium-Automobilhersteller werden möchten und gleichzeitig in der Formel 1 eine Partnerschaft mit einem Automobilhersteller eingehen sollten. Seit dem Börsengang haben wir beides erreicht: den Deal mit Renault und einen Deal mit Jaguar."

"Ich habe auch unsere neuen Technologien dargelegt, etwa mit Williams Hybrid Power. Insgesamt glaube ich, dass es mir gelungen ist, unsere starke Strategie für die Zukunft zu präsentieren. Das haben die Investoren verstanden und sich eingekauft. Ich finde, dass wir alles umgesetzt haben, was wir versprochen haben - und sogar noch mehr. Nur nicht auf der Rennstrecke. Darum ist unser Aktienkurs gesunken."

Sportaktien als Besonderheit

Frage: "Aber das ist genau der Punkt, denn obwohl Williams wirtschaftlich nicht schlecht dazustehen scheint, wie ihr behauptet, hapert es am Sportlichen. Ist es nicht gefährlich, dass der Sport den Aktienkurs beeinflussen könnte?"
Parr: "Das ist eine Tatsache, nicht wahr?"

Frage: "Schon, aber verglichen mit anderen Aktiengesellschaften ist die Williams-Aktie viel stärker emotional veranlagt."
Parr: "Ja, aber ich glaube, dass die Märkte intelligent sind, aber eher kurzfristig veranlagt. Wenn wir unsere Leistungen in den Griff bekommen, wird sich der Aktienkurs erholen. Tatsache ist, wir sind Neunter in der Weltmeisterschaft. Ich hoffe mal, dass es von da aus nur noch besser werden kann."

"Ich glaube, dass die Märkte intelligent sind, aber eher kurzfristig veranlagt." Adam Parr

Frage: "War die Entscheidung, an die Börse zu gehen, richtig? Besonders auch in Frankfurt?"
Parr: "Ja, absolut."

Frage: "Du bereust nichts?"
Parr: "Die einzige Sache, die ich bereue, ist, dass wir diese Saison eine inakzeptable Leistungsfähigkeit zeigen. Alles andere, was ich gesagt habe, hat sich bewahrheitet. Ich habe zu den Investoren nie gesagt, dass wir Weltmeister werden. Ich habe geglaubt, dass wir auf Basis dessen, was ich in der zweiten Saisonhälfte des Vorjahres gesehen habe, im Vergleich zum Vorjahr Fortschritte machen können."

"Ich bin davon ausgegangen, dass wir uns auf einer positiven Flugbahn befinden und dass wir die halten würden. Ich lag falsch. Jetzt haben wir Gegenmaßnahmen eingeleitet. Ansonsten habe ich über die langfristige Zukunft der Formel 1 und ihr Wachstumspotenzial gesprochen und über uns als Team, über unsere Tradition."

Mit dem Aktienkurs nicht zufrieden

"Ich habe über die Notwendigkeit von Partnerschaften mit Automobilherstellern gesprochen, die wir mit Jaguar und Renault inzwischen eingegangen sind. Ich sehe positiv, was wir Investoren zu bieten haben, und ich glaube, man muss das in einem vernünftigen Zeitrahmen sehen. Dann werden wir auch wieder Leistung abliefern. Ich bin unzufrieden mit unserem Aktienkurs, aber der repräsentiert genau, wo wir auf der Strecke stehen. Das müssen wir auch aus vielen anderen Gründen hinbekommen."

Frage: "Im Sommer werden in der Regel auch die Sponsorenverträge für das nächste Jahr verhandelt. Wie ist da der aktuelle Stand der Dinge?"
Parr: "Wir haben feststehende Verträge. Ich glaube, dass wir sponsorenseitig so gut aufgestellt sein werden wie schon lange nicht mehr. Ich führe das auf unsere Partnerschaften mit Automobilherstellern zurück, auf die Erneuerung unserer technischen Führung. Das ist eine echte Chance. Jetzt müssen wir unsere Arbeit machen, aber ich habe ein wirklich gutes Gefühl."

