• 04.05.2016 16:08

  • von Gary Anderson (Haymarket)

Gary Anderson: Formel 1 darf bei Sicherheit nicht ruhen

Ex-Jordan-Designer Gary Anderson fordert konsequentes Handeln für noch besseren Schutz der Formel-1-Fahrer: Erinnert euch an Imola 1994

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Am Freitag testete Daniel Ricciardo in Russland die Windschutzscheibe Zoom

(Motorsport-Total.com) - Das Grand-Prix-Wochenende von San Marino im Jahr 1994 war ein tragisches Wochenende: Der erste schwere Unfall passierte Jordan-Fahrer Rubens Barrichello während des Freien Trainings am Freitagnachmittag. Zum Glück kam er mit ein paar kleineren Verletzungen davon, was nur der Aufmerksamkeit von Professor Sid Watkins zu verdanken war, der ihm tatsächlich das Leben rettete. Rubens hatte beim Unfall seine Zunge verschluckt und war am Würgen als Sid dort ankam.

Rubens nannte mich seinen zweiten Vater. Der Unfall ereignete sich direkt vor meinen Augen und die eines Fahrers. Ich war sehr nah dran, was mich bestärkte, mehr über die Sicherheit der Autos nachzudenken. Wenn ich weiterhin für diese jungen Typen Autos entwerfen wollte, die das Potenzial hatten, sie zu töten, musste ich so viel Kraft in die Sicherheit investieren wie kein anderer technischer Direktor - wenn nicht sogar noch mehr. Die Fahrer müssen so viel Sicherheit haben, wie in sonst keinem anderen Auto.

Der Freitag in Imola 1994 war nichts im Vergleich zu dem, was am Samstag passierte. Der sehr sympathisch Roland Ratzenberger verlor sein Leben. Doch für die Formel-1-Welt war der Sonntag der Tag, der nicht nur den Grand-Prix-Sport erschütterte. Der ganze Planet fühlte den Schmerz von Ayrton Sennas Tod.

Schwere Unfälle: Oft geht es gut aus

Ich war am Flughafen in Bologna als wir die Nachricht bekamen, dass er verstorben war. Es waren erwachsene Männer, die öffentlich weinten. Darunter auch mein großer Freund Brian Hart, der vor kurzem verstorben ist und Ayrton recht gut aus der Toleman-Zeit kannte. Niemand verbarg seine Gefühle an diesem Abend.

Was ich damit sagen möchte ist, dass nach diesem Wochenende die FIA, angeführt von Max Mosley und mit der vollen Unterstützung von Bernie Ecclestone, Sicherheitsauflagen einführte, wogegen viele der Teams zuvor gekämpft hatten. Nur auf Drängen der Behörden haben die Teams diese schließlich akzeptiert.

Die von Max und Bernie erkämpften Veränderungen führten dazu, dass für die Fahrer ein Maß an Sicherheit erreicht wurde, das es bisher nicht gegeben hatte. Fahrer wie Fernando Alonso, Mark Webber, Heikki Kovalainen, Carlos Sainz jun., Romain Grosjean, Felipe Massa und Jos Verstappen hatten seitdem alle massive Unfälle und kamen mit ihrem Leben davon - oft ohne irgendwelche Verletzungen.


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Aber wenn man sich anschaut, wie die derzeitige Situation ist, passieren oft noch Verletzungen, die leider weiterhin das Leben der Fahrer kosten können, da diese am Kopf passieren. Wir hatten Massas Unfall in Ungarn, als er am Helm von einer Dämpferfeder des Brawn-Autos von Rubens Barrichello getroffen wurde. Dann Jules Bianchis Unfall in Suzuka (wo ich nicht glaube, dass irgendeine Sicherheitseinrichtung die einwirkenden Kräfte ausgehalten hätte) und Cristiano da Mattas ChampCar-Crash, als ihn ein Reh auf der Road America traf.

Wer Blut sehen will: Ab nach Pamplona

Es gibt viele weitere, die überlebt haben - aber auch manche, die nicht überlebten. In der letzten Zeit verloren Justin Wilson beim IndyCar und Henry Surtees in der Formel 2 ihr Leben durch einen Kopfaufprall. Einige Leute, die es besser wissen sollten, haben die Frage aufgeworfen, ob die Formel 1 den Kopfschutzweg gehen sollte. Ich bin sicher, wenn sie einem Fahrer aus den 1980ern wählen lassen würden, ob er in einem Auto mit dem Sicherheitsniveau aus der damaligen Zeit oder in einem mit den heutigen Sicherheitsstandards einen schweren Unfall seiner Karriere erneut erleben müsste, er sich für Letzteres entscheiden würde.

