Haug: "Der Konzern glaubt an uns"

Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug nimmt vor dem Saisonhöhepunkt Stellung über die Haltung im Konzern und über die Leistungen von Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Für Mercedes ist Hockenheim das erste Heimrennen seit 1954 als Werksmannschaft. Viele Augen sind auf die Silbernen gerichtet. Doch Nico Rosberg hat nur drei Podestplätze erobert, während Michael Schumacher in seiner Comeback-Saison bisher nicht an alte Erfolge anknüpfen kann. Wie immer hat Mercedes-Sportchef Norbert Haug die passenden Antworten für die Leistung seines Teams parat.

Titel-Bild zur News: Norbert Haug (Mercedes-Motorsportchef)

Norbert Haug zieht als Motorsportchef die Fäden bei Mercedes

Auf dem Hockenheimring feiert Mercedes den Stern bei allen Veranstaltungen auf der hauseigenen Tribüne. Auch viele Konzernmitarbeiter und Manager werden sich das Spektakel beim Heimrennen nicht entgehen lassen. Wie sieht also der Vorstand die bisherige Saison? "Ich denke Druck ist der richtige Ausdruck. Ich habe bereits gesagt, dass wir komplett ruhig und fokussiert sind. Wir haben ein neues Team - ja es ist der amtierende Weltmeister, aber wir haben viel verändert", sagt Haug im Rahmen des Trainingsauftaktes.#w1#

"Wir haben weniger Mitarbeiter als je zuvor. Es gibt in der Zukunft große Beschränkungen der Ressourcen. Das Team hat in der vergangenen Saison um die WM gekämpft, und wir hatten daher keinen guten Saisonstart mit dem neuen Auto", sucht Haug Gründe. "Ich denke wir wissen aber, worüber wir reden. Wir sind voll integriert. Ich bin verantwortlich für den Motorsport und sollte jemand denken, dass wir die Arbeit nicht erledigen können, wird es Änderungen geben. Es liegt in unseren Händen."

"Wie haben vollstes Vertrauen in Ross Brawn und alle Einrichtungen. Vor einigen Jahren hatten wir Probleme mit den Motoren", blickt Haug auf die Saison 2004 zurück. "Ich denke wir haben die Motorenseite auf respektable Weise gelöst. Mit dem Team können wir das auch. Es ist wahrscheinlich falsch, immer nur über Druck zu sprechen."

"Das Team - und ich denke jeder wird das Gleiche sagen - macht sich seinen Druck selbst. Du willst gewinnen, aber man braucht dazu die richtige Einstellung. Ich denke die Kombination, die wir derzeit haben, ist eine gute Startplattform", ist Haug überzeugt. "Wir sind zwar noch nicht dort, wo wir sein wollen, aber wir haben alle Zutaten, um das zu erreichen. Ich denke unser Management glaubt an uns. Es gibt also keinen Grund sich Sorgen zu machen."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Deutschland, Freitag


Trotz der bisher enttäuschenden Resultate von Rekordweltmeister Schumacher, arbeiten er und Mercedes weiter hart an den Verbesserungen. Den Fokus hat "Schumi" schon auf 2011 gelegt, ein Beweis, dass sein Comeback nicht nur eine Spazierfahrt ist. Haug hält seinem Superstar wie immer die Stange. "Ich denke Michael ist in einer guten Position. Er hatte einige gute Rennen, zum Beispiel in Barcelona und der Türkei, als er jeweils Vierter wurde. Und das mit einem Auto, das nicht gut genug für diesen Platz war."

"Michael kann es umsetzen"

"Da hatten das Team und Michael gute Arbeit geleistet. Man muss sich aber auch Silverstone in Erinnerung rufen. Es ist nicht notwendig Michael zu verteidigen, man muss sich nur die Daten in Q2 ansehen", spricht der Motorsport-Chef den fünften Platz im zweiten Qualifikationssegment an. "Ich habe gestern gehört, dass Q2 nicht zählt. Ich bin lange genug in diesem Geschäft, um das zu wissen."

"Aber ich weiß genau, dass wenn man den Job in Q2 umsetzen kann - man bekommt dort ja keine Geschenke, denn jeder will in die Top-10 - man gut ist. Seine besten Sektoren in Q3 hätten aneinandergehängt für Startplatz sechs (statt Rang zehn; Anm. d. Red.) gereicht", ist Haug überzeugt. "Prinzipiell kann er es und es ist nur eine Frage der Zeit, bis man es auch sieht."

Michael Schumacher

Michael Schumacher hat in seiner Karriere vier Siege in Hockenheim gefeiert Zoom

Trotzdem hat Rosberg in der WM-Wertung 54 Zähler mehr geholt, als der Altmeister. "Nico ist ein sehr, sehr schneller, sehr talentierter und sehr fokussierter Fahrer. Aber ich denke nicht, dass es für Nico einfach ist, Michael zu schlagen", findet der 57-Jährige den Speed-Vergleich der beiden. "Wir haben viel Respekt voreinander."

"Ich denke die gesamte Formel 1, speziell hier in Hockenheim, sollte über das Comeback froh sein. Michael hat viel für die Königsklasse geleistet und er macht das, was ihm am meisten Spaß macht. Ich hoffe, dass es lieber früher, als später soweit kommt, dass ich in einer Pressekonferenz sitzen darf und erklären darf, wie er ein tolles Resultat geholt hat. Es wird soweit kommen, es liegt nur an uns, das Auto zu verbessern. Ich bin nicht der Mensch, der gerne Ankündigungen macht. Aber glaubt mir, wir verbessern das Auto Schritt für Schritt und Michael spielt in diesem Prozess eine große Rolle."

Weiterentwicklung läuft

Zuletzt hatten die Silberpfeile mit dem Heck des W01 zu kämpfen. Auf der einen Seite klappte die Feinabstimmung des F-Schacht-Systems nicht auf Anhieb, auf der anderen hatten die Ingenieure mit Überhitzungsproblemen am auspuffangeströmten Diffusor zu kämpfen. In Hockenheim ist die größte Neuerung ein weiterentwickelter Heckflügel.

"Ich denke unser erster Eindruck davon ist recht gut", zieht Haug Bilanz. "Wir wollen keine großen Vorhersagen machen, weil wir auch gar nicht in der Position sind, da wir nach einem verregneten Freitag noch nicht das ganze Wissen auswerten können. Trotzdem muss ich sagen, dass unser Gefühl sagt, dass wir in die richtige Richtung entwickeln."

"Glaubt mir, wir verbessern das Auto Schritt für Schritt und Michael spielt in diesem Prozess eine große Rolle." Norbert Haug

"Die Schnellsten sind aber immer noch schneller als wir. Wir können einfach nicht im Verlaufe einiger Wochen so stark aufholen, aber wir arbeiten daran, die Lücke zu schließen. Es läuft in die richtige Richtung. Das ist mein Eindruck heute."

Mit dem Hungaroring wartet eine Woche später gleich das nächste Rennen. Viel Zeit bleibt den Teams nicht, um große Schritte zu machen. "Aufeinanderfolgende Rennen sind in der Formel 1 gewöhnlich. Es ist für alle gleich. Wenn man hier ein Problem hat, wird man es wahrscheinlich bis dahin nicht aussortieren können", so Haug. "Aber ich denke jeder im Paddock wird sagen, dass man sich mit zwei guten Resultaten in die Sommerpause verabschieden will."