"Ich glaube, dass wir sponsorenseitig so gut aufgestellt sein werden wie schon lange nicht mehr." Adam Parr

Frage: "In Zusammenhang mit der Börse habe ich eine weitere Frage: Sam Michael, euer Technischer Direktor, wird Williams am Jahresende verlassen. Er hat Anteile an einer Subfirma namens Williams Grand Prix Trustees Limited, die ihrerseits Anteile an der börsennotierten Williams Grand Prix Holdings PLC besitzt. Wie werdet ihr das handhaben?"
Parr: "Ich bin kein Experte für diese Fonds, aber ich denke, dass er nach dem Ende des Jahres ein Begünstigter dieses Fonds sein könnte oder auch nicht."

Frage: "Wird man ihn also auskaufen?"
Parr: "Ich glaube nicht, dass es eine Frage des Auskaufens ist, sondern es ist eine Frage der Erträge des Fonds basierend auf bestimmten Leistungskriterien und so weiter. Aber das ist für die Zukunft kein Problem."

Manager mit Firmenbeteiligung

Frage: "Wie groß ist umgerechnet der Anteil von Sam an der Hauptfirma?"
Parr: "Williams Grand Prix Trustees besitzt 3,5 Prozent von Williams Grand Prix Holdings. Williams Grand Prix Trustees sind Sam, Alex Burns und ich. Aber wir besitzen nicht Aktien im eigentlichen Sinn, sondern der Fonds besitzt die Aktien. Wir drei sind Begünstigte des Fonds, basierend auf bestimmten Regeln innerhalb des Fonds. Mein Hauptfokus ist nicht, von diesem Fonds zu profitieren, sondern dass wir als Team besser werden."

Frage: "Reden wir über Toto Wolff, der eine treibende Kraft hinter eurem Börsengang war. Wann hast du ihn zum ersten Mal getroffen?"
Parr: "Im Sommer 2009."

Frage: "Beim DTM-Rennen auf dem Norisring, nicht wahr? Als wir alle geglaubt haben, du verhandelst mit Norbert Haug über Mercedes-Motoren..."
Parr: "In der Tat, ich erinnere mich! Ich kam mit meinen Jungs an den Norisring. Toto ist einer dieser ganz besonderen Menschen. Er ist ein Sportler und Racer, der sehr leidenschaftlich an unseren Sport herangeht. Er ist ein sehr guter Investor, ein guter Geschäftsmann - und obendrein auch noch ein sehr netter Kerl. Das ist eine ungewöhnliche Kombination."

"Außerdem hat er eine fantastische Verlobte (DTM-Fahrerin Susie Stoddart; Anm. d. Red.)! Mir war sofort klar, dass das ein Kerl ist, für den ich gerne arbeiten möchte, also wollte ich, dass er zu uns kommt. Ich glaube, alle finden, dass es eine großartige Entscheidung war. Es ist wunderschön, ihn bei uns zu haben."


Fotos: Williams, Großer Preis von Ungarn, Sonntag


Frage: "Aber du sagst, dass Toto in erster Linie ein guter Investor und Geschäftsmann ist, wie er ja auch selbst zugibt. Sehr gute Investoren neigen dazu, ihre Investments zu beenden, wenn sie daraus einen Vorteil ziehen können..."
Parr: "Ich halte ihn für einen langfristigen Investor. Er ist schon lange bei HWA und ich denke, er sieht Williams als etwas, wo er langfristig dazugehören und woran er Freude haben möchte. Er investiert eindeutig in Dinge, die er leidenschaftlich verfolgt."

