Hamilton/Button wie einst Senna/Prost?

Ex-McLaren-Teammanager Jo Ramírez und Stirling Moss vergleichen die Teampaarungen Hamilton/Button und Senna/Prost

(Motorsport-Total.com) - Es gibt viele Parallelen zwischen dem aktuellen McLaren-Duo Lewis Hamilton und Jenson Button und dem der Jahre 1988/89, Ayrton Senna und Alain Prost. "Hamilton ist sehr aggressiv, genau wie Ayrton, während Button ein kalkulierender, denkender, sauberer Fahrer ist", vergleicht der frühere McLaren-Teammanager Jo Ramírez.

Titel-Bild zur News: Jenson Button und Lewis Hamilton

Ein Herz und eine Seele: Jenson Button und Lewis Hamilton

Als Button ins Team kam, traute ihm kaum ein Experte zu, vom Speed her mit Hamilton mithalten zu können. Tatsächlich tut er sich damit manchmal schwer, doch das gleicht der amtierende Weltmeister mit seiner Erfahrung und Rennintelligenz oftmals aus. So stand er als 14. des Qualifyings in Silverstone um zehn Plätze hinter seinem Stallgefährten, am Ende wurde Hamilton aber Zweiter und Button noch solider Vierter.#w1#

Auch in der Weltmeisterschaft steht es ausgeglichen: 145:133 für Hamilton. Bei den Qualifyings hat der 2008er-Champion die Nase mit 7:3 etwas deutlicher vorne. Laut Ramírez hat McLaren mit Hamilton und Button "das Beste aus beiden Welten. Diese Kombination ist perfekt für McLaren", so der Mexikaner am Rande der österreichischen Oldtimer-Rallye Ennstal-Classic im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Echte Titanen: Senna und Prost

"Beide sind Briten und haben einfachere Charaktere als 2007 Alonso, ganz zu schweigen von Senna und Prost. Senna und Prost waren Titanen ihres Sports, mit einer riesigen Persönlichkeit und viel Elektrizität. Das würde ich nie mit Hamilton, Alonso oder Button vergleichen, denn das sind im Vergleich zu Senna und Prost kleine Kinder", erklärt Ramírez, der zwischen 1984 und 2001 eine der Schlüsselfiguren bei McLaren war und auch heute noch in engem Kontakt mit dem Team steht.

Doch dass zwischen Hamilton und Button derzeit noch Harmonie herrscht, muss langfristig nichts bedeuten, schließlich verstanden sich zu Beginn ihres Stallduells auch Senna und Prost gut. Erst nach einigen Zwischenfällen eskalierte die Situation bis zu dem Punkt, an dem sie kein Wort mehr miteinander sprachen. Das dauerte allerdings mehr als ein Jahr. Möglicherweise explodiert über einen solchen Zeitraum auch die Kombination Hamilton/Button...

Bei Senna/Prost war das nur eine Frage der Zeit: "Wir wussten, dass es irgendwann zur Explosion kommen wird, aber wir wollten das natürlich so lange wie möglich hinauszögern", erinnert sich Ramírez an das vielleicht legendärste aller Formel-1-Stallduelle. "Im ersten Jahr ist uns das gelungen. Sie sind nicht gemeinsam Essen gegangen, aber es hat funktioniert, weil sie großen Respekt voreinander hatten und sich gegenseitig bewunderten."

¿pbvin|512|2863||0|1pb¿"Ayrton hat irgendwann realisiert, dass Prost das Auto besser abstimmen konnte - mehr als nur einmal übernahm er das Setup von Prost. Prost bewunderte Ayrton, weil der auch mit einem schlechten Auto sensationell fahren konnte. Ayrton konnte sich besser auf das Auto einstellen, Prost konnte das Auto besser für sich einstellen. Wenn Prost mit seinem Setup zufrieden war, war er unschlagbar - da hatte Ayrton keine Chance", berichtet der 68-Jährige.

Bei der derzeitigen McLaren-Paarung wisse man zwar nicht mit Sicherheit, ob sie harmonisch bleiben wird, "denn wenn zwei Fahrer das gleiche Auto haben und ähnlich gut sind, dann werden sie sich irgendwann auf der Strecke begegnen - und dann kann die Kiste explodieren", aber grundsätzlich traut Ramírez seinen Nachfolgern in Woking zu, keine Unruhe aufkommen zu lassen. Hilfreich dabei ist, dass die beiden Fahrer seiner Meinung nach "keine politischen Individuen" sind.

Moss hält Hamilton für schneller

"Sie sind sehr entspannt, wahrscheinlich entspannter als die Red-Bull-Fahrer", findet auch Rennfahrerlegende Stirling Moss. "Jenson ist ein guter Fahrer, aber ich glaube nicht, dass er Lewis in einem reinen Speedvergleich schlagen würde. Lewis ist der schnellere Mann. Er bremst sehr spät, ist sehr aufregend anzuschauen. Ich bin damals nicht gefahren, also kann ich es schwer beurteilen, aber auch mich erinnern sie an Prost und Senna."

Der Brite führt die Harmonie zwischen seinen Landsleuten aber vor allem darauf zurück, dass Button als amtierender Weltmeister mit seinen 30 Jahren eine gewisse Abgeklärtheit mitbringt, durch die viele Risse gekittet werden, ehe sie überhaupt komplett aufbrechen können: "Jenson würde eher damit zurechtkommen, von Lewis geschlagen zu werden, als es umgekehrt der Fall wäre", ist Moss felsenfest überzeugt.

Ramírez nickt zustimmend: "Jenson ist ein Gentleman. Nach dem gescheiterten Versuch mit dem auspuffangeströmten Diffusor in Silverstone wurde er 14. im Qualifying und Lewis Vierter. Aber er hat das hingenommen und zugegeben, dass er es nicht hinbekommen hat. Das Gleiche in Montréal. Nicht ein Vorwurf ans Team - das zeichnet ihn aus", sagt er und glaubt den Grund für Buttons Gelassenheit zu kennen: "Er ist sich absolut sicher, dass beide Autos hundertprozentig gleich sind."

Kollision in Suzuka 1989

Die Kollision des Jahrhunderts: Ayrton Senna vs. Alain Prost in Suzuka 1989 Zoom

Das war zwischen Senna und Prost anders, denn 1988 und 1989 artete der Stallkrieg zwischen den beiden in der totalen Paranoia aus, als vor allem Motorenhersteller Honda immer wieder beschuldigt wurde, einen Fahrer bevorzugt zu behandeln. Prost warf daraufhin das Handtuch und wechselte 1990 zu Ferrari, womit Senna endgültig zum heimlichen Chef im Team wurde. Ron Dennis, damals erst in seinen frühen 40ern, hatte die Zügel nicht mehr fest in der Hand.

Auch das ist ein Unterschied zu heute: "Martin Whitmarsh ist jünger als Ron Dennis, der noch dazu so viele andere Dinge im Kopf hatte", zieht Ramírez einen Vergleich zwischen den beiden McLaren-Teamchefs. "Ron hätte wahrscheinlich aufgegeben, wenn es schwierig wird, und einen Fahrer gehen lassen, aber Martin hat ein bisschen mehr Charisma. Er ist besser dafür geeignet, zwei Fahrer unter einen Hut zu bekommen."