Diese Änderungen sind alle der FIA zu verdanken, die als Reaktion auf Sennas und Ratzenbergers Tod nach dem schrecklichen Wochenende in Imola eingeführt wurden. Und vielleicht sollten sich diese Leute mit John Surtees zusammensetzen und über die Sicherheit diskutieren. Surtees ist eine Legende des Motorsports, die mehr lebensbedrohlichen Risiken als die meisten miterlebt hat. Wenn er auf seinen Sohn Henry angesprochen wird, der durch eine Kopfverletzung ums Leben kam, und er daraufhin Ideen hat, was dagegen getan werde könnte, sollten diese Schritte umgesetzt werden.

Ayrton Senna

Ayrton Sennas Unfall löste eine Sicherheitskampagne aus Zoom

Einige Fans und hochkarätige Fahrer sagen, die Formel 1 müsse auf volles Risiko setzen, weil dies die Leute sehen wollen. Aber diesen Leuten muss in Erinnerung gerufen werden, dass das Ansehen und die Zuschauerzahlen rückläufig sind. Wenn die Menschen wirklich einen blutrünstigen Sport sehen wollen, können sie zum Stierkampf nach Pamplona gehen.

Die Kopfverletzungen, die wir erlebt haben, unterscheiden sich von normalen Unfällen. Wenn du am Limit fährst und darüber hinaus gehst, weißt du als Fahrer am besten, wo die Grenze ist und wann du einem Aufprall aus dem Weg gehen musst. Wenn du mit einem anderen Fahrer zusammenstößt, bist du auf einen Zusammenstoß vorbereitet.

Neuer Kopfschutz: Windschutzscheibe ist besser

Aber im Falle von Surtees und Wilson ist es so, dass sie keinen Fehler gemacht haben. Sie hatten keine Kontrolle über die Situation. Selbst wenn - und es ist ein großes Wenn - sie über die Situation Bescheid gewusst hätten, wären sie machtlos und könnten nichts dagegen tun.

Ich sage nicht, dass entweder "Halo", das kürzlich von Ferrari getestet wurde, oder die Windschutzscheibe ("Aeroscreen") von Red Bull am besten ist. Ich sage auch nicht, dass es ästhetisch ansprechend wäre. Aber niemand sollte sich zurücklehnen und nichts tun, wenn sie wissen, dass es Handlungsbedarf gibt.

Wenn ich ein Konzept verfolgen müsste, wäre es der "Aeroscreen". Der Grund dafür ist, dass es die Gefahr verringert, am Kopf von kleineren Objekten getroffen zu werden. Mit ein wenig Aufwand würden wir uns sicherlich ziemlich schnell daran gewöhnen. Wird das gegenwärtige System so reagieren, wie es die FIA im Jahr 1994 getan hat? Ich bezweifle es sehr, da zu viele Menschen das Ruder an sich reißen wollen - obwohl es zumindest so scheint, dass es eine vernünftige Einigkeit darüber gibt, eine Art Kopfschutz einzuführen.


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Meiner Meinung nach muss die Formel 1 zu einem diktatorisch geprägten Führungsstil zurück, wie es vor ein paar Jahren der Fall war. Bernie wäre der Erste, der mir zustimmen würde. Seit er die Kontrolle über die Formel 1 verloren hat, hat er den Kopf in den Sand gesteckt.

Macht die Formel 1 simpler für die Fans

Während ich mich beklage - und das geht an die Enthusiasten - wird überall darüber geredet, die Formel 1 verständlicher für die Zuschauer zu machen. Aber mit den neuen Reifenregularien, die es erlauben, drei verschiedene Reifenmischungen zu benutzen, ist es häufig verwirrender geworden. Das ist insbesondere während des Trainings und der Qualifikation der Fall.

Die erste Frage, die ich beantwortet haben will, wenn ich auf den Bildschirm schaue ist, auf welche Reifen jeder Fahrer setzt. Im Moment gibt es die Antwort darauf nicht. Es wäre ziemlich einfach umzusetzen. Die Zeiten auf der linken Seite des Bildschirms müssten zeigen, auf welchen Reifen das Auto unterwegs war, als diese Zeit gefahren wurde. Ein farbiger Punkt neben der Zeit würde ausreichen.

Gary Anderson

Gary Anderson sorgt sich um die Fahrersicherheit in der Formel 1 Zoom

Einige Fragen - wie zum Beispiel, welchen Kopfschutz man am besten einführen sollte - sind schwierig zu beantworten. Aber die Fragen, die sich damit beschäftigen, das Erlebnis für den Zuschauer zu verbessern - wie die zuletzt geschilderte - sind so einfach, dass es lächerlich ist, dass sie überhaupt gestellt werden müssen.

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