Dickes Lob für Wolff

Frage: "Auch wenn er das vielleicht nicht so zugeben würde."
Wolff: "Warum nicht? Wenn du deine Leidenschaft und deine Expertise vereinen kannst, bist du ein glücklicher Kerl. Und vergiss nicht: Er versteht den Motorsport. Es ist eine sehr gute Regel, dass du nur in Dinge investieren solltest, die du verstehst. Mein Gefühl ist: Großartig, dass wir ihn haben. Er ist ein großes Risiko eingegangen, denn er hat 2009 investiert, am Tiefpunkt der Krise. Er hat ein sehr gesundes Investment in dieses Team gemacht. Ich halte ihn für sehr klug und mutig."

Frage: "Als er 2009 investiert hat, übernahm er zehn Prozent der Anteile mit Optionen auf weitere Anteile. Durch den Börsengang hat er weitere Anteile erworben. Ist das nun das Ende der Fahnenstange?"
Parr: "Ja. Seine Position ist jetzt bei diesen 15 oder 16 Prozent gefestigt."

Frage: "Eine nette Anekdote über Toto und Williams ist, dass die Williams-Story mit einem anderen Österreicher namens Wolf, nämlich Walter Wolf, begonnen hat..."
Parr: "Das stimmt! Mein siebenjähriger Sohn kennt Wolfgang Schattling von Mercedes und hat ihn einmal gefragt: 'Heißen in Österreich und Deutschland eigentlich alle so?' Ich muss ihm von dir erzählen, Christian, denn du heißt ja nicht Wolff..."

Williams-Vorstand

Williams-Vorstand in Grove: Toto Wolff (ganz links) neben Adam Parr Zoom

Frage: "Stimmt. Aber zurück zum Thema Williams. Ihr habt in den vergangenen beiden Jahren einige Personaländerungen vollzogen: Toto Wolff kam als Anteilseigner an Bord, Sam Michael und Jon Tomlinson müssen gehen, dafür kam Mike Coughlan. Ist damit das Ende dieses Prozesses erreicht?"
Parr: "Ja. Es waren sehr schmerzhafte Veränderungen, auch wenn alle Beteiligten sehr gut damit umgehen - wir haben versucht, die Sache möglichst nett abzuwickeln. Der Punkt ist aber: Ja, wir ändern unsere technische Führung."

Coughlan wird Technischer Direktor

"Für die Zukunft kommen Mike Coughlan, Jason Somerville und Mark Gillan. Ed Wood ist unser Chefdesigner. Natürlich halten wir immer unsere Augen nach Talenten offen, aber mit Mark Gillan und Jason haben wir zwei sehr kompetente Aerodynamiker. Und Mike ist ein sehr talentierter mechanischer Ingenieur, Chefdesigner und Technischer Direktor."

Frage: "Da möchte ich einhaken: Steht schon fest, dass er die Position des Technischen Direktors bekleiden wird? Das habt ihr euch ja zunächst offen gehalten."
Parr: "Ja, das ist der Plan. Wir wollen uns ein bisschen Flexibilität bewahren, aber ich denke, er wird einen sehr guten Technischen Direktor abgeben."

Frage: "Mike ist vielen Fans vor allem durch seine Rolle im 'Spygate'-Spionageskandal ein Begriff. Seid ihr nicht besorgt, dass sein Image negative Auswirkungen haben könnte?"
Parr: "Nein, ich bin nicht besorgt. Das ist natürlich etwas, was du in Betracht ziehen musst, aber du kennst meine Meinung: Wenn du etwas falsch machst, es einsiehst und akzeptierst, deine Strafe absitzt, dann verdienst du die Chance, dich zu rehabilitieren. Mike hat sich für das, was passiert ist, aufrichtig entschuldigt, und ich finde, er hat das Recht, sich noch einmal zu beweisen."

Mike Coughlan

Mike Coughlan wird 2012 als Technischer Direktor das Ruder übernehmen Zoom

Frage: "Er arbeitet ja schon seit Juni für euch. Wie hat er sich eingelebt?"
Parr: "Er ist ein toller Kerl. Noch wichtiger ist aber, wie er von den Kollegen angenommen wird. Die kommen zu mir und sagen: 'Wow, das war eine gute Entscheidung!' Es herrscht eine richtige Aufbruchstimmung bei uns. Es sind auch alle froh, dass wir nächstes Jahr wieder mit Renault zusammenarbeiten, und alle freuen sich über die Neuzugänge."

