• 25.07.2007 12:20

McLaren-Mercedes hofft auf milde Richter

Am Donnerstag könnte die Weltmeisterschaft im Extremfall bereits vorzeitig am grünen Tisch eine Vorentscheidung erfahren - McLaren-Mercedes zuversichtlich

(Motorsport-Total.com/sid) - Schuldig oder nicht schuldig: McLaren-Mercedes hofft in der Spionage-Affäre auf milde Richter, Rivale Ferrari auf die "Rote Karte" für die "Silberpfeile". Vier Tage nach dem Erfolg auf dem Nürburgring will McLaren-Mercedes am Donnerstag (ab 9:30 Uhr) mit einem Sieg beim "Großen Preis von Paris" am grünen Tisch alle Zweifel an der Doppel-Führung in der Formel-1-WM ausräumen.

Titel-Bild zur News: Boxenstopp-Training bei McLaren-Mercedes

McLaren-Mercedes muss am Donnerstag vor der FIA in Paris vorsprechen

Sollten aber die insgesamt 26 Mitglieder des FIA-Weltrates den englisch-schwäbischen Rennstall für schuldig befinden, dann droht schlimmstenfalls ein Punktabzug in der Team- und Fahrer-Wertung. "Dann wäre die WM kaputt und die Formel 1 nur noch eine Farce", sagte der ehemalige Formel-1-Pilot und heutige 'Premiere'-Experte Hans-Joachim Stuck dem 'sid'.#w1#

Doch dazu soll es laut Mercedes-Sportchef Norbert Haug nicht kommen. Sein Team habe nichts Unrechtes getan, meint der Schwabe, der eine "absolut faire Anhörung" erwartet. "Wir können lückenlos beweisen, wie die Dinge bei uns abgehandelt wurden. Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, was wir falsch gemacht haben sollten", sagte Haug dem 'sid'.

Laut britischer Medien soll die FIA das Auto bereits untersucht und nichts gefunden haben. Auch die meisten Experten erwarten einen Freispruch, da es so gut wie unmöglich sei, McLaren-Mercedes nachzuweisen, vertrauliche Daten des Rivalen Ferrari genutzt und sich dadurch einen Vorteil verschafft zu haben.

Verantwortlich für den Skandal ist der inzwischen entlassene Ferrari-Chefmechaniker Nigel Stepney, der vertrauliche Daten des einstigen Arbeitgebers an den inzwischen ebenfalls suspendierten McLaren-Chefdesigner Mike Coughlan übermittelt haben soll. Dabei soll es um 780 Seiten umfassendes Material gehen.

"Wir haben keinen Nutzen aus den Daten gezogen, unser Team hat diese nie gesichtet. Das entspricht nicht unserer Einstellung und unserem Stil", meint Haug. Der Mercedes-Sportchef möchte auch den ehemaligen Mitarbeiter Coughlan nicht verurteilen. Er habe diesen als fähigen Mann kennengelernt. Haug: "Es ist ja offensichtlich, dass ein persönliches Interesse im Vordergrund stand. Teil der Verlockung in unserem Geschäft ist, dass es sehr viel Geld zu verdienen gibt."

Laut FIA-Präsident Max Mosley könnten trotz aller Beteuerungen auch die beiden "Silberpfeil"-Piloten Fernando Alonso und Lewis Hamilton ihre gewonnenen Punkte verlieren. Nach elf von 17 Saisonrennen führt Hamilton die Gesamtwertung vor Alonso an, in der Team-WM führt McLaren vor Ferrari. Beide Titel stehen nun am grünen Tisch auf dem Spiel.

"Ich bin froh, wenn diese Geschichte endlich vorbei ist und wir uns wieder ausschließlich auf den Sport konzentrieren können", sagte McLaren-Teamchef Ron Dennis. Haug verweist darauf, dass "nichts in unserem Haus stattgefunden hat". Und was wem außerhalb gezeigt worden sei, werde nun klar und lückenlos dokumentiert.

Einen Schutz vor Geheimnisverrat gibt es in der Formel 1 nicht, darin sind sich alle einig. BMW Motorsportdirektor Mario Theissen hat dennoch eine einfache Lösung parat: "Das beste Mittel gegen das Kopieren ist, schneller zu entwickeln als die Konkurrenz. Denn selbst wenn Informationen entwendet werden, braucht es Zeit, sie umzusetzen."

Ex-Rennfahrer Stuck plädiert aber auch dafür, dass die FIA bei einem entsprechenden Nachweis Sanktionen ergreift. "Als Warnschuss für alle anderen. Es darf nicht so Ausmaße geben, wie wir sie jetzt im Doping-Skandal bei der Tour de France haben", meint "Strietzel". Die Fahrer sollten allerdings nicht bestraft werden, da er genau wisse, "dass die in solche Geheimnisse nicht eingeweiht werden".

Für den ehemaligen Formel-1-Piloten Christian Danner ist die Spionage-Affäre eine heikle Sache. Im sportlichen Reglement gebe es einen Punkt, in dem geistiges Eigentum geschützt sei. Jedes Team verpflichte sich, dies zu respektieren, erzählt der 'RTL'-Experte: "Für das Gericht stellt sich jetzt die alles entscheidende Frage: Wurde geistiges Eigentum missbraucht? Ein Team haftet für seine Mitarbeiter."

Laut Danner wäre es aber ein Skandal, wenn McLaren-Mercedes Punkte aberkannt würden, was allerdings nicht ausgeschlossen sei. Ferrari habe seiner Ansicht nach die Angelegenheit politisch für sich ausgenutzt. Der ehemalige Tourenwagen-König Klaus Ludwig glaubt, dass nur wenige Leute wüssten, was da wirklich gespielt werde: "Wahrscheinlich ist, dass wieder mal alles viel zu sehr hochgespielt wurde - ähnlich dem Szenario um die angebliche Teamorder in Monaco."