• 22.02.2011 13:57

Historische Absage eint Formel-1-Familie

Die Reaktionen der internationalen Presse auf die Absage des Saisonauftakts fallen unterschiedlich aus - 'Daily Telegraph' übt scharfe Kritik

(Motorsport-Total.com/SID) - Der Sport muss "auf dem Rücksitz Platz nehmen", doch die Erleichterung über die unausweichliche Absage des Rennens am Krisenherd Bahrain eint die Formel-1-Familie. Selten war die Geschlossenheit im Fahrerlager so groß wie nach dieser historischen Entscheidung. "Die oft so zerstrittene Formel 1 atmet kollektiv auf", schrieb die britische Zeitung 'Guardian'.

Titel-Bild zur News: Fahrerlager in Bahrain

Ein Formel-1-Rennen in Bahrain wäre derzeit nicht angemessen

Durch Spionageaffären, absichtliche Unfälle oder Machtspielchen hatte die Formel 1 in den vergangenen Jahren für Skandale gesorgt, nun sind sich von Bernie Ecclestone bis Michael Schumacher, vom Kronprinzen bis zum letzten Fan alle einig: Die Absage des Auftaktrennens am 13. März war richtig. Der 'Daily Mirror' stellte nüchtern fest: "Der Sport muss auf dem Rücksitz Platz nehmen."

Erste politisch bedingte Absage

Zum ersten Mal fällt aus politischen Gründen ein Formel-1-Rennen aus. Für die Absage in Belgien 1985 waren vergleichsweise lapidare Probleme mit dem neuen Asphalt verantwortlich. Ecclestone hatte Kronprinz Salman ibn Hamad ibn Isa Al Chalifa die Entscheidung überlassen, und dieser hatte nach den Unruhen der letzten Wochen mit mindestens sieben Toten keine Wahl. "Wir fühlten uns in der Verantwortung", sagt der Scheich, gleichzeitig stellvertretender Oberbefehlshaber des Militärs.

"Mit Geld hat das nichts zu tun - in solchen Fällen reden wir nicht über Geld." Bernie Ecclestone

Logistisch kam die Absage wohl noch rechtzeitig. Laut 'Bild'-Zeitung waren allerdings schon 1.200 Reifen des Herstellers Pirelli per Schiff unterwegs nach Bahrain, wo vom 3. bis 6. März Tests stattfinden sollten. Ecclestone erstickte aber alle weiteren Spekulationen im Keim: "Mit Geld hat das nichts zu tun - in solchen Fällen reden wir nicht über Geld."

Dennoch überließ der 80-Jährige die Entscheidung den Bahrainern, nicht zuletzt, um das Startgeld von geschätzten 25 Millionen Euro nicht zu gefährden. Damit handelte er sich heftige Kritik des 'Daily Telegraph' ein: "Dass die Verantwortlichen in Bahrain von alleine ihren eigenen Grand Prix absagen mussten, damit niemand sonst die Verantwortung übernehmen muss, zeigt, dass der Sport in einem moralischen Vakuum operiert", schrieb das Blatt von der Insel.

Erst Südkorea, jetzt Bahrain

Offensichtlich ist auch, dass die Formel sich schneller entwickelt als die Welt, in der sie sich bewegt. Im Vorjahr stand die Premiere in Südkorea aus logistischen Gründen bis zuletzt auf der Kippe, drei Rennen später folgt nun die historische Absage. Die Expandierung des Sports in alle Teile der Welt birgt offensichtlich große Probleme. Eine vielleicht wichtige Erkenntnis für den Sport, gerade vor dem Hintergrund, dass die Formel 1 durch ihre jährliche Austragung oft als unfreiwilliger Testballon für Jahre im voraus vergebene Olympische Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften fungiert.

"Einen Hauch von Vernunft gibt es noch in den Köpfen der Formel-1-Manager." Corriere dello Sport

"Das ist die Formel 1 der heutigen Zeit", schrieb der Corriere dello Sport. "Sie hängt vom Geld der asiatischen Wirtschaft ab und spürt die Winde und die Turbulenzen in Gebieten, in denen es junge oder gar keine Demokratien gibt." Doch auch die italienische Sporttageszeitung ließ sich durch die Absage des Rennens besänftigen und konstatierte: "Einen Hauch von Vernunft gibt es noch in den Köpfen der Formel-1-Manager."

Die 'Times' schrieb: "Dass das Rennen abgesagt wurde, ist peinlich. Es in Bahrain zu belassen, hätte jedoch weitaus schlimmere Folgen gehabt. Panzer hätten den Sakhir-Circuit beschützen müssen und Tränengas hätte in der Luft gelegen."

Folgen Sie uns!

Formel-1-Newsletter

Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen täglichen und/oder wöchentlichen Formel-1-Newsletter von Motorsport-Total.com!