Frischer Wind war notwendig

"Ich glaube, dass wir eine Veränderung gebraucht haben. Jeder hat individuell sein Bestes gegeben und jeder kam gut mit den Leuten aus, die das Team bisher geführt haben, aber die Ergebnisse waren nicht da, also mussten wir etwas ändern. Den Leuten gefällt, was wir tun."

Frage: "Macht Mike den Eindruck, als wäre er nie weg gewesen?"
Parr: "Das würde ich nicht sagen. Vier Jahre sind eine lange Zeit, aber er hat sich sehr schnell eingelebt. Er ist ein sehr beeindruckender Ingenieur. Seine Kernaufgabe als Ingenieur hat er nicht verlernt."

¿pbvin|512|3978||0|1pb¿Frage: "Werdet ihr seinen Einfluss noch dieses Jahr spüren oder erst in Zukunft?"
Parr: "Schwer zu sagen, solange er nicht mit Jason Somerville und Mark Gillan zusammenarbeitet. Marks bisheriger Arbeitgeber hat ihn glücklicherweise frühzeitig freigegeben, sodass er am 1. September zu uns stoßen kann. Dann steht unser technisches Team, aber die Rennsaison dauert noch bis Ende November. Ich hoffe, dass wir da noch ein paar Schritte nach vorne machen können."

Frage: "Sam Michaels letztes Rennen wird Südkorea sein. Bedeutet das dann schon seinen endgültigen Abschied?"
Parr: "Wir haben das noch nicht genau besprochen. Es gibt ein paar Dinge, die wir gemeinsam machen wollen. Sam ist ein guter Kerl, ein guter Freund des Teams, sehr vernünftig."

Hohe Meinung von Kolles

Frage: "Ein paar Meter den Paddock runter gibt es einen Mann namens Colin Kolles, der vor kurzem mit euch in Verbindung gebracht wurde. Mal unabhängig davon: Welche Meinung hast du von ihm?"
Parr: "Ich liebe Colin! Ich finde, er ist fantastisch. In Deutschland habe ich sogar seinen Vater getroffen, den ich für einen außergewöhnlichen Mann halte. Colin ist jemand, von dem ich nicht weiß, wie er die Sachen anstellt, die er immer wieder hinkriegt. Er ist erstaunlich. Die Art und Weise, wie er die Dinge zusammenhält und wirklich respektable Arbeit leistet, obwohl er mehr oder weniger am Hungertuch nagen muss, bewundere ich sehr."

"Wir kommen sehr gut miteinander aus, schon immer. Manchmal streiten wir uns, aber wir respektieren einander. Er ist ein toller Kerl und ich wünsche ihm alles Gute, was immer er auch vorhat. Ich hoffe, dass sein Team klug genug ist, ihn nicht gehen zu lassen, denn er ist ein fester Wert. Sollte das nicht der Fall sein, dann wird er bestimmt eine andere Aufgabe finden, denn er ist ein sehr unternehmerischer Mann."

Frage: "Frank Williams ist mit 69 Jahren nicht mehr der Allerjüngste. Langfristig gesehen muss es irgendeine Art von Nachfolgeregelung geben. Wäre Colin der Richtige für diesen Job, der Richtige als Williams-Teamchef?"
Parr: "Nein, ich glaube nicht, dass Colin... Erst einmal: Frank ist 69, aber er ist ein sehr junger 69-Jähriger. In unserem Sport fängst du deine Karriere gerade erst an, wenn du 80 wirst. Frank geht jeden Tag zur Arbeit und ist mit voller Leidenschaft dabei. Er wird nirgendwo hingehen. Ich halte es für unangebracht, über seinen möglichen Nachfolger zu sprechen. Sollte es irgendwann zu dieser Situation kommen, dann werden wir die am besten geeignete Person suchen, die wir finden können."

"Frank ist 69, aber er ist ein sehr junger 69-Jähriger." Adam Parr

Frage: "Siehst du dich selbst als potenzieller Teamchef oder siehst du dich eher als Geschäftsführer beziehungsweise Vorstandsvorsitzenden?"
Parr: "Ich arbeite seit fünf Jahren mit Frank zusammen und kenne ihn seit zehn oder zwölf Jahren. Ich sehe mich nicht als Williams-Teamchef. Andere Leute wären bessere Teamchefs eines Formel-1-Rennstalls. Ich meine, dass ich eine Firma gut führen und dass ich dem Team dabei helfen kann, zu wachsen und erfolgreich zu sein, aber ich habe nicht vor, Teamchef zu werden. Aber ich liebe das Racing und ich komme zu fast allen Rennen. Es ist kein Mangel an Interesse, sondern ich bin nur realistisch."

Rechtsanwalt mit Racer-Herz

Frage: "Das ist eine gute Brücke zu meiner nächsten Frage. Frank Williams und Patrick Head hatten immer den Ruf, echte Racer zu sein, echte Benzinbrüder. Jetzt ist Toto Wolff da, den man vor allem als Investor wahrnimmt, und du, ein Rechtsanwalt. Was entgegnest du dieser öffentlichen Wahrnehmung, dass bei Williams die Racer abhanden kommen? Du weißt doch, was ich meine, oder? Über John Howett bei Toyota haben die Menschen auch so gesprochen..."
Parr: "John war ein echter Racer! Er liebt den Motorsport, vor allem den Rallyesport. Er hat während seiner ganzen Karriere mit Motorsport zu tun gehabt. Ich nicht."

"Was bedeutet es, Racer zu sein? Verfolge ich die Formel 1 leidenschaftlich? Liebe ich, was ich tue? Will ich gewinnen? Absolut! Bin ich auf der Rennstrecke groß geworden? Nein. Ich glaube aber nicht, dass es primär darum geht, wo du herkommst. Ich kenne einen sehr berühmten Teamchef, der früher Pullover für Benetton verkauft hat. Er hat seine Sache aber gut gemacht und er wurde ein wichtiger Teil dieses Establishments. Jeder kommt irgendwo her."

"Ich kenne einen sehr berühmten Teamchef, der früher Pullover für Benetton verkauft hat." Adam Parr

"Ich halte es mehr für eine Frage der Zeit, die man benötigt, um akzeptiert zu werden. Ich bin erst seit fünf Jahren in der Formel 1. Das ist sehr kurz. Und zweitens ist es eine Frage der Leistung. Wir bringen als Team nicht die erwartete Leistung, daher stellen die Leute natürlich denjenigen in Frage, der dafür verantwortlich ist. Ich muss die Verantwortung dafür akzeptieren, dass wir unsere Sache derzeit nicht gut genug machen. Das verursacht horrende Schmerzen bei mir! Ich glaube nicht, dass es Frank und Patrick mehr wehtut als mir, wo wir stehen. Wenn also Schmerzen ein Maßstab dafür sind, ob man ein Racer ist, dann bin ich einer."

Frage: "Als die Entscheidung fiel, Sam Michael zu entlassen, hast auch du deinen Rücktritt angeboten."
Parr: "Absolut. Ich muss Verantwortung übernehmen."

Frage: "Bist du froh, dass sie das Angebot abgelehnt haben?"
Parr: "Ja, das bin ich - und ich sage dir warum: Wenn die Zeiten wirklich hart sind, fragt man sich manchmal, warum man sich das antut. Ich will aber mehr als alles andere, dass dieses Team wieder gewinnt - und ich will ein Teil davon sein. Ich glaube, dass ich dabei helfen kann. Solange auch die Aktionäre glauben, dass ich helfen kann, sollte ich weitermachen."